Kapitel 19

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„Wie war Ihr Abendessen mit Mr Jenkins?" Meine Wangen begannen plötzlich zu glühen, als der Arzt mich so unvermittelt ansprach.

„Langweilig, bis wir den Fassadenkletterer beobachtet haben, den die Metropolitan so verzweifelt sucht." Er hob spöttisch eine Augenbraue. „Man sollte meinen, dass die andere Probleme haben, als irgendeinen dahergelaufenen Kletterer fassen zu wollen." Meine Mundwinkel zuckten und ich konnte ein Grinsen kaum unterdrücken.

Dieser Kommentar war so typisch für Mr Sandrian, dass ich einfach lächeln musste.

„Finden Sie das amüsant?", fragte er mich mit zusammengekniffenen Augen. Ich zuckte mit den Schultern. „Ein wenig." Ich sah, dass seine Augen blitzten. Ansonsten konnte ich jedoch keine Regung auf seinem Gesicht ausmachen und blieb lieber vorsichtig, da ich mir nicht sicher war, wie ich seine Reaktion deuten sollte.

„Sie denken also, dass der Fassadenkletterer einfach dahergelaufen ist?" Er schüttelte ratlos den Kopf. „Wer kann schon seine Absichten deuten? Vielleicht will er auch einfach nur Aufmerksamkeit." „Nein, das denke ich nicht. Ich denke vielmehr, dass er seinen Botschaften Aufmerksamkeit verschaffen möchte." „Wenn Sie das sagen." Ich reckte das Kinn vor. „Das tue ich."

„In Ordnung. Ich respektiere Ihre Meinung, Miss Silver und es ist weder meine Absicht sie zu ändern, noch mich darüber mit Ihnen zu streiten. Viel mehr würde ich gerne auf das ursprüngliche Thema zurückkommen."

Seine Worte klangen wie eine Mahnung, das Thema des Kletterers nun fallen zu lassen und sich dem Unterricht zuzuwenden. Er faltet die Hände auf dem Tisch wie zu einem stummen Gebet und schaute mich wachsam von seiner Seite des Tisches an. „Nun, wären Sie wohl so freundlich, mir die einzelnen Schritte des Starstechens noch einmal zu erläutern?"

Unter seinem prüfenden Blick begann ich, aufzuzählen, was ich wusste. Ich war mir seiner Aufmerksamkeit so sehr bewusst, dass ich mich mehrmals versprach und sein ungeduldiges Kopfschütteln machte es nicht gerade besser. Was war das bloß mit mir? Konnte ich mich tatsächlich in diesen Mann verliebt haben?

Ich biss mir auf die Lippe. Nein. Das war nicht möglich. Die Worte meines Bruders hatten mich einfach verunsichert und jetzt interpretierte ich alles Mögliche in meine Nervosität hinein.

„Miss Silver?", fragte der Arzt nach einer Weile auffordernd. „Ja, ähm..." Zögernd vervollständigte ich meine Erläuterung und war froh, dass ich offensichtlich nicht ganz so katastrophal durchgefallen war, wie ich angenommen hatte.

„Wären Sie bereit unter meiner Anleitung eine Patientin zu operieren?", fragte er mich. Ich starrte ihn verwirrt an. „Ich...operieren...Patientin?", stotterte ich perplex. Mr Sandrian seufzte entnervt. „Ja, sofern Sie sich der Sprache ermächtigen."

Ich strahlte. „Natürlich möchte ich, Sir." „Das dachte ich mir schon fast. Aber bitte tun Sie mir einen Gefallen und machen Sie es richtig." Ich nickte beschwingt und war mir des leichten Lächelns auf seinen schön geschwungenen Lippen bewusst.

Wieso achtete ich plötzlich auf so etwas? Und warum war mir das früher nicht aufgefallen? Er räusperte sich. „Miss Silver, Sie starren mich an." Seine Worte waren nicht unfreundlich und doch hörte ich eine leichte Drohung heraus, die mich warnte, seine persönliche Grenze nicht zu überschreiten.

Ich senkte den Blick und versuchte zu ignorieren, dass mein Kopf heiß glühte. Ich presste meine kühle Hand gegen meine heiße Wange und empfand das als mehr als angenehm.

Ich schob den Stuhl zurück und stand auf, um der unangenehmen Situation zu entkommen. „Ich denke, es ist Zeit, die Leute hereinzulassen. Sie haben genug gelernt für heute Morgen", beschloss Mr Sandrian kühl und schob sich an mir vorbei. Ich schloss die Augen. Na super! Jetzt war er auch noch wütend auf mich.

Silver LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt