Warum ich?

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MAGNUS
Die ganze Fahrt über ließ ich Alec's Hand nicht los. Er hatte mir wirklich gefehlt. Jedes Mal, wenn er bei mir war, fühlte es sich so an, als würde er all meine Probleme lösen. Bei ihm fühlte ich mich zuhause. Dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr gehabt, ich hatte es vermisst. Ich hatte Alec vermisst.  Ich konnte immer noch nicht fassen, dass er bei mir blieb. Seine ehrlichen Worte hatten mich wirklich überrascht. Von außen wirkte er nahezu unerschütterlich aber ich wusste, dass es ihn innerlich fertig machte. Ich wollte nicht, dass er wegen mir litt. Ich war immer so wütend, ich wusste nicht einmal warum. Ich hatte Angst, dass ich ihn ernsthaft verletzten würde. Das durfte niemals passieren! Er hatte das alles nicht verdient, er hatte mich nicht verdient. Er sollte mit jemandem zusammen sein, der ihn auf Händen trug und jeden Wunsch von den Augen ablaß. Er verdiente so viel mehr, als ich ihm geben konnte, doch er wollte mich. Was sah er nur in mir? Das einzige was ich sah, war einen gewalttätigen Alkoholiker. Ich war wie mein Vater geworden. Er hatte meine Mutter damals geschlagen und sich aus Schuldgefühlen, wegen seiner Wutausbrüche in den Alkohol gestützt. Irgendwann hatte meine Mutter sich dann umgebracht. Sie war Alec gar nicht so unähnlich. Sie war immer für mich da gewesen und hatte mich bis zu ihrem letzten Tag geliebt und beschützt. Alec machte es nicht anders. Ich wollte nicht, dass es wie bei meinen Eltern endeten. Alec sollte nicht so leiden müssen. Ich würde dafür sorgen, dass es ihm gut ging. Selbst, wenn es das letzte war, was ich tun würde. Die ganze Fahrt strich ich mit meinem Daumen über Alec's Hand. Ein kurzer Blick zu ihm verriet mir, dass er schlief. Er war so wunderschön. Seine Verletzungen taten seiner Schönheit zwar keine Abbruch aber allein, dass ich wusste durch wen sie entstanden waren machte mich traurig. Am Büro angekommen parkte ich den Wagen in der Tiefgarage, ich hatte mich entschieden Essen zu bestellen, ich wollte Alec nicht aufwecken. Nachdem ich den Motor ausgeschaltet hatte blieb ich noch eine Weile dort sitzen und sah Alec einfach nur beim Schlafen zu. Er wirkte so ruhig, als wäre nichts passiert. Ich spürte, wie mir Tränen die Wangen hinunter liefen. Das war alles meine Schuld. Ich hätte ihn damals einfach in Ruhe lassen sollen, dass wäre für ihn alles einfacher verlaufen. Ich hatte sein Leben zerstört. Langsam bewegt sich Alec neben mir und drehte sich in meine Richtung. "Was ist los?" murmelte er müde. "Ich habe dein Leben ruiniert, oder?" fragte ich schluchzend. Er richtete sich auf und rutschte ganz dicht an mich. "Nein. Du hast mein Leben um einiges besser gemacht." wiedersprach er mir. "Warum hast du mich als deinen Freund ausgewählt? Deine Mom hat mir gesagt, dass du deine Freunde nicht wahllos auswählst." fragte ich. Alec schmunzelte. "Als ich dich das erste Mal gesehen habe, da wusste ich, dass du besonders bist. Du bist keiner dieser Typen, die eine Nacht mit jemandem verbringen und einen danach fallen lassen. Ich weiß, du hast das ein paar mal gemacht. Ich weiß aber auch, dass das nicht du warst. Der Magnus den ich kenne und den ich liebe, der ist mitfühlend, loyal, nett, hilfsbereit und er würde alles für die Menschen tun, die er liebt. Ich habe aber auch den Schmerz und die Wut in dir gesehen. Ich wusste von Anfang an, worauf ich mich eingelassen habe. Du hast mir mehr als nur einmal gezeigt, dass du ein guter Mensch bist. Ich glaube einfach, dass du dich gerade selbst verloren hast. Ich kann dich nicht dazu zwingen deine Vergangenheit loszulassen, aber ich kann dir helfen damit besser umzugehen. Jeder Mensch ist mal verloren und weiß nicht mehr wo oben und unten ist. Du bist nicht alleine. Wenn es sein muss, dann prügele ich mich auch mit dir, aber ich gebe dich nicht auf. Und wenn du nicht weiter kämpfst, dann mache ich das für dich. Du hast damals zu mir gesagt, dass du mir immer helfen würdest, egal, wie weit ich entfernt sei und jetzt verspreche ich dir das. Ich lasse nicht zu, dass du dich aufgibst." sagte er leise. Wow. Alec überraschte mich wirklich immer aufs neue. Er sagte zwar nicht viel, aber wenn er was sagte, dann immer genau das, was man brauchte. Er wischte meine Tränen beiseite und schwang sich auf meinen Schoß. "Irgendwann wirst du mir einen Antrag machen und ich werde ihn annehmen. Aber das tue ich nur, wenn er wirklich von dir kommt und nicht von dem Magnus, mit dem ich mich gestern geprügelt habe." flüsterte er. "Ok" erwiderte ich leise. Er war wirklich ein Engel. Anders konnte ich ihn einfach nicht beschreiben. Ich konnte nichts anderes tun, als ihn zu küssen. Wir saßen noch eine ganze Weile in meinem Wagen und küssten und, bis wir ausstiegen und mit dem Aufzug nach oben fuhren. Die ganze Zeit über hatte Alec meine Hand gehalten. Er gab mir halt. Dank ihm hatte ich die Hoffnung wieder gewonnen. Ich konnte mich selbst nicht einfach so aufgeben. Ich musste alles versuchen, um ein besserer Freund zu sein. Für Alec! Er schaffte es immer und immer wieder mich aufzubauen, ich war fest entschlossen ihn nicht zu enttäuschen.

Blue AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt