Trümmer

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ALEC
Luis hatte den Wagen direkt vor dem Hotel geparkt. Er wartete kurz, während ich meine Sachen holte. Knapp zehn Minuten später war ich wieder im Auto. „Nach Hause?" fragte er und ich nickte. „Ich hoffe Magnus hat keinen Mist gebaut. Das könnte ich mir nicht verzeihen. Ich hätte ihn heute morgen nicht so anschreien dürfen." seufzte ich. „Hey. Deine Gedanken drehen sich jede Sekunde des Tages nur um Magnus. Hoffentlich geht es ihm gut, hoffentlich war ich nicht zu grob zu ihm. Hörst du dich eigentlich selbst?! Du redest immer davon, dass du etwas falsch gemacht hast! Das kann doch nicht sein. Ich kann nicht tatenlos dabei zusehen, wie du dich selbst immer weiter zerstörst. Du hast alles richtig gemacht!" widersprach er mir deutlich. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also schwieg ich, aber seine Worte ließen mich die ganze Fahrt über nicht los. Zuhause angekommen stiegen wir aus und brachten meine Sachen ins Haus. Dort wartete Magnus schon auf uns. Er wirkte gar nicht zufrieden, als wir gemeinsam die Küche betraten. „Geh! Ich will mit Alec reden." keifte er Luis an. „Ich gehe erst, wenn Alec das will, Bane!" motzte Luis zurück. „Schon ok...ehm...du kannst dich ja mal mit Cat unterhalten, sie müsste im Wohnzimmer sein." versicherte ich ihm und er verschwand, allerdings nicht, ohne mich nochmals eindringlich anzusehen.

LUIS
Ich traute der ganzen Sache nicht, aber ich folgte Alec's Wunsch. Ich würde ihn heute aber mit Sicherheit nicht alleine in diesem Haus lassen. Als ich das Wohnzimmer betrat, sah ich eine junge Frau mit einer Kamera, die die Linse durch einen kleinen Spalt in der Türe zur Küche durchsteckte. „Was genau wird das?" fragte ich, um mich bemerkbar zu machen. „Ich nehme alles auf, wonach sieht es denn aus. Das ist mein Job. Ich mag zwar Magnus beste Freundin sein, aber des heißt noch lange nicht, dass mir sein Verhalten gefällt. Falls etwas passiert, will ich beweisen können, dass Alec das Opfer ist und nicht Magnus. Ich will nicht, das sich alle auf Alec stürzten nur weil er denkt, dass er alles falsch macht." flüsterte sie. Ich war überrascht, dass sie mir die Wahrheit sagte, also stellte ich mich zu ihr und lauschte dem Gespräch.

ALEC
„Warum bist du so unfreundlich zu ihm. Er hat dir doch gar nichts getan?" fragte ich Magnus ruhig. „Was er mir getan hat!? Er macht sich an meinen Freund ran. Das ist passiert! Du gehörst mir! Er soll gefälligst die Finger von dir lassen!" schrie er mich an. Instinktiv zuckte ich zusammen und wich leicht zurück. „Zwischen Luis und mir läuft wirklich nichts, wie oft muss ich dir das denn noch sagen. Ich liebe dich und daran wird sich nichts ändern. Aber eins ist klar, ich gehöre niemandem, außer mir selbst. Ich bin doch kein Objekt, dass man einfach so beanspruchen kann." erklärte ich ruhig. „Verarsch mich nicht! Ich sehen doch, wie du ihn ansiehst!" keifte er und schnappte sich ein Gals. Er warf es nach mir. Es flog knapp an meinem Kopf vorbei und zersplitterte an der Wand in tausend Teile. „Magnus!" schrie ich vor Schreck. „Ich erkenne dich nicht mehr wieder!" warf er mir an den Kopf. Ich hatte genug. „Du erkennst mich nicht mehr wieder?! Ist das dein Ernst?! Du warst früher so liebevoll. Als du mich damals geschlagen hast, konnte ich sehen, wie leid es dir tat. Doch heute sehen ich da nichts mehr von. Du bereust es nicht einmal! Ich ertrage deine Schläge, deine Beleidigungen und deine Seitensprünge nicht mehr! Ich kann das nicht mehr. Ich dachte wirklich, dass wir das zusammen in den Griff bekommen, aber so langsam habe ich das Gefühl, als würdest du das gar nicht wollen. Merkst du gar nicht, was hier passiert?! Du hast gerade ein Glas nach mir geworfen! Es reicht. Ich bin am Ende! Ich will, das du gehst. Sofort. Ich will dich hier nicht mehr haben! Ich werde dir morgen eine Tasche mit deinen Sachen in den Hof stellen. Du kannst die um zwölf abholen. Such dir Hilfe! Wenn du dir schon von mir nicht helfen lassen willst. Ich liebe dich und ich will nur das beste für dich, aber ich kann das einfach nicht mehr. Es tut mir so unglaublich weh, dich so zu sehen. Das ist schon fast schlimmer als die Prügel von dir! Geh! Geh und melde dich erst wieder bei mir, wenn du deine Probleme in den Griff bekommen hast." schrie ich, während der ganze Stress, die Schmerzen und die unglaubliche Trauer mir um die Ohren flogen. Tränen rannen mir in Strömen die Wangen hinunter. Mein Herz war endgültig in abermillionen Teile zersplitterte. Niemand konnte das wieder in Ordnung bringen. Mit zitternden Fingern zog ich die Kette mit den beiden Ringen von Magnus von meinem Hals und drückte sie ihn in die Hand, während er mich fassungslos ansah. „ Sorg nicht dafür, dass dort ein Dritter hängt, denn einen vierten wird es nicht geben. Tu mir das nicht an. Tu uns das nicht an. Wenn du mich wirklich liebst, dann geh und hol dir professionelle Hilfe." fügte ich noch hinzu und verließ den Raum. Ich lief wie in Trance am Wohnzimmer vorbei und die Treppe nach oben. Ich taumelte noch ins Schlafzimmer, ehe ich endgültig auf dem Boden zusammenbrach und einfach nur noch weinte. Ich konnte gar nicht mehr aufhören selbst, als Luis ins Zimmer stürmte und sich zu mir setzte. Er zog mich fest in seine Arme und ließ mich nicht los.

LUIS
Cat und ich hatten alles mir angehört. Das waren also die Ringe an seiner Kette. Es waren Verlobungsringe. Cat schaltete auch die Kamera nicht aus, als Alec die Treppe hoch lief. Sie filmte selbst, wie Magnus weinend und mit der Kette in der Hand das Haus verließ. „Fahr ihn in ein Hotel oder zu einem Freund. In seinem Zustand sollte er nicht alleine sein!" sagte ich an Cat gerichtet. Sie nickte und schaltete die Kamera aus, während sie hinter Magnus her lief. Ich machte mich sofort auf den Weg zu Alec. Was ich dann aber vorfand schockte mich zutiefst. Alec kauerte bitterlich weinend auf dem Boden. Ich hatte mithören können, wie er mit jedem Wort in der Küche ein Stück mehr zerbrochen war. Vor mir lag ein einziger Trümmerhaufen. Der einzige, der das wieder zusammensetzten konnte war Magnus. Er durfte das nicht versauen! Selbst, wenn das hieß, dass ich ihm dabei helfen musste, aber ich ertrug es nicht Alec so zu sehen. Er weinte und weinte unerbittlich, selbst am nächsten Morgen saßen wir noch hier auf dem Boden und er weinte. Nicht einmal die, ihm deutlich anzusehende Erschöpfung konnte seine Tränen stoppen. Ich konnte mir nicht mal im Ansatz vorstellen, welche Schmerzen er gerade spürte. Mir fehlte die Worte. Das einzige, was ich für ihn tun konnte war ihn fest zu halten!

Blue AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt