Ich kann nicht mehr!-Jannik Kohlbacher

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Die Reifen quietschen, der Wagen beginnt zu schlittern. Ein Schrei und dann war alles schwarz.

Das ist alles, woran er sich erinnern kann. Die Polizei hatte ihm später mitgeteilt das der Unfall nicht seine Schuld war. Jemand hätte ihm einfach die Vorfahrt genommen und dadurch sei er ins Schleudern geraten. Dann kam der Arzt noch dazu. Glück im Unglück, das waren seine Worte. Er fühlt sich nicht glücklich, eigentlich ist da einfach nur eine gähnende Leere in ihm.

Das Bein war gebrochen, genau wie Schlüsselbein, Arm und einige Rippen. Nicht was seine Definition von Glück wäre, natürlich hätte der Unfall auch ganz anders ausgehen können, aber das brachte ihn auch nicht zurück aufs Spielfeld. Als Handballer und gerade als Kreisläufer brauchte er seine ganze Kraft, doch wie sollte er stark bleiben, wenn er sich wichtige Gliedmaßen gebrochen hatte?

Vom Verein war auch schon jemand bei ihm gewesen, aber die aufmunternden Worte hatte Jannik einfach über sich ergehen lassen und einzig die Tatsache das sie ihn nicht rausschmeißen würden war ein kleiner Lichtblick für ihn. Natürlich war es noch ein langer Weg zurück auf die Platte, aber er war sich sicher diesen bewältigen zu können.

Die Leute im Krankenhaus wollen, das er mit einem Psychologen spricht, um das erlebte aufzuarbeiten, aber er braucht keinen der ihm erzählt das er labil sei oder so etwas in der Art. Alles was er will ist schnellstmöglich den Gips loszuwerden und wieder zu trainieren. Dieses Ziel nannte er auch seiner Physiotherapeutin Sophie als sie nach seinem Antrieb fragte wieder auf die Beine zu kommen.

Er mochte das Mädchen mit der frechen Kurzhaarfrisur. Sie hatte immer ein Lächeln auf den Lippen und behandelt ihn ganz normal. Nicht so wie jeder andere der angefangen hatte ihn zu bemuttern und so ging er tatsächlich ganz gerne zu seiner Therapie.

Die Wochen vergingen und ein Gips nach dem anderen verschwand. Seine Rippen behinderten ihn auch nicht mehr wirklich und so entschieden die Ärzte es wäre Zeit für ein erstes Training in der Sporthalle. Geradezu euphorisch lief Jannik an diesem Tag also herum und es war schon fast gruselig welches Grinsen er auf den Lippen trug.

Das Warmlaufen lief gut, klar seine Ausdauer war definitiv nicht so ausgeprägt wie vor ein paar Wochen, aber er konnte wieder auf und ab Joggen, ohne gleich ein schmerzhaftes Ziehen an den Bruchstellen zu spüren. Doch nachdem er einige Übungen mit der Hilfe von seiner Physiotherapeutin absolviert hatte, wurde ihm schnell klar, dass der Weg zurück auf die Platte nicht so leicht werden würde wie gedacht.

Sein Körper schmerzt, atmen fällt ihm wieder ungewöhnlich schwer und kleine schwarze Punkten tanzen vor seinen Augen. Aber er dachte gar nicht daran aufzugeben und so zog er die Übung weiter unter Sophies kritischem Blick durch. Noch einen Durchgang, Jannik, bis die Zähne zusammen und wollte mit seiner Übung beginnen als er schon unterbrochen wurde.

"Hinsetzen! Das macht doch so keinen Sinn Jannik. Du musst auf deinen Körper hören und auch Pausen einlegen." Sophie hatte ein Machtwort gesprochen und Jannik wusste das er besser auf sie hören sollte und so ließ er sich erschöpft auf eine Bank sinken.

Frustriert starrt er vor sich hin und hat jetzt schon keine Lust mehr auf seine weitere Reha, als sich eine Flasche in sein Sichtfeld schiebt. Seufzend nimmt er sie an, schweigt aber weiter. Er schweigt auch den restlichen Tag und die nächsten Wochen erklingt die Stimme des Kreisläufers auch nur selten.

Wenn es nach ihm ginge, würde er nur noch in seiner Wohnung sitzen und frustriert vor sich hinstarren. Aber er wollte Sophie nicht enttäuschen also schleppt er sich tagtäglich in die Halle und lässt dort alles über sicher ergehen. Jeder konnte sehen das es ihm schlecht geht, aber niemand traute sich auch nur ein Wort zu sagen. Naja, bis es wieder Sophie war der der Kragen platzte und Jannik mal ihre Meinung geigte.

Danach war der Kreisläufer einfach nur erschöpft zusammengesunken und hat unverständlich vor sich hin gebrabbelt. Sophie hat sich also neben ihn gesetzt, ihm liebevoll einen Arm um die breiten Schultern gelegt und hat sich alles angehört.

"Mir tut alles weh."
"Ich kann nicht mehr schlafen und habe Alpträume."
"Es funktioniert nichts wie ich möchte oder wie vor dem Unfall."

"Ich kann nicht mehr!" Waren seine abschließenden Worte, während seine Schultern noch ein Stück herabsacken.

Kurz herrschte Stille zwischen den beiden, bis Sophie ihre Stimme erhob:

"Kannst du oder willst du nicht mehr?"

Ein abfälliges Schnauben war die Antwort. "Was ist der Unterschied?" Ertönt dann die bittere, aber dennoch dünne Stimme von Jannik.

"Wenn du nicht mehr kannst, dann such dir Unterstützung. Jemand der dich durch die Zeit begleitet und wieder aufrichtet, wenn du am Boden bist. Aber wenn du nicht mehr willst. Naja, dann kann ich auch gehen und wir lassen das hier alles."

Erschrocken ruckt Janniks Kopf hoch. Er wollte nicht das diese Zusammenarbeit endet. Sein Ziel hatte sich während der Reha verändert oder eher erweitert. Natürlich wollte er immer noch auf die Platte zurückkehren, aber er wollte auch Sophie nicht mehr verlieren.

"Also?" fragt die kleinere ihn neugierig. Doch als keine Antwort ertönt erhebt sie sich seufzend. "Schade..." Sagt sie noch und macht Anstalten zu verschwinden, aber dann kommt Leben in Jannik.

"Hilfst du mir?" wispert er und Sophie glaubt schon sich verhört zu haben, als er noch ein flehendes "Bitte" hinterherschiebt.

Grinsend dreht sie sich um und klatscht in die Hände.
"Na dann, lass uns loslegen."

Jetzt muss auch Jannik anfangen zu Grinsen. In den folgenden Wochen würden die beiden hart an seinem Comeback arbeiten und wer weiß, vielleicht wäre Sophie dann offiziell und nicht nur als seine Physiotherapeutin die Frau an seiner Seite?



Eure Dosis für diese Woche ;)
Mal ein bisschen was anderes, wie fandet ihr es?
Hoffentlich hat es dir gefallen @so3phie :)
Ob ich meine Freunde anfange mit Handballern zu verkuppeln? Pfff, nein. Ich doch nicht :D

Schönes Wochenende noch
WOLKE <3

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