Nachhilfe

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Julie zögerte einen kurzen Moment. Ihr Blick verharrte auf der großen hölzernen Tür. Ein nervöses Kribbeln machte sich in ihrem Bauch breit und sie fragte sich, warum sie sich schon wieder darauf eingelassen hatte. Sie würde sich vor ihm wieder zum Affen machen. So wie das letzte Mal schon. Wenn sie daran dachte, wie er sie angesehen hatte als sie den Zauber nicht geschafft hatte, wurde ihr übel.

Sie hätte Emma fragen sollen, ob sie mit ihr lernen könnte. Das wäre einfacher gewesen. Doch sie hatte es einfach nicht geschafft. In der letzten Woche hatte ihre beste Freundin kaum geschlafen. Sie war immer sehr früh aufgestanden, dabei war sie eigentlich eine Langschläferin.

Seitdem Emma mit Potter zusammen war, zumindest kam es Julie so vor, sah sie mit jedem Tag, der verging unglücklicher aus. Julie wusste, dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt war, doch Emma wollte es einach nicht einsehen. Sie suchte sich die wildesten Erklätungen zusammen. Julie war sich sicher, dass Emma sich selbst etwas vormachte. Aber sie wurde auch das Gefühl nicht los, dass es irgendetwas gab, dass Emma ihr nicht erzählte. Einen wichtigen Teil der Gleichung von dem sie nichts wusste. Emma hatte viel zu tun und Julie wollte ihr nicht auch noch zur Last fallen.

Julie versuchte ihre Sorge um ihre beste Freundin aus ihrem Kopf zu bekommen. Emma würde momentan nicht mit ihr reden. Und jetzt musste sie sich auf ihre ZAGs konzentrieren. Wenn sie es schaffen wollte einen Ausbildungsplatz als Heilerin zu bekommen brauchte sie gute Noten.

Dies war aber nicht der einzige Grund, weshalb sie jetzt vor dieser Tür stand. Sie wollte ihn wiedersehen. Allein bei dem Gedanken an ihm kribbelte ihr Bauch.
Ohne weiter darüber nachzudenken legte sie ihre Hand auf die Türklinke und stieß die Tür auf.

Das Klassenzimmer war bereits hell erleuchtet. Auf dem Tisch gegenüeber der Tür saß der rotblonde Gryffindor, mit dem sie sich verabredet hatte. Als die Tür aufging hatte sich ein Grinsen auf seinem Gesichte gebildet. Er hatte die Hoffnung schon aufgegeben gehabt, das Julie kommen würde.

„Du bist zu spät“, sagte Seamus und sah Julie dabei zu, wie sie die Tür schloss.

Auch auf dem Gesicht der Slytherin stahl sich ein Grinsen.
„Ich wollte nur sehen, wie verzweifelt du bist“, entgegnete Julie.

Seamus hob eine Augenbraue. „Verzweifelt?“

Julie nickte und grinste hinterlistig. „Ich wollte wissen wie groß dein Helferkomplex ist und wie lange du auf mich wartest. Offenbar ziemlich lange.“

Seamus musste lachen. „Ich würde fünfzehn Minuten nicht als ziemich lange definieren, meine Liebe. Außerdem wollte ich was zum Lachen haben.“

„Zum Lachen?“, erwiderte Julie und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Nun, ich wollte wissen, was für einen Schnurrbart deine Tasse heute bekommt.“,sagte Seamus und grinste über beide Ohren.

Julie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Bei ihrem letzten Treffen mit Seamus hatte er versucht ihr beizubringen, wie man eine Maus in eine Tasse verwandelt. Und irgendwie hatte sie es geschafft der Tasse einen riesigen Bart zu verpassen. Seamus hatte sich halb tot gelacht.

„Ist das nicht eher eine Niederlage für dich als für mich?“, fragte sie und versuchte selbstbewusst zu klingen.
Seamus hob eine Augenbraue.

„Du bist der Lehrer, oder?“, fuhr Julie fort. „Wenn deine Schüler so schlecht sind, machst du deinem Job wohl nicht gut.“

Seamus stand auf und ging einen Schritt auf Julie zu. Diese spürte, wie ihr Herz für eine Sekunde verlernt hatte zu schlagen. Ignorierte das Gefühl aber so gut sie konnte.

„Dann wirst du es heute wohl besser hinbekommen müssen. Ich will ja nicht, dass irgendjemand denkt, ich wäre ein schlechter Lehrer. “ Seamus grinste sie an und zwinkerte. Er drehte sich von ihr weg und ging auf einen Käfig zu, der in einer hinteren Ecke des Klassenzimmer stand.

In der Zeit, in der Seamus ihr den Rücken zugedreht hatte, zupfte Julie an ihren Haaren herum. Als sie jedoch merkte was sie da tat schnaubte sie leise. Er war nur ein Kerl. Es sollte ihr nicht wichtig sein wie ihre Haare aussahen.

Seamus stellte den Käfig, in dem sich eine kleine weiße Maus befand, auf den Tisch vor Julie. Diese startete sofort mit den Versuchen die Maus in eine Tasse zu verwandeln. Doch es Misslang ihr. Manchmal veränderte sich gar nichts an der Maus. Und einige Male wurde sie zu einer Schüssel statt einer Tasse oder die Tasse quikte noch. Mit jedem neuen Versuch, den Julie machte – und nicht schaffte – wurde sie frustrierter. Seamus versuchte ihr Tipps zu geben, wie sie ihren Zauberstab bewegen sollte, doch er war keine Hilfe. Das Gegenteil war beinahe der Fall. Mit jedem vermasselten Versuch wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Sie wollte nicht, dass Seamus sah, wie schlecht sie zauberte. Sie wollte ihm beweisen, dass sie eine gute Hexe war. Also setzte sie sich noch mehr unter Druck und ihre Zauber wurden noch schlechter. Es war ein Teufelskreis.

„Du machst die Bewegung zu abgehackt“, sagte Seamus nach einem weiteren misslungenen Versuch.

„Du bist zu abgehackt“, zischte Julie. Ihr Gesicht färbte sich rot, als ihr klar wurde, dass ihre Worte keinen Sinn machten.

Seamus musste Lachen. „Alles klar“, prustete er hervor.

„Ach, halt die Klappe“, zischte Julie.

Der rotblonde Gryffindor ignorierte sie jedoch. „Du muss mal ein bisschen lockerer werden.“

„Ich bin locker“, entgegnete Julie angespannt.

Seamus rollte mit den Augen. Er stand von seinem Stuhl auf und ging auf sie zu. Julie spürte wieder dieses nervige Herzstolpern, während Seamus sich ihr näherte. Als er schließlich eine Hand auf ihren Arm legte, durschoss es ihren Körper, wie ein Blitz. Sofort zog Julie ihren Arm weg.

„Was machst du da?“, fragte sie. Nun klang ihre Stimme noch angespannter als vorher.

„Beruhige dich“, antwortete Seamus.

Alles wird anders - Geheimnisse Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt