Hoffnungslos

140 9 3
                                    

Emma hatte jegliches Zeitgegühl verloren. Sie wusste nicht einmal, ob der Morgen schon angebrochen war. Doch schien dies auch nicht mehr wichtig zu sein. Wen interessierte es schon, ob ein neuer Tag begonnen hatte? Das einzige, was Emma in diesem Moment wirklich interessierte war ein Ausweg. Sie wollte dieses klaffende Loch, welches sich in ihrer Seele aufgetan hatte irgendwie füllen, doch wusste sie nicht, wie sie es anstellen sollte. Es schien einfach nichts zu geben, was ihr in diesem Moment helfen konnte. Wie war es nur möglich, dass ein Mensch einen anderen so wehtun konnte? Warum hatte sie zugelassen, dass ihr jemand so etwas antun konnte? Emma wollte einfach nur diesen Schmerz loswerden, der sie von innen zu verschlingen drohte.

Sie musste in den letzten Stunden so viel geweint haben, wie sie es in ihrem ganzen Leben noch nicht getan hatte. Irgendwann gab es keine Tränen mehr, die sie hätte vergießen können. Und man hatte nur noch ihr Schluchzen hören können.

Es war ein Wunder, dass sie noch nicht zusammengebrochen war. Das einzige, was sie daran hinderte in diesem Moment komplett den Verstand zu verlieren, war die Person, die schon seit Stunden neben ihr saß. Sie hatte Draco immer noch nicht gesagt, weshalb sie so aufgelöst war. Er hatte einige Male gefragt, doch sie hatte ihm immer nur gesagt, dass er verschwinden sollte. Er hatte jedoch genau das Gegenteil getan. Er hatte einen Arm um sie gelegt und einfach stumm neben ihr gesessen. Obwohl er nichts gesagt hatte – oder vielleicht gerade deshalb – war er Emma eine unbeschreibliche Hilfe gewesen. Zu wissen, dass sie nicht allein war, hatte zumindest dazu geführt, dass das Loch in ihrem Inneren nicht noch weiter aufgerissen ist.

„Danke", murmelte Emma nach ewiger Zeit. Ihre Stimme war so heiser, wie sie es noch nie gehört hatte. Sie erschreckte sich selbst ein wenig davor und konnte es Draco nicht verdenken, als dieser ihr einen entsetzten Blick zuwarf.

„Sie spricht endlich", erwiderte er.

„Wenn dich die Ruhe so gestört hat, dann hättest du auch gehen können", sagte Emma mit einer Wut in der Stimme, von der sie nicht wusste, woher sie kam. Sie war Draco dankbar, dass er geblieben war. Sie wollte ihn nicht vergraueln. Warum handelte sie dann aber so anders?

„Das hätte ich nicht", murmelte der blonde Junge. „Willst du mir jetzt sagen, was passiert ist?"

Emma biss sich auf die Lippen. Sie wollte nicht über die Geschehnisse sprechen, doch hatte sie das Gefühl, dass sie es Draco schuldig war. Immerhin hatte er ohne ein Wort der Beschwerde stundenlang auf einem harten Steinboden gesessen.

„Ich habe versagt." Am Ende des Satzes brach ihre Stimme ab.

„Ich glaube ich kann dir nicht folgen." Draco sah sie mit gerunzelter Stirn an. Seine grauen Augen waren mit Sorge ausgefüllt. Emma zuckte mit einer Schulter.

„Mein Auftrag", murmelte sie. „Ich..." Sie schluckte. „Ich konnte nicht tun, was der dunkle Lord verlangt. Ich denke er wird mich bestrafen müssen." Irgendwie fiel es ihr leichter so über alles zu sprechen. Draco würde dann vielleicht denken, dass sie nur so aufgebracht war, weil sie sich vor ihrer Strafe fürchtete. Es war einfacher zu sagen, dass sie bei einer Aufgabe versagt hatte, als ihm zu gestehen, dass ihr Herz gebrochen war.

Draco musterte sie für einige Sekunden still. Dann seufzte er. „Potter hat deine Gefühle nicht verdient, Emma. Wenn er in der Lage ist dich so zu verletzen, dann hat er dich nicht verdient."

Emma schluckte. „Was...?" Sie verstand nichts mehr. Draco wusste nichts von ihren Gefühlen. Sie hatte nie auch nur ein Wort zu ihm gesagt. Sie war bezogen auf ihren Auftrag immer neutral geblieben. Oder nicht?

„Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, bin ich nicht so ein Idiot, wie diese Gryffindors", sagte Draco etwas beleidigt. „Ich hab schon seit längerem die Vermutung, dass du mehr als nur Freundschaft für Potter empfindest. Das hast du mir heute bestätigt, was?"

Alles wird anders - Geheimnisse Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt