Erkenntnisse

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Emma klopfte an die große Tür zum Büro des Schulleiters. Ohne darauf zu warten, dass jemand sie hereinbat, öffnete sie die Tür.
Dumbledore saß an seinem Schreibtisch. Als die Tür sich öffnete blickte er auf und lächelte Emma an. Ihr fiel auf, dass er müde aussah.
„Emma, schön, dass du gekommen bist.“
„Guten Abend, Professor“, sagte Emma.
„Bitte setze dich“, er deutete mir seiner Hand auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. Doch Emmas Augen verharrten auf der Hand, die auf dem Tisch liegen blieb. Ihr wurde bewusst, wie lange sie den Schulleiter nicht mehr gesehen hatte. Bei ihrem letzten Treffen hatte seine Hand bei weitem nicht so schlimm ausgesehen. Die Schwärze – so kam es ihr vor – hatte sich ausgebreitet. Bis hoch zu seinem Handgelenk war seine Haut schwarz und sah abgestorben aus.
„Ich weiß, es sieht nicht gut aus“, sagte Professor Dumbledore, der Emmas Blick gefolgt war. „Aber wir haben heute wichtigere Dinge zu besprechen.“ Er nahm die abgestorbene Hand von dem Tisch, so dass Emma sie nicht mehr sehen konnte und deutete – nun etwas energischer – auf den Stuhl vor sich.
Emma zögerte kurz. „Ich denke, dass es wichtig ist, Sir.“ Langsam ging sie auf Dumbledore zu und setzte sich. Ihre Augen waren immer noch auf die Stelle gerichtet, wo noch vor kurzer Zeit Dumbledores Hand gelegen hatte. Egal, was es war, es breitete sich aus. Und der Schulleiter war offenbar nicht in der Lage es zu stoppen. Er war der mächtigste Zauberer, der lebte und konnte seine Hand nicht in Ordnung bringen.
Dumbledore war ihre einzige Hoffnung wieder ein normales Leben zu führen. Er sollte ihr helfen aus ihrem Doppelleben herauszukommen. Doch er schaffte es nicht einmal seine Hand in Ordnung zu bringen. Was war denn mächtig genug, um ihn in eine sollte Lage zu bringen…
Etwas klickte in Emmas Gedanken. Ihr Mund klappte auf. Das konnte nicht sein.
„Es…es…ist ein Fluch“, stammelte Emma. „Und Sie können ihn nicht aufhalten, oder?“
Professor Dumbledore antwortete nicht. Er seufzte nur leise und lehnte sich zurück auf seinen Stuhl.
„Sagen Sie etwas.“ Emmas Stimme wurde lauter. „Antworten Sie. Es ist ein Fluch! Er wird schlimmer!“ Verzweifelt wartete sie auf eine Antwort.
„Ja, Emma“, sagte Dumbledore leise und bestätigte ihre Angst.
Emma stockte für eine Sekunde der Atem.
„Was bedeutet das?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte. Sie fühlte sich, als hätte jemand allen Sauerstoff aus der Luft entfernt.
„Ich denke, ich bin dir eine Erklärung schuldig. Ich hatte gehofft, dass dies noch Zeit hat.“
„Das hat es nicht“, entgegnete Emma bestimmt. Sie wollte seine nächsten Worte nicht hören. Aber sie wusste, dass sie es musste. Sie musste die Wahrheit wissen. Auch, wenn sie diese hassen würde.
Dumbledore nickte langsam. „Du hast recht. Es stimmt. Es ist ein Fluch und es ist mir nicht möglich ihn aufzuhalten. Und ich denke, dass du genau weißt, was es bedeutet.“
„Sie werden sterben.“ Es fiel Emma schwer diese Worte zu sagen, doch als sie Dumbledores Gesicht sah, wusste sie, dass sie recht hatte. Sie schluckte schwer.
„Wie konnten Sie es so lange geheim halten? Warum haben Sie nichts gesagt? Ich habe Ihnen vertraut“, wieder schrie Emma ihm die Worte entgegen. Sie fühlte sich von dem Schulleiter hintergangen. Er hatte alles von ihr verlangt und ihr dafür nur einen Bruchteil erzählt. Sie hatte sich in Lebensgefahr begeben und dieser Mann hatte es nicht einm für nötig gehalten ihr zu sagen, dass er ihr nicht daraus helfen konnte.
„Es hätte nichts geändert.“ Seine blauen Augen musterten Emma genau. Als würden sie jede noch so kleine Bewegung analysieren – was wahrscheinlich auch wirklich der Fall war.
„Natürlich hätte es das“, entgegnete Emma und versuchte zu verarbeiten, was der Schulleiter ihr gerade erzählt hatte.
Dumbledore hob eine Augenbraue. „Wenn du es gewusst hättest, hättest du dann eine andere Entscheidung getroffen? Wärst du nicht zu Voldemort gegangen?“
Emma starrte ihn an. Woher sollte sie wissen, wie sie gehandelt hätte? Er hatte ihr keine Wahl gegeben…oder etwa nicht?  Leise seufzte Emma. Sie musste sich eingestehen, dass sie wahrscheinlich genauso gehandelt hätte. Immerhin hatte sie es nicht für Dumbledore gemacht, sondern für ihre Freunde. Aber es hätte trotzdem etwas geändert. Sie hätte sich anders gefühlt und sich nicht an die Hoffnung geklammert, dass Dumbledore einen Plan hatte und sie aus dieser Sache wieder herauskommen würde.
„Ich hatte ein Recht darauf es zu wissen. Nach allem was ich getan habe. Und was ich immer noch tue“, sagte Emma und versuchte eine ruhige Stimme zu bewahren. Doch es fiel ihr nicht leicht.
„Ich wollte es dir nicht aufbürden. Ich war mir sicher, dass du es nicht hinnehmen würdest. Du hättest nach einer Lösung gesucht. Und da es keine gibt, hättest du viel deiner Zeit verschwendet.“
Emma presste ihre Lippen aufeinander. Natürlich hätte sie versucht ein Gegenmittel zu finden. Dumbledore durfte nicht sterben. Harry und Draco brauchten ihn. Er musste sie vor Lord Voldemort beschützen.
„Weiß Harry es?“, fragte Emma.
Dumbledore schüttelte den Kopf. „Nein, und ich habe nicht vor es ihm zu erzählen.“
„Das müssen Sie. Wenn Sie es ihm nicht sagen, dann werde ich es tun. Er hat ein Recht darauf es zu wissen. Er verlässt sich auf Sie.“
„Ich habe meine Gründe es ihm nicht zu sagen. Und ich würde es vorziehen, wenn du ihm auch nichts sagst.“
„Warum sollte ich das tun?“ Emma blickte den Schulleiter hasserfüllt. Wer dachte er war er? Wie konnte er von ihr verlangen für ihn zu lügen?
Der Schulleiter seufzte. „Harry hat eine Aufgabe von mir bekommen. Und es ist sehr wichtig, dass er sie durchführt.“
Emma musste lachen. „Und das soll mich davon abhalten es ihm zu sagen?“
„Ich hoffe es“, sagte Dumbledore. „Harry würde nicht zulassen, was ich geplant habe, wenn er von dieser Situation wüsste.“
„Könnten Sie auch einmal Klartext sprechen? Er würde es nicht zulassen… was verdammt würde er nicht zulassen?“ Emma versuchte ihre Wut im Zaum zu halten. In diesem Moment verspürte sie einen großen Hass auf den alten Mann vor ihr. Wieso verlangte er, dass sie ihm vertrauen sollte, wenn er ihr kein Stück vertraute? Wieso sollte sie ihm vertrauen, dass er es schaffte Harry zu beschützen, wenn er ihr seinen Plan nicht anvertraute? Er sollte ihre Freunde beschützen. Was sollte Draco jetzt machen? Er hatte den Auftrag Dumbledore zu töten. Dieser würde aber an einem dummen Fluch sterben. Voldemort würde Draco bestrafen und Dumbledore konnte ihn nicht beschützen….Außer… Emma stockte der Atem. Nein, das konnte der Schulleiter nicht vorhaben.
„Draco kann es nicht tun“, schrie Emma. „Es würde ihn kaputt machen. Sie dürfen sich nicht von ihm töten lassen.“ Sie spürte ihr Herz in ihrer Brust pumpen. Und mit jedem Schlag verbreitete sich Angst in ihrem Körper. Draco war dafür nicht bereit.
Dumbledore beugte sich ein wenig nach vorne.
„Beruhige dich, Emma. Ich habe nicht vor, dass Draco mich tötet“, sagte Dumbledore. „Denn ich stimme dir zu. Es würde etwas in ihm zerstören.“
Emma schluckte. Sie nickte langsam.
„Aber sie haben vor, dass jemand sie tötet?“, sagte sie leise.
Für einige Sekunden war es still. Dumbledore schien zu überlegen, ob er ihr diesen Teil des Plans anvertrauen konnte.
Dann nickte er.
„Ja, das ist mein Plan.“
„Wer?“, fragte Emma.
„Professor Snape.“
Emma starrte ihn mit großen Augen an. Mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Doch, wenn sie genauer darüber nachdachte, machte es Sinn. Wenn Snape Dumbledore töten würde, dann hätte Voldemort keinen Zweifel mehr daran, dass er auf seiner Seite stand. Es war der perfekte Bluff. Snape wäre sowieso Voldemorts nächster Kandidat gewesen, wenn Draco versagt hätte.
„Wie schützt das Draco?“
„Er und seine Familie werden verschont. Dafür wird Professor Snape sorgen. Sie werden keinen besseren Status haben als jetzt, aber sie werden leben.“
Emma nickte langsam. „Wenn Sie tot sind...wie geht es dann mit Hogwarts weiter?“
„Ich glaube du weißt es schon, Emma“, antwortete Dumbledore.
„Sie sind der einzige, der Voldemort davon abhält in Hogwarts einzudringen. Wenn Sie tot sind… Voldemort wird die Schule unter seine Macht stellen. Er würde sie nicht selbst leiten, aber jemanden als Schulleiter einsetzen, den er vertraut und der seine Befehle ausführt… Er würde Professor Snape einsetzen, nicht wahr?“
„Davon gehe ich aus.“
„Aber, wenn das passiert“, sagte Emma und ihr stockte der Atem, als ihr diese Erkenntnis hatte, „dann… dann würde Harry nicht nach Hogwarts kommen können. Voldmort würde ihn sofort töten…“
Sie blickte Dumbledore direkt in die Augen und ignorierte den großen Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte.
„Sie planen nicht, dass Harry nächstes Jahr wieder nach Hogwarts kommt, oder?“
Der alte weißhaarige Mann vor ihr schüttelte den Kopf. „Nein. Harry hat eine Aufgabe, die er erledigen muss.“
„Ich gehe mit ihm“, sagte Emma sofort. „Ich kann Harry helfen. Welche Aufgabe hat er?“
Dumbledore seufzte. „Du kannst nicht mit ihm gehen, Emma.“
Diese verschränkt die Arme vor sich. „Natürlich kann ich das. Und wenn Sie tot sind, können Sie mich schlecht daran hindern, oder? Ich bin eine gute Hexe. Ich kann ihm helfen.“
„Ich habe nie an deinen Fähigkeiten gezweifelt. Du hast recht, du beherrscht die Magie gut. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du nicht mit Harry gehen kannst. Du bist zu jung.“
Emma schnaubte. „Sagen Sie mir nicht, dass ich nicht alt genug bin. Nach allem, was ich durchgemacht habe, können Sie das nicht sagen!“
„Wieder verstehst du mich falsch. Ich weiß sehr wohl, was du durchgemacht hast und ich Zweifel nicht daran, dass du es durchhalten würdest, wenn du mit ihm gehst. Aber du vergisst, dass Harry im nächsten Jahr volljährig sein wird. Du jedoch nicht. Und das bedeutet…“
„Ich habe die Spur auf mir“, unterbrach Emma ihn. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. „Ich wäre eine Gefahr für ihn, wenn ich mitkommen.“
„Ja“, sagte Dumbledore. „Nun kommen wir doch zu dem Thema über das ich mit dir sprechen möchte. Emma, ich weiß, dass ich bereits sehr viel von dir verlangt habe und deshalb möchte ich, dass du gut darüber nachdenkst. Für dich wird es im nächsten Jahr nur zwei Optionen geben. Ich könnte dafür sorgen, dass man dich und deine Eltern zu einem sicheren Ort bringt und euch dort versteckt. Dir wird es nicht möglich sein zu zaubern, aber du wärst in Sicherheit. Die andere Möglichkeit wäre, dass du zurück nach Hogwarts kommst. Wie du aber bereits festgestellt hast, wird es hier dann anders sein. Professor Snape wird alles in seiner Macht stehende tun, um die Schüler zu beschützen, doch wird Voldmort die Leitung der Schule haben. Das heißt es ist dir nur möglich die Schule zu besuchen, wenn er weiterhin denkt, dass du auf seiner Seite bist.“
Emma fühlte sich, als wäre sie zu einer Statue erstarrt. Sie konnte keinen Muskel in ihrem Körper bewegen. Das wären keine Optionen.
„Also Sie sagen, dass….“ Emma brach ab. Sie versuchte ihren schnellen Atem unter Kontrolle zu bringen. „Dass ich mich entweder wie ein Feigling verstecke und immer in der Angst leben muss, dass Voldmort mich findet und meine ganze Familie tötet. Oder ich weiter…weiter so tue als wäre ich Amelia.“
„Niemand würde dich für feige halten, wenn du dich in Sicherheit bringst“, entgegnete Dumbledore.
Emma schüttelte den Kopf. „Aber es wäre keine Sicherheit. Voldmort würde mich suchen. Wenn er weiß, dass ich für Sie gearbeitet habe…. Und Sie wären tot. Sie können mich nicht beschützen. Also sagen Sie nicht, dass meine Familie in Sicherheit wäre.“
„Es gibt Möglichkeiten dich zu schützen. Der Fidelius-Zauber kann euch verbergen und beschützen.“
„Meine Eltern wären Gefangen“, schrie Emma ihn entgegen. „Sie müssten ihr ganzes Leben aufgeben! Sie wissen ganz genau, dass ich mich niemals für diese Option entscheiden würde. Ist das nur ein weiteres Spiel für Sie? Sie tun so als hätte ich eine Wahl, damit ich denke, dass es meine Entscheidung ist. Dabei steht doch schon fest, wie es weitergehen muss.“
Der alte Professor sah sie traurig an. „Du hast die Wahl, Emma. Aber du hast recht. Ich habe mir gedacht, dass du dich dafür entscheidest zurück nach Hogwarts zu gehen.“
Emma ballte ihre Hände zu Fäusten und schlug auf den Tisch.
„Dann hören Sie auf um den heißen Brei zu reden und sagen mir, was Sie von mir wollen. Was soll ich machen?“
Wieder hörte Emma ein leises Seufzen von dem Schulleiter. Am liebsten wäre sie  aufgesprungen und hätte ihn geschlagen.
„Du musst dafür sorgen, dass Voldmort dir weiterhin vertraut. Am besten wäre es, wenn du es schaffst ein Teil seines inneren Kreises zu werden. Du musst herausfinden, was er vor hat und ob du es schaffst seine Pläne zu durchkreuzen…Aber das wohl wichtigste ist, dass du die Aufgabe hast seine Schlange zu töten, wenn er anfängt sie über die Maße zu beschützen.“
„Nagini töten?“, fragte Emma und verstand nicht, was das bedeuten sollte.
„Ja“, sagte Dumbledore. „Aber erst, wenn er sie beschützen will. Es ist äußerst wichtig, dass die Schlange stirbt.“
Emma schloss die Augen. Sie kämpfte mit sich selbst. Ein Teil von ihr wollte aufspringen und den Mann vor ihr verletzen. Der Mann, der sie nun bat ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Aber es gab auch einen anderen Teil. Ein Teil, der verstand, dass Dumbledore vor hatte Voldemort zu stürzen. Alles, was er plante diente dem Ziel diesen Krieg zu beenden. Auch, wenn sie es hasste, dass er ihr nicht alles erzählte, wusste sie, dass er die beste Chance war, die sie Zaubererwelt hatte.
„Wird es Harry helfen zu überleben?“, fragte Emma nach einiger Zeit. „Wird es dabei helfen Voldmort zu stürzen?“
„Ich hoffe, dass es das wird“, antwortete der Schulleiter.
„Warum kann ich die Schlange nicht jetzt schon töten?“
„Sobald du es machst, bist du in Gefahr“, antwortete Dumbledore. „Harry muss erst seine Aufgaben erfüllen bevor es notwendig wird die Schlange zu töten.“
„Aber wenn sie tot ist, dann kann Voldemort sterben?“
Dumbledore sah sie lange an, bevor er etwas sagte.
„Wenn Nagini tot ist, dann wird Harry wissen, wie es weitergeht. Und ja, schließlich wird Voldemort sterben können.“
Emma nickte langsam.
„Ich werde es tun“, sagte Emma. „Aber nicht für Sie. Sondern für ihn.“

***

Was denkt ihr von dem Gespräch?

Ich hoffe sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat und würde mich sehr über eine Rückmeldung freuen.
Wenn es euch gefallen hat, dann lasst gerne einen Stern da.

Dieses Buch ist so gut wie zu Ende. Die letzten Kapitel sind geschrieben. Es sind nur noch drei Stück und dann ist dieser Teil von Emmas Geschichte zu Ende. Ich hoffe, dass euch das Finale von diesem Teil gefallen wird.

Am Montag gibt es das nächste Kapitel.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 27, 2020 ⏰

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