Alles wird anders - Geheimnisse

Ruhe vor dem Sturm

Ein lautes metallenes Klingeln erfüllte die Halle. Der kleine Zauberer mit weißem Bart – der vorne Stand und die Prüfung beaufsichtigt hatte – sagte ihnen, dass die Zeit nun um wäre.
Emma warf einen letzten Blick auf ihr Aufgabenblatt und las sich ihre Antwort auf die Frage, was der  Auslöser des Koboldkrieges von 1482 war, noch einmal flüchtig durch. Sie war sich nicht sicher, ob sie damit richtig lag, dass er ausgelöst wurde, weil ein Zauberer eine koboldgeschmiedete Rüstung gestohlen hatte, aber ein anderer Grund war ihr auch nicht eingefallen. Es war auch egal. Jetzt konnte sie nichts mehr an ihrer Antwort ändern.

Mit einem erleichterten Seufzer legte Emma ihre Feder auf den Tisch ab. Sie hatte es geschafft. Alle ihre ZAGs lagen nun hinter ihr. Geschichte der Zauberei war die letzte Prüfung gewesen, die sie hatte schreiben müssen. Emma wusste, dass sie kein Ohnegleichen für ihre Leistung bekommen würde, war aber trotzdem zufrieden mit sich. Insgesamt hatte sie ihre ZAGs ganz gut gemeistert. Die schriftlichen Prüfungen waren ganz okay gewesen. Zugegeben war die Prüfung in Verwandlung ziemlich knifflig gewesen, aber sie war machbar. Geschichte der Zauberei lief einigermaßen okay, aber Emma hatte sich noch nie wirklich für dieses Fach interessiert. In den praktischen Prüfungen hatte Emma ihrer Meinung nach ganz gut abgeschnitten. In Kräuterkunde war ihr ein kleiner Fehler unterlaufen – sie hatte eine giftige Knolle zum explodieren gebracht – aber dafür liefen Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zaubertränke super. Sie musste einen Vergesslichkeitstrank brauen und auf ihr Resultat wäre sogar Snape stolz gewesen.

Emma beobachtete kurz ihr Prüfungsblatt, welches nun in der Luft schwebte und sich in die Richtung des kleinen Zauberers bewegte. Zusammen mit all den anderen Prüfungsblättern bildete es einen Stapel, welcher auf dem Tisch neben dem Zauberer zum stehen kam.
Emma zuckte zusammen, als sich Arme von hinten um sie legten und sie in eine freudige Umarmung zogen.

„Wir haben es geschafft“, quitschte Julie hinter ihr. Einige ihrer braunen Haarsträhnen bahnten sich den Weg in Emmas Mund und sie strich sie aus ihrem Gesicht. „Die ZAGs sind zu Ende. Wir sind endlich frei. Kein Lernen mehr.“

Emma löste sich aus Julie’s Umarmung und stand auf. Sie drehte sich zu ihrer besten Freundin um und sah, dass Julie vor Freunde geradezu strahlte. So glücklich hatte Emma sie schon lange nicht mehr gesehen. Die Anspannung und Sorge der letzten Tage waren von ihr abgefallen. Ihre Wangen hatten eine leicht rosige Farbe und sie wippte auf und ab.

„Keine Prüfungen mehr“, sagte Emma und lächelte. Sie spürte, dass
eine Last von ihr abfiel, aber zugleich fühlte sie eine andere größer werden. Die ZAGs waren vorbei. Das bedeutete, dass das Schuljahr so gut wie zu Ende war und noch wusste sie nicht, wie ihre Sommerferien aussehen würden. Würde sie zu ihren Eltern zurückkehren können? Zu ihrem Glück musste sie nicht mehr lange mit dieser Ungewissheit leben. Nur noch wenige Stunden und sie würde endlich wissen, wie es weitergehen würde.
Vor zwei Tagen hatte sie eine Nachricht von Dumbledore bekommen. In dieser hatte er sie gebeten heute Abend in sein Büro zu kommen. Das bedeutete, dass sie nicht mehr lange warten müsste. Endlich würde sie ihre Antworten bekommen.

„Ems, Julie, kommt ihr mit runter an den See?“, fragte Anthony, der gerade neben Julie aufgetaucht war und sie mit einem riesigen Grinsen im Gesicht ansah. Gleich hinter ihm war John, der ihnen einen Daumen hoch zeigte.

„Bin dabei“, sagte Julie. „Kann aber nur zwei Stunden. Seamus ist dann mit seiner letzten Prüfung durch und wir wollen das…. Feiern.“ Ihr Gesicht wurde so rot wie eine Tomate.

John musste Lachen. „Alles klar. Feiert ihr das nur.“ Er zwinkerte ihr zu und drehte sich dann zu Anthony. „Manchmal frage ich mich wirklich, wie es sein kann dass meine besten Freundinnen sich nun beide einen Gryffindor zugelegt haben. Irgendwas müssen wir falsch gemacht haben, Anthony.“