Ein einziger Tag

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Ein lautes Magenknurren durchbrach die Stille des Raumes. Emma konnte nicht anders als zu Grinsen. Sie löste sich aus Anthonys Umarmung.

„Hunger?", fragte sie und versuchte unbeschwert zu klingen. Ganz gelang ihr dies nicht. Sie war immer noch aufgewühlt. Sie spürte immer noch den Stich in ihren Herzen, wenn sie daran dachte, was zwischen ihr und Harry vorgefallen war. Doch sie fühlte auch immer noch die Erleichterung. Es hatte ihr gut getan mit Anthony zu sprechen. Sie fühlte sich besser.

„Nur ein bisschen", entgegnete Anthony.

„Du solltest in die große Halle gehen und etwas essen", befahl Emma geradezu. Sie fühlte sich schlecht, weil sie Anthony so lange aufgehalten hatte. Sie hatte kein einziges Mal gefragt, wie es ihm ging. Die ganze Zeit hatte sie nur über sich selbst gesprochen.

„Du solltest aber auch mal etwas essen." Anthony sah sie besorgt an.

Emma schüttelte den Kopf. „Nein...ich werde in den Gemeinschaftsraum gehen." Sie presste ihre Lippen aufeinander. „Ich glaube ich würde es nicht schaffen Harry jetzt über den Weg zu laufen."

Anthonys Blick verdunkelte sich. „Du solltest deswegen nicht verhungern."

„Das werde ich schon nicht", beschwichtige Emma ihren Freund. „Ich brauche gerade nur ein wenig...Zeit und Abstand."

Anthony schien nicht zufrieden mit ihrer Antwort zu sein. Bevor er ein Gegenargument aufbringen konnte ergriff Emma wieder das Wort.

„Wirklich, Anthony. Es geht mit schon besser. Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Es war gut mit dir zu reden." Emma versuchte zu lächeln, doch so ganz wollte ihr das nicht gelingen.

Anthony nickte langsam. „Du weißt, dass ich immer für dich da bin, oder?" Er machte eine Pause und lächelte sie dann aufmunternd an. „Auch wenn ich wohl noch ein wenig Zeit brauch, um das alles wirklich zu begreifen."

„Das geht mir immer noch so", gestand Emma. Sie atmete tief ein und stand dann mit einem Ruck auf. Sie hielt Anthony ihre Hand hin. Er ergriff sie und stand auf.

„Du bist dir sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?"

Emma rollte mit den Augen. „Das bin ich. Mach dir keine Sorgen. Ich werde es schon unbeschadet in den Gemeinschaftsraum schaffen."

Anthony sah sie zweifelnd an. Emma boxte ihn daraufhin gegen die Schulter. Er sollte aufhören sich solche Sorgen zu machen. Sie war schon ein großes Mädchen und inzwischen hatte sie sich einigermaßen gefasst.

Emma ging auf die Tür des Klassenzimmers zu, öffnete sie und deutete mit ihrer Hand auf den Ausgang. Anthony rollte mit den Augen, folgte aber ihre Geste und zusammen gingen die beiden in Richtung der großen Halle. Als sie bei der großen Eingangstür angekommen waren, blickte Anthony sie - zum gefühlt hundertsten Mal - voller Sorge an. Emma deutete auf die Treppe, die in den Kerker führte.

„Das schaffe ich schon", murmelte sie. „Wir sind ja schon so gut wie in dem Gemeinschaftsraum."

Anthony biss sich auf die Lippen. „Weißt du eigentlich könnte ich dich begleiten. So einen großen Hunger habe ich eigentlich nicht."

Emma verschränkte die Arme. „Du gehst jetzt etwas essen, Anthony", sagte sie etwas lauter. „Wahrscheinlich ist Julie sowieso im Gemeinschaftsraum. Ich bin also nicht alleine, okay?"

Der Junge seufzte, nickte aber.

„Wir...", setzte er an, wurde aber von einer anderen Stimme unterbrochen.

„Emma!" Harry kam, zusammen mit Ron und Hermine, aus der großen Halle. Als er sie sah, machte er ein schuldbewusstes Gesicht. Hermine sah abwechselnd von Emma zu Harry. Ihre Stirn runzelte sich, während sie versuchte die Situation einzuschätzen. Emma wusste nur zu genau, was sie gerade sehen musste. Harry, der einen Schritt in ihre Richtung machte und nach Worte rang. Emma, die unbewusst einen Schritt zurück machte. Harrys Anblick ließ die Wut und Trauer wieder gefährlich hoch brodeln. Und Anthony, dessen Körper sich beim Klang von Harrys Stimme versteift hatte und der Harry mit einem beinahe mörderischen Blick ansah.

Alles wird anders - Geheimnisse Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt