Kapitel 42

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Am nächsten Tag

Karol:

"Können wir?", steige ich in den Shuttle. "Los geht's!", setzt sich Rugge neben mich. Der Shuttlefahrer düst los, meine Aufregung steigt immer mehr. Meine Beine zittern, mein Puls ist erhöht. Ich habe ein mulmiges, aber auch gleichzeitig gutes Gefühl... Ich weiß einfach nicht, wie meine Eltern reagieren werden. Laut meinem Bruder haben sie sich die letzten Tage nicht mehr so gestritten, wie sonst immer. Ich hoffe einfach, dass sie sich freuen, mich zu sehen. Schließlich habe ich ihnen versprochen, dass ich wiederkommen werde.

"Bist du aufgeregt?", legt der Italiener seine Hand auf meine, sodass ein Kribbeln in mir verursacht wird. Ich nicke und atme tief durch. "Es wird alles gut werden, okay?", schaut er mich an, schenkt mir ein Lächeln.

Zwischen Ruggero und mir ist seit gestern einiges passiert. Wir sind uns so nah, wie noch nie. Es blieb gestern nicht nur bei einem Kuss, irgendwann setzte er mich auf den Poolrand und ab dann ging es erst richtig los. Wir haben uns eine gefühlte Ewigkeit geküsst, bis wir uns umarmten. Dann rief Juan an und sagte uns, dass wir gleich zum Abendbrot gehen, weshalb wir uns etwas Trockenes anzogen und runter gingen.

Es fühlte sich richtig an.

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„Okay, dann mal los.", flüstere ich. Ruggero und ich stehen vor der Haustür. Ich bin hier seit ungefähr einem Jahr nicht mehr gewesen. Mit einer zitternden Hand, welche zu einer Faust geballt ist, klopfe ich vorsichtig an der dunkelbraunen Tür. Mein Herz schlägt. Ich habe das Gefühl, dass es mir gleich aus der Brust springt.

Aufgeregt schaue ich Ruggero an. Was wird gleich passieren, wenn die Tür geöffnet wird? Wird sie überhaupt geöffnet? Wenn ja, wie werde ich reagieren? Wie werden meine Eltern reagieren?

Diese ganzen Fragen schwirren in meinem Kopf herum. Gleich werde ich die Antworten kennen, aber die Zeit bis dahin fühlt sich an wie eine Ewigkeit.

Es sind Schritte zu hören. Es kommt jemand.

Man kann ein Schlüssel von innen hören, jemand schließt die Tür von drinnen auf. Gleich ist es soweit.

Mit einem Mal wird die Tür schon fast aufgerissen und meine Mutter steht dort. Sie schaut mich an, von unten nach oben, bleibt bei meinen Augen stehen. Ihr Blick zeigt, dass sie überrascht ist.

„Du bist es wirklich", flüstert sie, geht auf mich zu. „Karol", weint sie und nimmt mich in den Arm. Sie heult richtig. „Mamá, es tut mir so schrecklich leid, dass ich einfach so gegangen bin.", schnaufe ich. Jetzt laufen mir auch die ersten Tränen die Wange herunter. „Du weißt nicht, wie sehr wir dich vermisst haben!", wimmert sie in die Umarmung, während ich sie noch fester an mich drücke. Diese Nähe zu meiner Familie hat mir so gefehlt.

„Es tut mir so leid.", versuche ich meine Schuldgefühle in Worte zu fassen. „Du hast alles richtig gemacht, mein Schatz. Komm erstmal mit rein.", löst meine Mamá unsere Umarmung auf und schaut mir in die Augen. „Du bist so groß und erwachsen geworden!", lacht sie. „Das musstest du jetzt sagen.", kichere ich.

„Wo ist Papá?", nehme ich meine Hände in ihre. „Er ist einkaufen. Aber er müsst bald zurück sein.", wischt Mamá sich lächelnd ihre Tränen weg. "Ich bin so glücklich, dass du wieder hier bist!", nimmt sie mich erneut in den Arm. "Und ich erst!", erwidere ich die Umarmung. 

"Ich habe sogar Unterstützung mitgebracht!", lösen wir uns voneinander und ich schaue zu Ruggero, welcher neben mir steht. Meine Mutter hat noch gar nicht auf ihn geachtet, weil er auch nichts gesagt hat. "Darf ich vorstellen: Ruggero.", schaue ich zu ihm hoch, lächle wie ein Honigkuchenpferd. 

ℒℯ𝓉 𝓎ℴ𝓊𝓇 𝒽ℯ𝒶𝓇𝓉 𝓈𝒾𝓃ℊ -ℛ𝓊ℊℊ𝒶𝓇ℴ𝓁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt