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Die Sonne war bereits untergegangen, als wir vor Alexandria stoppten. Die Quads ließen wir circa eine halbe Meile weit weg stehen und gingen bis zum Tor zu Fuß. Die beiden Mädels waren ebenfalls flink und tödlich, was kein Wunder war, schließlich hatte ich sie ausgebildet.

Drake hatte Wache und ließ uns problemlos über die Wand klettern. Anschließend knockte ich ihn aus, um seine Tarnung nicht zu verraten und schon durchsuchten wir Alexandria. Bis wir auf die Zellen stießen, verging einige Zeit. Die Gemeinschaft hatte sich weiterentwickelt und sie hatten definitiv umgeräumt.

Wir knackten die Tür und stürmten direkt herein. "Negan!", rief ich und mir kamen schon fast Tränen, bis wir bemerkten, dass alle Zellen leer waren. "Wir kommen zu spät.", flüsterte Sharika mitfühlend und legte eine Hand auf meine Schulter, doch ich schlug sie weg. "Nein! Ich habe keine sechs Jahre gedacht, dass er tot ist, nur um zu erfahren, dass er es nicht ist und ich jetzt nur zu spät komme! Nein! Er ist nicht tot!", wütend lief ich wieder raus und blinzelte die Tränen weg.

Ich sah hinauf in den Himmel. "Komm zurück zu mir.", hauchte ich hinauf und schloss die Augen.
Für einen kurzen Moment dachte ich an sein Lächeln. Ich dachte an die Ader auf seiner Stirn, die leicht zum Vorschein kam, wenn er viel nachdachte. Ich dachte an seine raue Stimme. Ich dachte daran, wie er sich durch die Haare fasste, wenn er nicht wusste, was er sagen sollte.

Sharika kam zu mir. Sie fasste mir vorsichtig über meinen mit Gänsehaut überzogenen Arm und holte mich zurück ins Jetzt.
"Er ist hier gewesen.", sagte sie ruhig und gab mir ein altes Polaroidbild in die Hand. Mir floss eine Träne über die Wange. Er war ein Bild von mir, wie ich schlief. Vorsichtig drückte ich es gegen meine Brust. "Ich finde dich."

"Wir müssen los.", brachte Reney ein und sie hatte vollkommen recht. Wir liefen zurück zum Tor und öffneten es, als wir plötzlich von grellem Licht geblendet wurden.
"Keine Bewegung!", rief eine Person, die ich nicht sofort erkannte. Unsere Pupillen gewöhnten sich an das Licht und wir standen vor Michonne, Daryl und Carol.

Ich sah zu Sharika und Reney, jeweils neben mir. Sie waren in Kampfposition mit jeweils zwei Messern in der Hand. So wie ich.

Ich blickte nun wieder nach vor und nahm Haltung an. Michonne zog ihr Schwert und Daryl hatte seine Armbrust gespannt.
"Hallo Freunde.", sprach ich und signalisierte Sharika und Reney, ohne sie anzusehen, sondern nur mit einer Handbewegung, die Messer runterzunehmen, "Es ist lange her. Schön habt ihr es hier."

Ich ging ein paar Schritte vorwärts, doch Michonne hielt ihr Schwert hoch und signalisierte mir stehenzubleiben. "Keine Bewegung!", zischte sie wütend, während ihr Blick zwischen mir und Daryl schweifte. Letztendlich wandte sie sich an ihn. "Ich dachte, du sagtest sie wäre tot!", fuhr sie Daryl an.

Er wiederum schaute nur zu mir. "Was willst du hier?!", fragte er düster.
Ich fing an zu schmunzeln. "Wisst ihr, das ist eine sehr lustige Geschichte. Es ist nicht ein Tag vergangen, an dem ich euch nicht aus den Augen gelassen habe. Scheiße, ich war sogar auf Ricks Beerdigung dabei, obwohl es ja eigentlich keine richtige Beerdigung war. Ihr habt ja nie eine Leiche gefunden. Fakt ist nun aber, dass ihr es fertiggebracht habt, Negan ganze sechs beschissene Jahre vor mir zu verstecken.", während ich redete, verfinsterte sich meine Mimik gewaltig, genauso wie mein Ton, "Wo verdammt ist er?!"

"Er ist abgehauen. Er hat Wind davon bekommen, dass wir ihn hinrichten wollten und ist letzte Nacht verschwunden.", klärte Daryl mich auf. Ich atmete etwas erleichtert auf. "Nun, dann will ich eure Nachtruhe nicht länger stören."

Ich wollte nicht noch mehr Zeit vergeuden und hatte ehrlich gesagt auch keine Lust mehr auf diesen Plausch. Ich drehte mich um und ging aufs Tor zu, da flog ein Messer auf mich zu, was Sharika aber in Kombination mit einem akrobatischen Sprung fing.

"Niemand hat gesagt, dass du so einfach wieder gehen darfst.", sprach Michonne wütend. Ich lachte. "Was willst du denn schon großartig tun, mh? Mich sechs Jahre einsperren bis ich aus deinem lausigen Käfig einfach so mal über Nacht ausbreche?", wieder lachte ich, nahm das geworfene Messer und warf es zu Carol zurück, wobei sie sich aber schnitt.

"Ihr solltet euch lieber mit wichtigeren Dingen beschäftigen. Meine Freundin, Alpha, hat noch einige Pläne mit euch."
Amüsiert öffnete ich das Tor und schickte meine beiden Begleiter schonmal voraus. "Wenn ihr auch nur versucht, mich zu finden, komme ich zurück und brenne hier alles nieder. Das schwöre ich euch!", und mit diesen Wort lief ich in die Nacht und verschwand aus ihrem Blickfeld.

King & Queen || TWD NeganWo Geschichten leben. Entdecke jetzt