Er stöhnte. „Nein, habe ich nicht!", jede Freude war aus seiner Stimme verschwunden.
„Ich konnte dich nicht hinter mir herziehen als sie kamen. Vorher hatte ich dich in deinen Baum gelegt. Sie kamen und wie du wahrscheinlich beobachten konntest sind sie mehr als ich. Ich hatte keine Wahl, ich wäre drauf gegangen und dann hätte dich auch keiner mehr befreien können." Er streckte seine Hand weiter aus.
„Was ist mit meinen Waffen?", sie zitterte am ganzen Leib.
„Habe ich dir zuvor abgenommen, damit Ave sie nicht in die Finger bekommt."
„Wenigstens eine gute Entscheidung hast du getroffen. Gib sie mir!" Jetzt streckte sie ihre zuckende Hand aus. Hitze und Kälte fegten abwechselnd durch ihren geschundenen Körper und ließen sie nichts weiter fühlen als den Schmerz, der sich mit ihnen zog. Einige Regentropfen fielen auf sie und tropften auf den Boden.
„Kann ich nicht. Ich musste sie verstecken. Ich habe meine eigenen Waffen, würde ich all deine Messer mitnehmen wäre ich so laut sein wie ein Trampeltier." Ein Lächeln schlich sich zurück auf sein Gesicht.
Melia krampfte leicht zusammen, als sich eine Welle voller Schmerz durch ihren Kopf zog. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Ihre Kehle brannte heiß, als die Luft durch sie schoss.
„Jetzt nimm endlich meine Hand, damit wir abhauen können." Kaum hatte er seinen Satz beendet fing es hinter ihnen an zu Donnern. Er streckte seine Hand noch weiter aus und war sichtlich erleichtert, als sie endlich seine Hand nahm und sich von ihm hochziehen ließ. Mit langsamen Schritten platschten sie durch das Wasser.
„Dort drüben sind ihre Gequits, wie du vielleicht schon mitbekommen hast. Ich habe schon zwei von ihnen mit einem Seil befestigt, damit wir fliehen können." Er deutete nach rechts und zog sie hinter sich her. Der Regen wurde immer stärker und senkte sich auf ihre Häupter. Den Schlüssel ließ er leise hinter sich ins Wasser fallen und lief sie halb tragend in die Richtung des Geheges. Es donnerte laut, als sich Blitze hinter ihnen in den Wald senkten.
Melia blieb stehen und blickte ihn an. Der Regen lief ihr das Gesicht herunter, doch sie schüttelte langsam ihren Kopf. „Ich muss erst zu Ave."
Er blieb stehen. „Das ist nicht dein Ernst? Du kannst kaum gerade stehen!"
Melia brachte ein Husten hervor und drückte sich leicht von seiner Schulter weg.
„Es muss eine Revanche geben. Ansonsten ist es nicht fair. Ich muss die Chance haben mich an ihr zu rächen.", wisperte sie mit zitternder Stimme und lief schwankend zum Eingang von Aves Zelt. Tabon lief ihr hinterher, doch bevor er sie erreichte, wurde das zitternde Tuch vor Aves Eingang durch einen Windstoß hochgehoben und gab das Innere des Zeltes frei. Direkt hinter Melia ging ein Blitz nieder und erleuchtete sie in grauenhafter Weise. Melia blickte auf die beiden Gestalten, die am Boden lagen und sich küssten. Als Ave sie endlich bemerkte ließ sie den Mann fallen und lächelte sie entrüstet an.
Blitzschnell griff Ave nach ihren Messern und schleuderte sie nach Melia. Das Adrenalin schoss ihr in die Muskeln, ließ sie vergessen, welche Schmerzen sich durch sie zogen, wie wenig Kraft sie hatte, um gegen die gesunde Avellyn zu gewinnen. Der Untergang war ihr nah. Sie würde verlieren, doch erst würde sie mit aller Würde die ihr blieb kämpfen, bis sie erschöpft umfiel.
Geschickt wich sie den blitzenden Messern aus. Kurz schloss sie ihre Augen und hob ihre rechte Hand über den Kopf. Sie würde Ave besiegen, nicht töten, denn sie wollte auch in Zukunft noch mit ihr spielen. Sie zog ihre Hand geschmeidig nach unten und ließ einen Sprössling von Baum aus dem Wasser schießen. Die Spitze traf Ave direkt unter ihr Kinn. Ein entferntes Knacken von Knochen zog sich durch den Schwall von Wasser, der sich auf sie herab goss. Avellyn flog auf den Boden, rammte in den Schlamm, der sich in ihren Körper drängte. Ein Keuchen drang zu Melia durch und sie lachte leise. Selbst am Rand des Todes war sie noch schwächer als eine der besten Mörderinnen dieser Epoche.
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Königstochter
FantasyMelia ist nicht gerade die Prinzessin, die den Vorstellungen entspricht. Im Gegenteil ist sie alles, was eine Prinzessin und Elbin nicht in sich vereint haben sollte. Als ihr Vater sie auch noch mit dem verhassten Erzfeind verheiraten will, dreht si...