Zorn ist das Werk von Hass (4)

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Die Körper um sie herum hatten sich so platziert, dass sie ineinander rankten und ein Kunstwerk für sich waren. Überall stiegen Seelen auf, ermächtigten sich der Luft um sie herum, den letzten Weg in ihre Welt verloren. Der Nebel wurde immer dreckiger, knisterte, als würde er sich aufladen. Melia genoss es, mal etwas anderes zu hören als das stille Schweigen, was die Hingerichteten von sich gaben. Sie schloss die Augen und hörte ihnen zu. Gab ihnen Zeit zu verstehen, wie dumm sie gewesen waren. Sie hörte einen Soldaten neben sich zucken, als sich seine Seele aus dem Herzen löste. Es schien, als sei sie an den Toten geklebt.

Sie öffnete ihre Augen, ignorierte den Nebel, blendete ihn aus. Ihr Blick heftete ich atemlos auf ihre Eltern, die wie festgefroren in einer Schockstarre am Tisch standen. Melia stockte, ihre Mutter war aufgestanden und schaute sie wahrhaftig an. Ebenso ihr Vater, dessen Blick sich auf sie heftete, als wäre sie nicht seine Tochter.

Ein Gefühl des Sieges senkte sich über ihr Haupt. Der Krieg war gewonnen, doch noch nicht zu Ende.

Melia stieg über die noch warmen Körper und strich über die mit Blut verschmierten Gesichter, zog sie an den Haaren zu sich rauf, um sie dann wieder zurückfallen zu lassen. Das Blut spritzte ihr um die Beine, als sie umher watete. Ein Mann stach ihr in die Augen, sie hatte ihn schon mal gesehen. Melia bückte sich zu ihm herunter und drehte seinen Hals zur Seite. Er war einer ihrer ersten Opfer gewesen. Ihre Augen fixierten das Blut, das noch warm und flüssig seine Kehle hinab rann. Wie lange hatte sie auf diesen Moment gewartet? Darauf, endlich einmal das kosten zu dürfen, was sonst in prachtvollen Kluften vor ihr präsentiert wurde. Sie sog den Geruch seines Blutes in sich auf. Er hatte gutes Blut.

Ohne groß nach zu denken drehte sie das Messer in ihrer Hand hin und her. Mit einer zarten Bewegung streifte ihre Zunge seinen Hals und fuhr über die feine Haut, die sich vor Schock zusammen gekrümmt hatte. Sie setzte die Klinge an die feuchte Stelle seines durchtrennten Halses an und schnitt ein Stück des saftigen Fleisches heraus. Es glitt ihr glitschig durch die Finger und landete auf dem Boden. Blut quoll aus der Wunde und sie tränkte ihr Messer darin. Rot glänzte es sie an. Sie fuhr mit der Zunge über das leicht erwärmte Metall. Sie schnitt sich leicht in die Zunge und beobachtete, wie sich ihr etwas dunkleres Blut mit seinem vermischte, kostete davon, als wäre es eine Ware, die sie nie wieder bekommen würde.

Voller Lust neigte sie ihren Kopf und sie biss herzhaft in die offene Wunde. In ihrem Mund mischte sich sein dreckiges mit ihrem reinen Blut und brachte einen ergötzenden Geschmack hervor. Sie riss ihr Haupt zur Seite, um ein Fleischstück aus der Wunde zu lösen. Ihre Zunge fuhr über die feinen Muskeln und Sehnen, bevor sich ihre Zähne trafen und sie das Stück abgetrennt hatte. Ihre Kiefer mahlten das saftige Fleisch zu Brei und sie schluckte es hinunter. Der Geschmack breitete sich in ihrem Inneren aus, schien sie aus zu leuchten. Alles fühlte sich so unwiderstehlich an, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie merkte, wie das feine Blut ihre Mundwinkel hinab rann. Sie hob ihren Handrücken, um es sich mit einer einladenden Geste aus dem Gesicht zu wischen. Es setzte sich auf dem Leder ab und ließ es rotbraun schimmern. Gern hätte sie weiter gekostet, doch sie vernahm weitere Schritte, nicht viele, aber es würde die mit Abstand beste Truppe des Königs sein, ein Barbar hatte wohl ein weiteres Alarm geschlagen. Jedoch nahm sie es dieses Mal als Kompliment an, dass die zweite Garde erscheinen musste, um ihren König zu befreien.

Sie richtete ihren Blick und starrte zu ihrem Vater, der gebannt auf den hektischen Sklaven in der Tür achtete. Sie wusste was er dachte. Sie wusste, dass er ich penetrant fragte, was er da gezüchtet hatte und das zurecht. Sie war ein blutrünstiges Monster, doch nur, wenn man sie dazu zwang. Sie konnte ebenso durchtrieben lieb sein, wie jedes andere entzückende Mädchen, wenn sie nicht gezwungen wurde. Ob ihr sturer Vater das verstanden hatte? Sie wusste es nicht, es war ihr in diesem Moment auch einerlei, denn sie hatte andere Probleme zu lösen. Sie erhob sich aus ihrer gebückten Haltung, die Messer kunstvoll in der Hand schwingend. Noch einmal betrachtete sie das Blut, was langsam auf den Boden tropfte.

KönigstochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt