Alles wird gut, aber nie mehr wie es war (3)

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„Was hast du getan?", brachte er stockend aus seinem vor Schreck steifen Mund hervor.

„Sieht man das nicht?", lachte Melia, den Mund leicht verkrampft, darauf bedacht halb auf dem Muskel auf ihrer Zunge zu kauen.

„Was hast du gemacht?", schrie er sie an und schüttelte wütend seinen Kopf.

Melia zog ihre zweite Hand hervor und versuchte die Erschütterungen auf ihrer Kopfhaut einzudämmen.

„Ich habe Proviant besorgt", kicherte sie leise, die Augen falsch betreten auf und zu schlagend.

„Du hast keinen Proviant besorgt, du hast einen Mann umgebracht!", gellte er aus seinem Mund, leichte Fäden von Speichel verteilend. Seine Augen funkelten schwer, Melia jedoch fest unter sich fixiert.

Sie lachte leicht. Wie naiv er doch war.

Sie funkelte zurück. Sie hatte Spaß, laut ihm zu viel Spaß, doch Schmerz gehörte nicht dazu. Sie rüttelte an seiner steinharten Hand.

Sie starrte ihn wieder an.

„Reg dich ab, es ist nur ein Barbar!" Sie hielt eine Kunstpause, als würde sie etwas realisieren.

„Ach warte, du bist ja auch einer!" Sie legte den Kopf schief.

„Sei bloß vorsichtig, sonst bringe ich dich auch noch um!" Sie bleckte ihre Zähne und fauchte ihn vor ernster Belustigung an.

Ein schwarzes Zittern fuhr durch seine Iris, bevor er ihr mit seiner Hand gegen ihren Kopf schlug und sie von sich weg schleuderte. Schwer fiel Melia auf Rhaels toten Körper. Wenn sie recht darüber nachdachte, sollte sie froh sein derart weich zu landen, dennoch ekelte sie der Umstand an.

Melia drückte sich an der Leiche ab und stand Tabon anblickend auf. Sein Blick war zerstreut und seine Augen haschten gehetzt über das Schauspiel, das sich ihm darbot.

Er hatte sie noch nie derart kaltherzig und rücksichtslos erlebt. Eine Ahnung von ihrer wahren Gestalt hatte sich in seinem Hinterkopf gebildet, doch sie so derart entstellt sehen, setzte ihm mehr zu, als er für möglich gehalten hatte.

Tabon starrte wieder zu Melia. Es lag nicht einmal an diesem toten Mann, dass er derart entsetzt war. Er hatte Rhael gemocht, doch er war nicht sein wichtigster Lebensinhalt gewesen. Viel verwirrter war er durch die plötzliche Gemütswandlung und Fähigkeiten von Melia. War sie zurecht eingesperrt worden? Hatte er ein Monster befreit?

„Nimm dir das Messer vom Tresen und schneide ein paar große Stücken ab. Barbaren-fleisch ist sehr reichhaltig an Speck, es wird uns auf unserer Flucht Kraft geben und auch Freude zu bieten haben." Ihre Stimme war zu stein erstarrt und ihr Lächeln verstorben. Mit einem Finger deutete sie beiläufig auf den Tresen und wandte den Blick ab. Die Dielen unter ihr kartschten laut, als sie sich im Schneidersitz hinsetzte. Zuvor hatte sie sich noch einen weiteren Krug aus dem Schrank genommen, welchen sie nun mit dem zweiten aust austauschte. Trotz ihrer Versuche hatte sich eine beträchtliche Blutlache unter der Leiche gebildet.

Tabon jedoch wagte es nicht sich von der Stelle zu rühren, geschüttelt von Unglauben und Schock. Er konnte nicht begreifen, was Melia gerade vor seinen Augen getan hatte. Mit stetigem Wiederwillen protestierte er gegen den aufschwingenden Gedanken an, dass das normal wäre, dass dieses für Melia normal wäre, aber so viel Grausamkeit war nicht in den Normen. Es gab Elben welche außer sich waren, wie Avellyn, doch das in den letzten Tagen bezaubernde Mädchen wollte sich in seinem Verstand einfach nicht in eine blutrünstige Bestie verwandeln. Sie war verrückt, dass wusste er, doch Ave war eine andere Hürde.

„Warum hast du ihn umgebracht?", brachte er schließlich hervor.

„Sei genauer. Frag, warum ich SIE umgebracht habe." Sie hielt kurz in ihrer Bewegung hin und wartete auf seine Antwort, bevor sie sich besann und wieder leicht zitternd den nächsten Krug umfasste.

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