„Verschmäht sei dessen Zukunft, der dem Feind ein Freund ist" (3)

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Sophell unterdrückte ein herzliches Lachen. Sie legte den Kopf mit all ihrer Haarpracht schief und drückte leicht ihre Lippen zusammen, um das Lachen einzubehalten. Ihr Schoß raschelte, als sie ihre Finger zusammenfaltete. Caphan sah aus wie immer. Und doch irgendwie anders. Ihr Mund verzog sich zu einem schmalen Strich. Es war, als kenne sie ihren Mann nicht mehr. Ihr angehaltener Atem entwich ihren Lungen und sie wandte sich ab. Die linke Hand hebend, strich sie elegant die Vorhänge des Kutschenfensters beiseite, sodass sie die Umgebung betrachten konnte.

Die fade Herbstlandschaft, die sie als letztes vor ihrem Schlaf betrachtet hatte, war verstrichen und hatte sich in unzählige Bauten der Stadt gewandelt. Ein pompöses Haus reihte sich gedrängt ans nächste. Finster blickten ihre Fassaden auf die Straße, über welche ihre Kutschte preschte. Sie strich die Vorhänge sacht zu und lehnte sich wieder zurück. Sie konnte Firells Adel, mit all ihren Vorzügen und hochgestochenen Manieren nicht ausstehen. Jeder einzelne Ring an einem Finger, jede Perle an einer Kette und jeder Edelstein auf der Kleidung erinnerte sie an den Rest der Bevölkerung, aus welchem sie, wie auch der größte Teil der Gesellschaft, stammte. Die einfachen Elben, die wie die Barbaren auf den Feldern schufteten, da sie aus der hohen Gesellschaft der Elben gefallen waren und nun um ihr Überleben kämpfen mussten. Welche sich Tag für Tag die Finger wund arbeiteten, um es den obrigen Herrschaften recht zu machen. Es war der eine Punkt, auf den sie ihren Mann, ihren König, erzogen hatte. Nirgends sonst hatte sie es gewagt in seine Regierung einzugreifen, doch in diesem einen Punkt hatte sie sich mit Nachdruck versichert: Keiner in ihrem Reich würde belustigt auf einem Fest feiern, wenn andere um einen Krümel von Brot kämpften. Sie war froh, dass sie die erbärmlichen Teile, die Anfänge der Stadt durch ihren Schlaf verpasst hatte. So musste ihre Seele nicht anlässlich der Ungerechtigkeit zerspringen und den ohnehin schweren Tag noch düsterer machen.

Sophell ließ nun auch ihren Kopf zurück in die Sitzbank sinken, ihr Blick streifte wieder zu Caphan, in der Hoffnung in ihm eine Ablenkung zu finden. Seine Finger wuselten durch sein zerstreutes Haar, in dem Versuch es retten zu können. Nur kurz danach griff er nach seinem gelockten Bart und versuchte glättend auf ihn einzuwirken. Doch je weiter er seine Haut an den Haaren rieb, desto größer wurden sie um sein Gesicht herum. Ein Lächeln haschte ihr über die Lippen, so wie er es immer wieder herbeizauberte. Sein Blick traf verzweifelnd auf ihren, als sie gerade ihre Hand auf ihren verdeckten Bauch legte. Ihren Mund bereits geöffnet, wollte sie ihm ihre Hilfe anbieten, doch von oben dröhnte ein lautes ‚Wir erreichen das Schloss in wenigen Sekunden' herunter.

Leichte Panik setzte sich in Caphans Blick, als seine Augen erneut den Spiegel trafen. Er sah unmöglich aus. Rasch lehnte sich Sophell nach vorne, strich ihm ein paar Mal durch Haar und Bart, bis die aufbauschende Fülligkeit verschwand. Dankend schenkte er ihr ein aufmunterndes Lächeln. Der Bart verzog sich wieder leicht, sodass er die Geste schnell zurück zog, damit Sophell nicht noch einmal alles richten musste.

Es wurde kurz dunkel in der Kutsche, als sie das Tor ins Schloss passierten. Sowohl Sophell, als auch Caphan beugten sich gleichzeitig zum Fenster. Dieses Mal strich er die Vorhänge beiseite. Durch das gedämpfte Fenster breitete sich eine weiße Fassadenlandschaft aus. Um ihnen herum drehte sich Firells Schloss im Kreis. Sie befanden sich auf einem riesigen runden Innenhof, gefüllt mit perfidem Sand, als wäre es eine Arena. Jeweils an den Seiten schossen Wände in die Höhe, in ihnen, in einer feinen Reihe angeordnet, wohlgeschmückte Fenster, mit Gold umrahmt. In einem endlosen Kreis schlängelten sie sich um sie, so hoch, dass sie das Ende im Himmel nicht erblicken konnte.

Die Kutsche bremste leicht ab, während sie sich kontinuierlich auf den Eingang des Schlosses zubewegten. Das Haupthaus stach aus dem üblichen Kreis, mit seinen schneeweißen Wänden, stechend hervor. Es hob sich, wie ein gewöhnliches Haus, viereckig aus der Rundung heraus. Links und Rechts in Scharen Säulen, während sich unzählige Stufen unter ihnen befanden, die hinauf zum Tor führten. Die Eingangstüren waren aus massivem braunen Holz, umschlossen von gold schimmernden Rahmen. Ein schwarzer Teppich prangte auf den Stufen, von den Türen hinab bis auf den Sand führend. An ihm standen mehrere Elben in feiner Uniform, mit schwarzem Anzug oder Kleid, die Haare sorgfältig hochgebunden. Die Kutsche hielt vor dem unteren Ende des Teppichs. Erst jetzt konnte man erkennen, dass sich unterschiedliche Schwarztöne in Fäden durch den Teppich hindurch umeinander schlängelten. Einer der Männer, geschmückt mit strahlend blondem Haar, zu einem fein geflochtenen Dutt gebunden, griff mit seiner behandschuhten Hand nach der Kutschentür und öffnete sie. Als Ranghöheren ließ man Caphan zuerst aussteigen. Mühselig erhob sich Sophell in ihrem Stoffgewirr  von der Sitzbank und bewegte sich in Richtung der Tür. Erwartend, dass sie allein die Stufen hinabsteigen müsste, war sie überrascht, dass sich ihr ein schwarzer Handschuh entgegenreckte, der sie die kleine Treppe der Kutsche hinabführte. Ihre Schuhsohle knirschte leicht auf dem Sand, als sie die Stufen verließ. Mit einem Nicken dankte sie dem Elben, der ihr nun die Hand entzog.

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