Zeit bringt verhängnisvolle Taten (5)

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Ave beherrschte diese Lektionen fast vollständig.

„Ihr solltet immer gut aufpassen, was um euch herum geschieht, sonst seid ihr schneller Tod, als ihr denken könnt!" Sie grinste die gelähmten Körper an und schlich um sie herum. Sie standen in Reih und Glied in ihren Dreckstiefeln da und starrten stur nach vorne.

„Zieht doch erst eure Stiefel aus, ich will so viel Dreck nicht bei mir im Zelt haben!" Sie strich einem über den Rücken und synchron zogen sich alle die Schuhe aus, als wären sie Marionetten, die von Ave gesteuert wurden, und stellten sie draußen ab, um mit zügigem Schritt wieder an ihre Plätze zurückzukehren.

„Heute habe ich etwas Besonderes vorbereitet. Aber bevor ihr irgendetwas in eurem Gedankengefängnis macht, hört mir genau zu." Sie musterte die Männer. Sie hatte dieses Mal talentierte ausgewählt. Sie würden bald die Grundlagen beherrschen. Sie würde sich einen Spaß daraus machen, sie durch unzählige Prüfungen laufen zu lassen, nur um ihre eigene Langeweile zu vertreiben.

„Ihr befindet euch am Anfang eines Labyrinths. Ihr seid alle im selben Labyrinth, an derselben Starposition. Es ist alles gleich aufgebaut. Ihr sollt hinaus finden, das habt ihr hoffentlich verstanden. Es ist ein einfacher Fluch, aber er wirkt sich auf eure ungeübten Köpfe schwer aus.

Ihr seht vor euch ein wunderschönes Feld aus rosigen Blumen, ein paar Ranken senken sich von den Mauern um euch herab. Vielleicht wächst ein Baum hinter euch. In diesem Labyrinth ist alles möglich, ihr könnt auch hinter der nächsten Biegung vor einem Lavafluss stehen. Seit immer auf der Hut." Sie drehte sich ein paar Mal im Kreis, bevor sie die Jünglinge lächelnd anschaute.

„Eure körperlichen Bedingungen sind eingestellt. Ihr werdet also nicht loslaufen, wenn ihr es in euren Gedanken tut. Wer es als erster schafft", sie lachte süß. „Der kriegt ein Geschenk!"

Sie kam nach vorne und hauchte jedem der Jungs einen Kuss auf die Stirn. Sie schlossen ihre Augen und Ave heftete sich noch einen Moment an den letzten der vier und stützte ihren Kopf auf seine Schulter.

„Herrin...", ertönte es von hinten. Sie hatte den untalentierten Wichtigtuer Rufus vergessen.

„Schon gut, geh und amüsiere dich. Du bist hier fertig!" Sie würdigte ihn keines Blickes und setzte sich vor die Jungs im Schneidersitz auf eines ihrer Lieblingsfelle.

Immer wieder schossen ihr Bilder durch den Kopf, wenn einer von ihnen sich in Gefahr begab. Mal war es eine riesige Spinne, die sich ihnen näherte, mal kamen sie in einen Raum voll mit Diamanten und einem bild-hübschen Mädchen, dem sie eisern widerstehen mussten, um aus ihrem Labyrinth zu entkommen. Das Schlimme an so einer Situation war, dass es für diese jungen Geschöpfe nicht einfach sein mochte, sich aus einer derartigen Illusion zu befreien, schließlich hätten sie dann ja alles was sie sich je wünschten. Genau dort lag die Schwierigkeit, sie sollten lernen sich an nichts zu gewöhnen, denn was sich ihnen anheftete, führte in Kämpfen zu deren Untergang.

Ave öffnete die Augen und sah die vom schwachen Licht beschienenen Körper an. Sie legte den Kopf schief und dachte nach.

Was würde sie mit Melia noch anstellen können? Auspeitschen? Es würde ihr zwar Spaß machen, aber Firell würde sie dafür köpfen lassen. Wer wollte schon eine Braut mit immensen Narben? Ein König auf keinen Fall, Firell schon gar nicht.

Sie schweifte mit ihren Gedanken ab und merkte nur gedämpft, dass einer der Männer auf den Boden gefallen war. Sie blickte ihn an, als er langsam wieder zu sich kam. Der schwarze Rauch von ihrem Fluch waberte um ihn herum und verschleierte sein Gesicht. Sie krabbelte auf allen vieren über die weichen Fälle zu ihm heran und hob seinen Kopf. Mit ihren Händen umschloss sie seinen Unterkiefer und strich sanft über seinen leichten Bart. Seine honigfarbenen Augen musterten sie erwartungsvoll. Sie näherte sich seinem Gesicht sachte und strich mit ihrem Atem sanft seine Haut.

„Du hast gewonnen!", flüsterte sie ihm entgegen, bevor sie sachte mit ihren Lippen über seine fuhr und ihm seinen ersten Kuss raubte. Um sie herum fielen die anderen Körper auf den Boden, doch keiner der beiden nahm das dumpfe Geräusch war. Er richtete sich leicht auf und umschloss ihre Taille, als ein kühler Windhauch und ein kalter Regen ihre Gesichter benetzte.

Ave schaute auf. Es blitze draußen bedrohlich und erhellte den Körper, der vor ihrem Zelt stand.

Der Regen lief die schmale Taille der dunklen Figur herab und ließ sie flüssig erscheinen, wenn das Licht der zuckenden Blitze es streifte. Ave legte ihren Kopf in den Nacken und erkannte unter den zerzausten kurzen blonden Haaren das Gesicht von Melia, ihrer Gefangenen.

Sie ließ den jungen Mann ungeachtet fallen und richtete sich auf, um nach ihren übrigen Messern an ihrem Gürtel zu greifen. Ihr Arm hob sich und schleuderte ein Messer nacheinander auf die Gestalt, die mit minimalen Bewegungen den surrenden Todbringern entging.

Melia lachte Ave an. Sie konnte beobachten, wie Melia eine Hand über ihren Kopf hob und sie geschmeidig nach unten zog. Verwirrt durch ihre Geste bemerkte sie das Rauschen unter ihr erst, als ein heranwachsender Baum unter ihr Kinn fuhr und sie nach hinten katapultierte. Hart landete sie auf dem schlammigen Boden.

Melia drehte ihre verbliebende Hand rasch vor ihrem Körper und ließ den inzwischen kleinen Baum in die Höhe schießen. Die Äste rankten sich um den Stamm und schlugen nach Ave aus. Die Blätter waren scharf wie Messer und schnitten der am Boden liegenden das Gesicht in Streifen.

Benommen durch den heftigen Aufschlag verzog Ave nur leicht ihr geschundenes Gesicht, als sie ihren schmerzenden Kiefer bewegte und sich stöhnend wieder aufrichtete. Matsch und Blut tropften an ihr herunter, hefteten sich an ihre Haut und flossen unter ihr in einer Pfütze zusammen. Sie hörte ein Messer von hinten surren und fing es ab, um nach und nach die Äste vor ihr zu durchtrennen. Mit Freude vernahm sie, wie Melia leise Stöhner von sich gab. Ave biss sich auf die schmerzenden Zähne und spuckte ihr Blut auf die Blätter vor ihr. Ihr Kiefer brannte, ebenso ihre Muskeln, die sich langsam an den immer wiederkehrenden Ranken vor ihr verausgabten.

Ihr Blick wich kurz zur Seite, als sich eine weitere Person durch den Regen schlich und eine Axt auf sie richtete. Doch der kurze Moment der Ablenkung reichte aus, dass ein Ast ihren Kopf streifte und sie auf den Boden warf. Verschwommen sah sie ein paar Lichter des Zeltes auf sich nieder scheinen. Ihre Ohren dröhnten und ihr Gesicht schmerzte. Sie malmte auf dem Blut in ihrem Mund herum und spuckte ihn kraftlos aus. Ihre Haare tränkten sich mit Wasser, ihre geschundene Haut sog den Dreck in sich auf und ließ aufgedunsene Wunden zurück.

Ihre Augen flackerten, als sich ein Gesicht in ihr Blickfeld schob. Nur mit Mühe machte sie es als Melias aus.

„Sei froh, dass ich dich am Leben lasse. Ich will mich noch einmal mit dir messen und dann fairer, wenn ich wieder bei Kräften bin. Aber wie du siehst, wird es so oder so zu meinen Gunsten..." Jemand zerrte an Melia, sodass sie ihren Satz nicht beenden konnte.

Aves Augen schweiften nach oben und Schwärze machte sich in ihrem Bewusstsein breit. Sie nahm noch war, wie Wasser ihr Gesicht umspülte und ihre Wunden aufbrannten, als Melia weg rannte, doch die Dunkelheit umhüllte sie schneller, als dass sie sich hätte vor ihr retten können. Ihre Gedanken fielen in ein bodenloses Loch und sie verlor die Kontrolle über ihren Körper.

Ihre Augen fielen zu und ihre Arme fielen neben ihr ins Wasser. Ihr Körper senkte sich dem Wasser zu und fiel schwer in sich zusammen.

Melia hatte gesiegt.

                                        ~*~                        

Es tut mir so unglaublich leid, dass ich nichts mehr gepostet habe, aber ich steckte tief im Klausuren Stress! Ich hoffe, dass ich es in nächster Zeit öfters schaffe! Zudem hoffe ich, dass das Kapitel einigermaßen gut war. Ich bin am überlegen, ob ich gleich noch eins veröffentliche!

Ansonsten wünsche ich allen eine schöne Weihnacht!

KönigstochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt