Schlechtes Reden bringt niemals gute Taten (3)

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 „Sag mir, was habe ich dir angetan, dass du mich so behandelst?" Seine Stimme wurde fortgehend tiefer, seine Statur, trotz seiner Magerkeit, immer imposanter, als mache er sich für einen Kampf bereit, wobei sich sein Gesicht weitgehend verdunkelte. Melia stutzte leicht. Er spielte sich auf. Wegen Nichts und wieder Nichts. Er wusste, dass er nicht gegen sie bestehen würde und sie wusste es auch, dennoch musste sie es drauf ankommen lassen. Nicht noch einmal würde sie sich als Weib beschimpfen lassen.

„Was du mir angetan hast? Du und dein erbärmlicher Freund haben mich erst in diese Strapazen gebracht. Wenn ihr mich an diesem einen Abend einfach in Ruhe gelassen hättet, dann stünde ich jetzt nicht hier vor dir, um mir immer wieder durch den Kopf gehen zu lassen, wie dumm es von mir ist mit dir zu reiten." Sie ließ das zuvor aufrecht gehaltene Lächeln zusammen brechen. Es stimmte wahrhaftig, nur war es ihr nicht derart wichtig, wie sie ihn glauben machen wollte.

„Was soll ich noch machen, um meine Schuld zu begleichen? Drei Mal habe ich dein Leben bereits gerettet! Es gibt nichts was ich noch für die feine Hoheit tun könnte, sie steht fast in meiner Schuld." Er verbeugte sich leicht spöttisch, den Kopf stets gehoben und feindlich in ihre Richtung blicken. Melia blickte ihn geschockt an, die Linie war überschritten. Sie konnte ihm in seinem Zustand viel verzeihen, doch sein Verstand war noch nicht vollkommen verdorben. Er wusste wovon er sprach.

„Lass diese Worte nie wieder in meiner Gegenwart über den Mund kommen. Du weißt besser als ich, wie sehr ich diesen Begriff verabscheue." Melia drosselte ihre schreiende Stimme langsam. Ein Streit brachte nichts. Würde sie ihn umbringen, dann hätte Ave wieder eine Spur. Sie biss die Zähne zusammen. Es war ein Teufelskreis. Alles was sie tat würde sie verraten.

Die Elbin hob das Messer leicht zitternd vom Boden auf und leckte mit der Zunge gebieterisch über die kalte Klinge, die letzten Blutstropfen aufnehmend und den Geschmack in sich speichernd. Ihr Blick schweifte abwesend zu ihm zurück. Sie musste nachdenken. Der nächste Schritt würde den Ausgang ihrer Flucht bestimmen. Tabon würde es auf einen Streit anlegen und nicht wie so viele Male davor ausweichen.

Würde es zum Kampf kommen, würde er an Erschöpfung sterben. Eine ausgemergelte Leiche, ohne Wunden. Dennoch würde Ave durch ihn auf sie schließen, da die Elbin ihr mit Sicherheit zutraute einen Barbaren zu Tode hungern zu lassen.

Tötete sie ihn im Kampf, bliebe eine Leiche über, die Ave finden und ihr, aufgrund der Schnittwunden, zuweisen würde.

Würde sie ihn jedoch bewusstlos schlagen, wäre er geschwächt und nicht weiter ansprechbar, so kämen sie nur noch langsamer voran.

Umging sie jedoch den Streit, würde Ave aufholen, weil sie jede Stunde Pause machen mussten, weil Tabon sich nicht länger im Sattel halten konnte. Die Frage bei dieser Möglichkeit war jedoch, wie lange Tabon allgemein den ewigen Ritt durchhalten konnte.

Egal welche Richtung sie einschlagen würde, es endete immer auf dieselbe tragische Weise. Avellyn würde sie fangen, bevor sie fliehen konnte.

„Oh Entschuldigung eure Hoheit." Er schickte sich erneut an eine Verbeugung zu machen, zitterte jedoch derart stark, dass er sich rasch wankend aufrichtete, um einen möglichen Fall mach vorne zu verhindern, wobei das Hemd locker an seinen Schultern zitterte.

Melia schüttelte jedoch betreten den Kopf. Sie musste sich zusammenreißen, noch einen Fehltritt durfte sie sich in dieser Situation nicht erlauben. Zudem war es nicht gerade von höchster Intelligenz inmitten dieses elend großen Waldes einen Streit ausbrechen zu lassen und aus vollster Kehle zu schreien. Zwar waren die Bäume hoch und machten den größten Teil des Landes aus, jedoch konnte sich immer etwas in der Nähe befinden, dass den Widerhall ihrer Worte hörte. Im besten Fall wären es ruchlose wilde Tiere, im schlimmsten Ave.

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