Hochmut macht Übermut (3)

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„Weißt du Ave, ich habe sie immer gehasst." Er begutachtete das Bild.

„Alle beide? Kann ich mir nicht vorstellen!" Sie gab ein leises Lachen von sich.

„Ich dachte, es stände schlimm um deine Brust, so wie du eben gekeucht hast!", gab er mit neckender Stimme von sich, bevor er sie absturzartig wieder ernst werden ließ.

„Im Gegenteil, ich habe nur meine Mutter gehasst! Mein Vater, er war ein guter Mann, ich sehe bis heute nicht ein, warum er sterben musste." Er gab wieder ein Lachen von sich, doch weitaus schlechter gespielt als zuvor. Er hob seine rechte Hand und beobachtete das Spiegeln der Sonnenstrahlen in der Machete. Sein feines Blut strömte immer noch aus den offenen Wunden seiner Hand und benetzte das feine Leder des Heftes.

„Ich hasse sie, abgrundtief. Schon seit meiner Geburt. Dieses lächelnde Gesicht, es war nie echt. Es war unehrlich, hinterhältig, aber was sollte man auch anderes von ihr erwarten?"

„Oh, ich weiß wie schrecklich Eltern sind! Du musst mir keine Geschichten darüber erzählen, schließlich müsstest du so langsam wissen, was mit meinen Eltern geschah, als sie sich daneben benommen haben!" Sie hatte die verbliebene Machete herausgezogen und trug sie mit der flachen Seite locker über ihrer Schulter und näherte sich ihm mit schwankend spielerischen Schritten.

„Ja, ich hätte daran denken sollen. Sollte ich mehr denken? Sag es mir?" Er drehte den Kopf kurz und betrachtete sie.

„Dein Hirn denkt bereits zu viel. Vielleicht solltest du deine Aufmerksamkeit eher darauf lenken, was ich mit meinen Eltern angestellt habe. Ich weiß, dass du es jedes Mal in mir siehst, wenn deine schwarzen Augen auf mich treffen." Sie war bei ihm angekommen und flüsterte den letzten Teil des Satzes in sein Ohr, darauf bedacht, dass er nichts von ihr bemerkte oder sah, nur ihre Stimme sollte ihn daran erinnern, dass sie immer noch lebendig war.

„Ich habe sie...", flüsterte sie leise grinsend, darauf wartend, dass er ihren Satz beendete.

„...getötet. Mit 5 Jahren, als sie mir kein Fleisch zum Essen geben wollten. Ich erstach sie mit meiner Gabel", beendete er leichtfertig ihren Satz.

„Richtig, vollkommen richtig!", flüsterte sie ihm nun ins linke Ohr. Firell konnte das unterdrückte Grinsen in ihrer Stimme hören. Es hätte ihm zuwider sein sollen, was sie mit ihren Eltern angestellt hatte, doch im Gegenteil war er ausgehend von dem Ekel über ihr Talent erstaunt.

„Ich bin nicht auf die Idee gekommen, zu meinem Glück, obwohl ich es von meinem Können her hätte tun können." Er zog die Machete hoch und ritzte langsam das Gesicht seiner Mutter auf. Er beobachtete gespannt, wie die einzelnen Fetzen vor ihm auf den Boden fielen. Es war eine äußerst präzise Stickerei gewesen. Er besaß noch eines, ein gemaltes Bild von seinen Eltern, doch würde er dieses zerfetzen, würde es den Anblick seines Vaters zerstören. Er blickte zurück und legte Ave die Machete in die Hand, um den Rahmen des Gemäldes in die Hand zu nehmen. Er schwenkte es leicht nach vorne und befreite es von dem Nagel, der es an die Wand fesselte.

Der Herrscher streckte seine Arme aus, damit er es aus der größtmöglichen Höhe fallen lassen konnte. Langsam ließ er jeden einzelnen Finger los und hörte zu, wie es durch die Luft zischte und ein dumpfes Geräusch von sich gab, bevor der goldbedeckte Holzrahmen auf dem Boden zersprang. Lange blickte er auf den Boden. Seine Mundwinkel erlaschten und sein Gesicht wurde zu einer ausdruckslosen Maske, als hätte er sie sich eben aufgesetzt. Hinter ihm hörte er leise das Leder rascheln, als Ave die Macheten zurück in die Befestigung an ihrem Rücken steckte. Gespannt lauschte er, wie sie ihre Stiefel auf den Boden aufsetzte und den letzten Meter zwischen ihnen überwand. Sie streckte ihre rechte Hand aus und fuhr unter sein Kinn, um ihn zu ihr zu drehen.

„Ich kenne dich." Ihre Augen funkelten bedrohlich.

„Ich weiß." Firells Gesicht fing an zu leuchten, doch das Lächeln seines Antlitzes kam nur schwer wieder an die Oberfläche. Ave ließ ihre Hand sinken und sah zu, wie seine Augen wieder weiß wurden und das betörend leuchtende blau zurückkehrte.

„Ich kenne dich auch", gab er leise flüsternd von sich und strich ihr eine lockige rote Strähne aus dem Gesicht. Er ließ seine Hand an ihre Wange gleiten und fuhr sachte mit dem Daumen über ihre weiche Haut.

„Ich kenne dich." Flüsterte er noch einmal. Langsam näherte er sich ihrem Gesicht, ihr Atem strich über seine Lippen. Langsam schloss er behutsam seine Augen. Kurz bevor er ihre Lippen berührte, fuhr ein Luftzug an seinem Gesicht vorbei. Sie fasste seine rechte Hand, die an ihrer Wange lag und senkte den Kopf, um die immer noch blutenden Wunden zu begutachten.

„Pass das nächste Mal besser mit deinen Fingernägeln auf, du solltest sie dir mal kürzer schneiden und weiß lackieren. Ich tue das auch. Dieses elende Schwarz ist einfach hässlich."

Sie blickte wieder in sein Gesicht, er hatte inzwischen seine Augen geöffnet und sah sie an, begutachtete den blutigen Abdruck seiner Hand auf ihrer Wange.

„Und zudem solltest du einen deiner Ärzte rufen und das behandeln lassen, das sieht nicht sehr gesund aus für einen König." Ihre Augen zischten hin und her. Was wohl in ihrem Kopf vorgehen mochte? Firell fuhr hoch und riss seine Hand aus ihrem sanften Griff.

„Meine Gesundheit hat dich nichts anzugehen, du befolgst lediglich was ich sage!" Sein Blick verfinsterte sich wieder.

„Ach, seit wann ist Schnuffelpuffel denn wieder so grimmig?"

„Lass diesen Ausdruck sein! Eine Person in meinem ganzen Leben hat einmal diesen Namen benutzt und diese liegt jetzt im Grab! Willst du wie meine Mutter enden?" Der Zorn, der für einen kurzen Augenblick in den tiefen seiner Selbst verschwunden war, wellte über ihn.

„Selbstverständlich nicht!" Sie lachte. „Ich würde nie in einem von deinen Kerkern versauern, vorher hätte ich euch alle umgebracht!" Ihre Augen fixierten noch für einen Augenblick seinen aufschwellenden Zorn, bevor sie sich umdrehte und eine ihrer Macheten heraus zog. Mit lockerem Handgelenk ließ sie es kreisförmig durch die Luft surren. Schnellen Schrittes stolzierte sie zur Tür und zerbrach absichtlich die rechte hellblaue Vase im Vorbeigehen, die sorgfältig auf einem kleinen Podest stand, um seinen Zorn noch um ein weiteres Mal zu steigern.

Freudig lachend drehte sie sich der Tür zu und schob sie auf. Bevor sie sie weit genug geöffnet hatte, drehte sie sich noch einmal mit Lächelndem Gesicht um.

„Ich werde sie finden und hierher bringen, in diesen Saal." Sie hielt kurz inne und überlegte.

„Ich hoffe ich darf sie etwas züchtigen, sonst bringt diese Aktion nichts, schließlich bin ich eine Auftragskillerin und kein Neunmalklug, die ein einfaches wehrloses Mädchen in deinen Saal schleppt." Sie gab ein lautes Lachen von sich und schlüpfte durch den Türspalt nach draußen. Sie beachtete die verwirrten Wachen nicht, die den Knall der Vase stets zu identifizieren versuchten und lief mit zügigem Schritt nach draußen zu ihrem pechschwarzen Reittier. Freudig strich sie ihm über die Nüstern, nahm die Zügel in die Hände und setzte sie sich in den leichten Sattel. Sie presste ihm die Schenkel in die Seiten und ließ ihn durch das sich öffnende Tor preschen. Der Weg war nicht lang, bis zu ihrem Lager. Der Wind zauste durch ihre Haare, als sie die Stadt an sich vorbeirauschen sah. Lachend schrie sie in den Wind:

„Ich werde dich finden, Melia von Floralux. Ich werde dich finden!"

         ~*~

Das war das letzte Kapitel....










.....okey, nein, war es nicht. Ich weiß nur nicht mehr, was ich schreiben soll :)                     

Eure Stine!

KönigstochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt