Das Leben läuft nicht immer so, wie man es will (1)

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Hört mir zu und schweigt für einen Moment und bedenkt meiner Worte.

Kinder, lasst mir euch erzählen von den Zeiten der Unruhe.

Reife, lasst mir euch vortragen, wenn die Großen erkalten.

Alte, lasst mir euch berichten, wenn der Feind seine Chance zieht.

Lasst mich euch von seinem Beschluss berichten.


So zog er dahin,

Geschüttelt von innerer Kälte,

Gequält durch Verzweiflung,

Erzürnt seiner eigenen Taten Nachspiel.


Ich will nicht reden von Heldentracht,

Ich will nicht Reden von Mut,

Von Wissen, von Macht,

Denn jeder hat seines eigenen Selbst die Bestimmung inne.


Er wird knechten,

Er wird pflegen,

Er wird raufen,

Er wird hegen.


Doch sieht er nicht die wahre Absicht seiner Handlung,

Den wahren Grund seines Seins

Als Hilfe der Allgemeinheit,

Allein gelassen mit seinem Selbst.


Und das alles, wenn die Göttin unter uns ist.

                Nevas Erwachen

           Herbst, 3.123 nach dem Erwachen der Götter

Die Schatten der Bäume streiften über Firells steif gefrorenes Gesicht. Dunkel flogen sie nach und nach vorüber, berührten die Bleiche seines Antlitzes, suchten nach den hellsten Höhen und den finstersten Tiefen, um sich verängstigt wieder zurück zu ziehen. Der schwarze Gequit Hengst unter ihm schnaubte nervös, denn auch er wusste um die Grausamkeit seines Herren, schien vor ihm fliehen zu wollen, ohne ihm entkommen zu können. Die schweren beschlagenen Hufe sprengten den Schlamm in die Luft. Tänzelnd rieselte er auf Firells Begleiter im Hintergrund nieder, so wie Schneeflocken es zu tun pflegten. Doch wie als hätten sie eine eigene Seele achteten die Fetzen gefüllt mit Dreck genau darauf, dass sie die entsetzliche Aura des Königs nicht berührten..

Die Augen des Hengstes peitschten panisch in seinen dunklen Augenhöhlen umher, der Suche nach Hilfe nachgehend, gerade als die weiße Stute von Tirmes sich den Weg in sein Sichtfeld bahnte. Er schien sich neben ihr verstecken zu wollen, als würde sein Gewissen nicht ertragen dieses Monster auf sich zu tragen. Seine Ohren zuckten abwechselnd zu seinem Herren, um erneut angstverzerrt um Beistand zu beten, darauf bedacht wenig Aufsehen zu erregen. Trommelnd hämmerten seine Füße auf den Boden, immer schneller und schneller, um seinen Meister an sein unbestimmtes Ziel zu tragen.

„Herr!", rief Tirmes ihm zitternd nach, da seine Stute kaum Schritt halten konnte.

„Wo reiten wir hin?" Seine dunklen Augen wankten Firell erwartungsvoll zu, den Kopf jedoch demütig vor dem König gesenkt.

„Zu einer Beratung.", zischte Firell mit dunklem Murren.

Leicht gehetzt suchte Tirmes nach Worten, bis er seiner Stute die Hacken in die Seiten grub, um erneut das Gespräch mit Firell zu suchen.

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