Instinktartig wanderten ihre Finger zu seinem Hals.
Das pochende Fleisch war noch warm. Zwei ihrer Finger glitten neben seine durchtrennte Luftröhre.
Sie spürte wie die Wärme langsam aus dem Körper wich. Sie strich die Luftröhre entlang. Ihr Lehrer hatte immer gesagt, dass sie sich komisch rau anfühlen würde, doch das, was ihre Finger ausmachten fühlte sich weder rau noch komisch an. Wie bei einem Fell strich sie durch die Adern, als wären es kleine Haare, die sich um ihre Haut schmiegten. Es war eines der schönsten Gefühle, die sie je erfahren durfte. Sie schloss die Augen. Auf ihren Lidern brannte ein Feuer vor Kampfeslust und der Gier nach mehr Blut, nach mehr Tod. Es war ein regelrechter Tötungsrausch, der um sie fuhr.
Für einen Augenblick ließ sie ihre Gedanken schweifen, bis ein Klirren die träge Stille durchbrach.
Innerlich fluchte sie. Wie hatte sie sich nur so ablenken lassen können? Sie musste hier raus und das so schnell wie möglich, denn die Männer waren den Klängen nach zu urteilen bei ihrem Vater angekommen und wussten nun die Wahrheit. Sie würden sich auf den Weg machen.
Sie musste schnell sein.
Das Messer ihrer linken Hand wanderte durch das saftige Fleisch. Eine kleine Stärkung würde nie schaden. Sie rappelte sich auf, blickte noch einmal hinter sich in den glänzenden Korridor.
Wie sehr sie dieses Schloss doch hasste.
Eine schleichende Zeitlupe wand sich um sie, während ihre Füße donnernd auf den Boden stampften. Sie sah die Zeit an sich vorbeirauschen, während sie fast auf der Stelle stand. Sie musste schneller rennen. Ihre Füße drückten sich noch stärker von den Fliesen ab, die cremefarbend unter ihr prangten. Das feine Messer ihrer rechten Hand streifte lautlos über die glänzenden goldenen Tapeten und schlitzte sie in einer langgezogenen Linie auf. Ihre andere Hand wanderte immer wieder gierig zu ihrem Mund, der lüsternd in die Muskeln und Sehnen biss. Das warme Blut rann ihr das Kinn herunter und tröpfelte auf den Boden, der unter ihr hinweg flog.
Sie hinterließ eine Spur. Eine Spur des Sieges.
Es würde die Männer zu ihr locken, doch wenn der Hauptmann auch nur ein wenig Verstand besaß, dann würde er ohne Umschweife wissen, dass sie ihr Gemach aufsuchte. Er sollte wissen, zu was sie fähig war, was sie vollbringen konnte. Dieser Tag würde ihm eine Lehre sein, dass wusste sie, auch wenn er noch nicht vorbei war.
Der Sieg war ihrer.
Die massive Tür ihres Zimmers tauchte vor ihr auf, ihre Schritte wurden langsamer. Sie schlang das letzte Stück des Soldaten herunter und genoss den Geschmack in ihrem Mund. Sie war süchtig danach und die Sucht würde nie aufhören. Ihre blutige linke Hand schmiegte sich um den Türknauf und drehte ihn zur Seite. Sachte schwang Melia die weiß-gold verzierte Tür auf und lugte in den wundervollen Raum hinein.
Leer.
Kurz begutachtete Melia ihre brutalen Trainingsmaschinen für den Kampf. Ein Schmunzeln stahl sich auf ihr Gesicht. All das, was sie jetzt beherrschte, hatte sie durch die monströsen Maschinen erlernt. Doch viel Zeit zum Begutachten blieb ihr nicht. Sie streifte ihr Messer an dem Bettlaken ihres riesigen Himmelbettes ab. Sie drehte sich um und begutachtete ihren begehbaren Schrank. Er war über und über befüllt mit Trainingsanzügen aller Art. In schwarz und weiß, sowohl in der Farbe ihres Volkes, grün, und der Farbe des Himmels, des Lichts und der Nacht. Sie griff nach dem ersten der ihr ins Auge fiel. Es war keine Zeit vorhanden, um lange zu stöbern. Schwarzer Glanz ergoss sich in ihre Hände, als sie sich umzog. Er würde ihr Wärme spenden. Es war zwar noch Ende Sommer, aber sie wusste, wie schnell das Wetter an diesen Tagen umspringen konnte und sie hatte nicht vor auch nur einmal hierher zurück zu kehren, um sich an ihrer Kleidung neu bestücken zu müssen. Ihre Hand griff nach den Messern an der Wand, die sie geschickt in die Vorrichtungen ihres Anzuges streifte. Sie betrachtete den Kessel, der in der Mitte ihres Zimmers stand. Er war über und über befüllt mit Edelsteinen und Geld. Sie packte einen ihrer Säcke zusammen und füllte ihn bis oben hin auf.
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Königstochter
FantasyMelia ist nicht gerade die Prinzessin, die den Vorstellungen entspricht. Im Gegenteil ist sie alles, was eine Prinzessin und Elbin nicht in sich vereint haben sollte. Als ihr Vater sie auch noch mit dem verhassten Erzfeind verheiraten will, dreht si...