„Verschmäht sei dessen Zukunft, der dem Feind ein Freund ist"

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Spätherbst, 3.123 nach dem Erwachen der Götter

Sophell wurde von einem lauten Klopfen aufgeschreckt.
„Die Herrschaften. Wir werden in nur wenigen Augenblicken den Hof der Todelben erreichen. Sollten sie während der Fahrt eingenickt sein, wäre nun die Zeit sich zurecht zu machen. Wir werden im großen Hof halten und ihr werdet von dem König selbst empfangen werden." Die Stimme des Kutschers drang von oben gedämpft durch das rot gestrichene Holz hinunter in die behagliche Kutsche. Die Sitzpolster waren mit rotem Samt bezogen und zu ihrem Glück war die Kutsche bei den Feuerelben gefertigt worden. Ein ewig loderndes Feuer zog sich durch die Wände der Kutsche, jedoch nie das Holz verspeisend, und hielt den kleinen Sitzraum angenehm warm. Sophell taten die Kutscher stets etwas leid, da sie in der Kälte über ihnen ausharren mussten, während sie ohne jeglichen Mantel die Zeit totschlagen konnte.

Ihr Kleid raschelte laut, als sie sich langsam aufrichtete. Der Kutscher hatte gut getan, sie aufzuwecken. Ihr Blick fiel auf den ihr gegenüber sitzenden Mann. Sein Kinn war auf seine Brust gesenkt und ein leichtes Atemgeräusch durchzog von Zeit zu Zeit die Kutsche. Mit Vorlieben hätte sie gerne einen derart tiefen Schlaf, wie Caphan ihn hatte. Andererseits war sie nun wach und konnte sich vor der Ankunft noch einmal herrichten.
„Ich danke dir Ineel. Ich bin jetzt wach." Mit großer Anstrengung versuchte sie sich inmitten all der Kleiderpracht, die ihre Schneiderin ihr angedreht hatte, vollständig aufzurichten. Es mochte wohl im Stehen ein prächtiges Kleid sein und ihren Bauch kaschieren, doch es war alles andere als angenehm sich in ihm zu bewegen, noch weniger zu sitzen. Selbst laufen war für sie zu einem unangenehmen Akt geworden. Ununterbrochen strichen ihr all die Stoffschichten in unglaublicher Schnelle immer wieder zwischen die Füße und ließen sie mitten im Gang innehalten, um einem Sturz zu entgehen.

Sophell hatte ihrer Schneiderin eigentlich angewiesen, nichts allzu Auffälliges zu schneidern. Zu ihrem Unglück muss die Schneiderin jegliche Kommentare ihrerseits aus ihrem Gedächtnis verbannt haben, da das Kleid ins gänzlich andere umgekehrt war. Das Kleid, was sie am Leibe trug, war nicht etwa furchtbar und entsetzlich, es war nur zu viel für ihren Geschmack. Sie blickte mit einem dennoch wertschätzenden Blick an sich herab.

Sie erahnte ein leichtes, dennoch freudiges Geflecht aus pastellen Rosen, dass sich um ihren von einem hellen blau-grauen Korsett gehaltenen Busen schmiegte. Über das mit feinster Spitze übersäte Korsett fiel ein ebenso hellblau-grauer Stoff, der sich an ihrer Hüfte mit einigen dunklen, dennoch leuchtenden, Blautönen paarte, während, unter diesem leicht Durchscheinenden, purpurne und mandarine Töne zur Sicht kamen. Sie lugten unter ihnen empor, wie ein Tagpfauenauge, der das erste Mal seine Flügel dem Himmel empor streckte. Wie kleine Tupfer saßen getrocknete Lavendelsträucher, Elfensporn und Amaryllis auf der obersten Schicht an Stoff über den bodenlangen Rock verteilt. Feine goldene Drähtchen rankten sich ausgehend von ihrem Dekolleté ihr Korsett hinab, bis zu den Ansätzen ihrer Hüfte. Sie strich geschmeidig über die sanften Stofflagen, die leicht in der Sonne glitzerten.

Die Königin wusste nach wie vor nicht, wie ihre Schneiderin zu der Annahme gekommen war, dass dieses Kleid unauffällig war, doch sie hatte keine andere Wahl gehabt. An diesem Morgen hatte sie es zum ersten Mal gesehen und an sich getragen. Leider hatte die Schneiderin ihre Sprachlosigkeit als gutes und nicht als schlechtes Omen angesehen. Sie war der festen Überzeugung gewesen, dass die Königin ihr Reich in all seiner Pracht präsentieren müsse. Doch Sophell wäre es lieber gewesen, hätte sie sich der düsteren Hofkleidung von Firells Hof anpassten können.

Von oben drang ein ,Nicht zu Danken, eure Majestätˋ herunter. Es raschelte noch einmal lautstark, bevor Sophell es geschafft hatte sich wieder aufrecht hinzusetzen. In dem kleinen Spiegel, der gegenüber bei ihrem schlafenden Mann platziert war, richtete sie schnell die kleinen Härchen, die sich während der langen Fahrt aus ihrem ansehnlich, blonden Haar gelöst hatten. Die Dame, die sich um ihr restliches Aussehen gekümmert hatte, hatte sich wohl mit der Schneiderin abgesprochen. Die Haare waren ihr zu einem Dutt gesteckt worden, aus welchem jeweils an ihrem Gesicht und an ihrem Nacken einige gelockte Strähnen gelöst worden waren. Nur das junge Mädchen, welches sie für Schminke beauftragt hatte, hatte sich an ihre Anweisungen gehalten und die Farben, passend zum Kleid, sanft und natürlich gelassen.

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