„Hast du vergessen, dass du Holz holen wolltest? Das kannst du wohl eher nicht auf dem Rücken deines Hengstes." Faylan schloss die Tür wieder und machte Anstalten das zweite Tier aus der Box zu holen. Levelay derweilen ließ den Sattel sinken. Er hatte mal wieder Recht. Sie schlurfte zurück in die Sattelkammer zehn Schritte weiter und holte das Kutschgeschirr heraus. Hob es auf das Tier und begann es fest zu schnallen. Faylan band seinen Hengst weiter vorne ebenfalls an, putzte ihn und setzte das Geschirr auf.
„Es ist ein eisiger Tag heute." Sie hatte zwar, entgegen der Kleiderordnung, eine Lederhose an, doch die Kälte zog sich in ihr Gemüt. Levelay hatte sich zu ihm umgedreht. Gedanken kreisten um ihren Kopf, die ihre Situation nur noch schlimmer aussehen ließen. Er starrte sie an, die Finger am Zaum des braunen Hengstes.
„Das ist es wahrhaftig." Faylan senkte wieder den Kopf und schnürte die Trense zu.
„Faylan?" Sie machte einige Schritte nach vorne, sodass sie ihm in die Augen sehen konnte, den braunen Hengst zwischen sich. Es waren schlechte Zeiten. Die Welt um sie herum wusste es noch nicht, doch Krieg, Armut, Krankheit und Hungersnot würden kommen. Und das in nicht all zu ferner Zukunft. Sie konnte die Spannung des Grausals bereits in der Luft spüren, das Kreischen der Barbaren, Elben, Tiere und selbst der Pflanzen.
„Versprich mir, dass du mich nicht verlässt." Ihre Stimme zitterte leicht. Sie hatte keinen mehr außer ihn. Keine Familie, keine Freunde. Nur ihren Lehrling, der um all ihre Schwächen, um ihre Stärken, um ihre Fehler, aber auch von ihren erfolgreichen Taten wusste. Sie redete mit ihm an guten Tagen, sie stritt mit ihm an schlechten Tagen. Er war ihr Lehrling, aber auch ihr Mitelb. Sie hatte sich an seine pure Anwesenheit gewöhnt.
„Wird die Zukunft derart schlimm?" Er hatte seinen Kopf wieder gehoben. Seine Augen strahlten durch die dämmrige Dunkelheit des Stalles. Es schien, als würden sich von ihm ausgehende Flügel beschützend über den Raum senken. Die Pferde wurden nervös.
„Noch schlimmer, als du dir ausmalen kannst." Es war besser, wenn sie ihm nichts erzählte. Es war für alle besser, dass sie die Zeit bis dahin noch ohne dunkle Gedanken genossen. Die Welle des Unglücks war im Anmarsch.
„Ich werde bleiben, was auch immer kommen mag." Er schenkte ihr ein Lächeln, griff nach den Zügeln des Hengstes und zog ihn Richtung Tür, um ihn anzuspannen. Levelay fiel ein schwerer Stein vom Herzen und ihr Brustkorb atmete erleichtert auf. Sie würde nicht gänzlich allein durch diese Zeit gehen müssen. Sie starrte ihm hinterher, bis der Schweif des Tieres durch die große Tür geglitten war, dann drehte sie sich um und zäumte ihres auf.
Bis Melia kam, musste sie sich überlegen, wie sie ihr möglichst schonend von ihrem Schicksal beibrachte. Würde sie sofort mit allem rausrücken, könnte die Geschichte eine vollkommen andere Wendung eingehen, jedoch mit demselben Ende. Erzählte sie ihr nur etwas, gerade das wichtigste, dann würde die junge Dame ihr keinen Glauben schenken. Und wenn sie schlussendlich nichts erzählen würde, dann müsste Melia ohne jegliches Wissen ihren schweren Weg gehen. Rat- und planlos. Levelay blickte dem Rapphengst in die Augen.
„Sie tut mir leid. Ihre Schultern sind schwer beladen." In Gedanken fügte sie noch ein ‚Ich weiß nicht, wie lange sie das aushalten wird' hinzu. Levelay wusste vor allen was geschah. Sie musste es ihnen allen beibringen. Sie war diejenige, die als böse Person einsam zurück blieb, weil sie der Überbringer der schlechten Nachrichten war. Die Barbaren und Elben kamen um Rat zu suchen und es war an ihr ihnen zu sagen, dass ihre geliebte Person es nicht in den nächsten Tag, in die nächsten Vollmond, ins nächste Jahr schaffen würde.
Viele wünschten sich, wie sie die Zukunft zu sehen, zu wissen, dass sich der Lebensstandard verbessern würde, ihre Träume in Erfüllung gingen oder ihnen gutes widerfahren würde. Sie malten es sich rosig aus, doch die Realität war brutaler als sich alle vorstellten. Sie war gemeinhetzig, schlecht und unangenehm.
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Königstochter
FantasyMelia ist nicht gerade die Prinzessin, die den Vorstellungen entspricht. Im Gegenteil ist sie alles, was eine Prinzessin und Elbin nicht in sich vereint haben sollte. Als ihr Vater sie auch noch mit dem verhassten Erzfeind verheiraten will, dreht si...