Hört mir zu und schweigt für einen Moment und bedenkt meiner Worte.
Kinder, lasst mir euch erzählen, wenn die Göttin auf die Erde kommt.
Reife, lasst mir euch vortragen, wenn die Göttin den Gott findet.
Alte, lasst mir euch berichten, wenn die Göttin stirbt.
Lasst mich euch von dem Neuanfang unterrichten.
Wenn die Welt sich neigt,
Die Toten singen
Und die Lebenden klagen.
Wenn die Göttin wird finden ihren Gott,
Wenn der Gott wird wiederfinden seine Liebe,
Dann wird die Welt sprießen,
Dann wird das Unglück kommen.
Die Göttin wird Leben und Sterben,
Der Gott wird sich umwenden
Und finden was er ist.
Der Gott wird hinterfragen,
Während die Göttin ihr Leben gibt
Für das, was sie nicht zu erkennen mag.
Dann und nur dann,
Wird die Göttin sich heilen,
Sich selbst neu Erschaffen
Und weiter unter uns weilen.
Um zu beschreiten den Weg,
Den sie sich nie wünschte.
Nevas Erwachen
Langsam schlich sich die Sonne in den noch bläulichen Himmel und benetzte die Wolken mit einem Schleier aus den unterschiedlichsten Farbgemischen, die sich über den Horizont ausbreiteten. Sein müdes Gesicht in den Händen vergrabend, stütze sich Tabon auf seinen erschöpften Beinen auf. Mit Druck wischte er sich durch das Gesicht, in der Hoffnung sich seine Müdigkeit aus dem Gesicht zu streichen. Langsam setzte er sich wieder auf und blickte den düsteren Waldrand vor sich an. Die Schaukel, auf der er sich befand, quietschte leicht als er sich zurücklehnte.
Sie waren, wie er es Melia versprochen hatte, zum Gasthaus geritten. Er hatte ihr Gequit als Handpferd mitgenommen und sie vor sich in seine Arme gebettet. Bis zum Morgengrauen waren sie durch die nassen Bäume geritten und durch den Matsch geprescht, der sich mit dem toten Laub zu einer ekelhaft stinkenden Masse zusammengemischt hatte. Stunden, in denen Melia immer wärmer wurde, in Schweiß gebadet und rot glühend. Halluzinationen hatten sich in ihre Fieberträume gemischt. Immer wieder hatte sie angefangen zu schreien, sich an ihn zu klammern, um sich dann erschöpft in seinen Armen niederzulegen. Sie hatten Glück, dass sie das abgelegene Gasthaus schnell erreichten, denn Melias Zustand verschlechterte sich von Minute zu Minute. Das Haus war so klein und abgelegen, dass sich nicht viele Gäste hier her trauten. Mit Freuden wurden sie in den leeren Zimmern des Gasthauses empfangen. Seit zwei Tagen nächtigten sie schon hier. Zwei Tage, in denen sich nichts an Melias Befinden geändert hatte.
Die Stunden, in denen sie gebettet in seinen Armen vor sich hin zitterte, waren die längsten und abscheulichsten, die Tabon jemals erlebt hatte. Er hatte mit ansehen müssen, wie ihr eine Träne nach der anderen die heißen Wangen hinabliefen, wie ihr Körper immer wieder verkrampfte und wie sie sich vor Schmerzen die Lippen wund biss. Nicht nur einmal war in seinem Kopf der Gedanke aufgekommen, dass er das nicht aushalten konnte. Sein eigenes Gewissen hatte ihn vor dem Anblick schützen wollen, ihm eingeredet, dass er sie sich selbst überlassen sollte, nur damit seine Augen nicht ihren Untergang mit ansehen mussten. Es hatte ihm die fein säuberlich gesponnene Lüge erzählt, dass sie es nicht wert war, sie hasste ihn, ob er wollte oder nicht, selbst das hatte sie im Fieberwahn deutlich genug gemacht. Er war nur ein Barbar, nicht weiter, nicht wertvoller, als unter ihr zu stehen und sie zu bedienen. Immer wieder hatte Tabon sein Herz pochen gehört, wie es sich gegen die grausamen Anschuldigungen seines Verstandes wehrte und ihn weiterreiten ließ. Allein das stetige Pochen in seinen von der Kälte tauben Fingern ließ ihn die nicht endenden Stunden überstehen.
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Königstochter
FantasyMelia ist nicht gerade die Prinzessin, die den Vorstellungen entspricht. Im Gegenteil ist sie alles, was eine Prinzessin und Elbin nicht in sich vereint haben sollte. Als ihr Vater sie auch noch mit dem verhassten Erzfeind verheiraten will, dreht si...