„Dieses Kind soll den Mund halten, es ist mitten in der Nacht. ICH WILL SCHLAFEN!" Die Stimme der Nachbarin dröhnte durch den gesamten Kerker und hallte an den Wänden wider. Zeramonik hielt in ihrem Lachen inne, zog eine Hand vor ihren Mund und kicherte leise unter ihr weiter, während sie dem Echo lauschte. Nach und nach versiegte ihr Lachen, doch ihr verborgenes Lächeln blieb. Ihre Augen wurden wieder ganz groß, als wollte sie oh sagen. Tabon wuschelte ihr durch die gelockten Haare und stieg wieder zu ihr ins Bett. Er bedeckte sie mit einer der großen Decken, stellte seine Beine auf, hielt sich mit den Armen leicht oben und baute so ein kleines Zelt, in welchem sie mit schadenfrohem Gekicher saß, als könnte sie keiner außerhalb der Höhle hören.
Tabon spielte noch eine recht lang anhaltende Zeit mit dem kleinen Mädchen, musste sie jedoch permanent mit einem Finger auf den lächelnden Lippen zur Ruhe ermahnen. Die Nachbarin erhob nicht noch einmal das Wort. Nach geraumer Zeit klappten Zeramoniks Lider endlich nach unten, ihr Körper erlaschte leicht und fiel erschöpft zurück ins Kissen. Tabon legte ihr eine der zurückgeschobenen Decken über und starrte auf ihre kleinen Hände. Sie hatte sich die Daumen in den Mund gesteckt und lutschte in seliger Ruhe an ihnen. Wieder huschte ihm ein Lächeln über die Lippen. Er versuchte die Tränen zu unterdrücken, die sich erneut in seinen Augen sammelten. In den vergangenen Tagen hatte er wenig bis gar keine Zeit für sich allein gehabt. Nur wenn sie schlief, blieben ihm wenige Augenblicke mit sich allein. Seine Lippen bebten leicht und die Tränen rannten in seinen Augen umher. Seine Maske war wieder gefallen.
Er setzte sie nur ihret wegen auf. Sie sollte noch nicht in vollem Ausmaß wissen, wie unsäglich schrecklich ihre Umgebung war. Sie tanzte mit ihrer Laune stets durch den kleinen, inzwischen fast zerstörten Algenteppich und dabei wollte er es auch belassen. Seine Hoffnung lag darin, dass die Jahre der Zukunft sie vergessen ließen. Er schluckte schwer. Gefühle waren nicht das Einfachste, was es auf Erden gab. Er unterdrückte ein Schniefen, wischte sich stattdessen die Flüssigkeit unter der Nase mit seinem Hemd weg und legte den Kopf in den Nacken, sodass es nicht weiter auf seine Lippen lief. Was wird er machen, wenn Melia nicht zu ihm kam? Wenn sie ihn nicht retten würde? Was würde Firell wohl mit ihm anstellen? Oder besser gesagt Ave?
Seine Finger bebten leicht, als er sich erneut die Nase rieb. Er war nicht der Starke, Verrückte den er ihnen vorspielte, den er ihnen im Käfig vermeintlich gezeigt hatte. Diese Maske war seine Schwerste und er hatte nicht viel Kraft übrig, um sie noch ein weiteres Mal aufzusetzen. Wenn nur einer von oben zu ihm herunter kommen würde, würde er zu ihren Füßen liegen und um Gnade bitten.
Er schluckte noch einmal schwer und lauschte dem sachten Atem von Zeramonik. Sie war noch so unschuldig, so unberührt von der Welt. Sie war sein kleiner Engel inmitten all der Dunkelheit um ihn herum. Er schob die Decke leicht zurück und ließ sie gerade so weit fallen, dass ihr Kopf hinausschaute und sie atmen konnte. Ein unterdrücktes Lächeln strich ihm über die Lippen, als er sich aufsetzte und an die Kante des Bettes glitt. Das Holz und das Metall drückten mit ihren scharfen Kanten leicht in sein Fleisch. Mit der rechten Hand strich er sich die schulterlangen Haare aus dem Gesicht, hielt sie noch für einen Moment an seiner Stirn fest, bevor er sie in einem kleinen Dutt festigte.
Schwer atmete er ein. Melia musste kommen. Er wusste nicht, wie er anders überleben sollte. Zu diesem Zeitpunkt war er lediglich das Spielzeug zwischen den Fronten. Eine Ewigkeit würde er sich dort nicht halten können, bevor er zermalmt werden würde. Firell würde ihn nicht ewig als Köder benutzen. Irgendwann wusste er, dass Melia nicht anbeißen würde. Es war, als würden die Liebe der beiden in anderen Gewässern schwimmen und nur Firell würde den Unterschied zwischen Salz- und Süßwasser nicht sehen. Doch zu ihrem Unglück schwamm Ave mit ihm und sie war sich dessen bewusst. Sie würde Firell die Wahrheit zuflüstern, sodass er ihn vor den Augen des Volkes hinrichten würde. Vielleicht würde er es Hochverrat, vielleicht Mord oder auch einfach nur Diebstahl nennen. Entweder ihm oder Ave würde eine Ausrede einfallen, wegen welcher sie ihn hinrichten konnten.
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Königstochter
FantasyMelia ist nicht gerade die Prinzessin, die den Vorstellungen entspricht. Im Gegenteil ist sie alles, was eine Prinzessin und Elbin nicht in sich vereint haben sollte. Als ihr Vater sie auch noch mit dem verhassten Erzfeind verheiraten will, dreht si...