„Bist du nicht die Königstochter? Die die überall gesucht wird?" Sein Blick wanderte zu seinem Freund, der seinen Kopf langsam zu ihr drehte.
Turan erhob sich von seinem aufgebauten Klappstuhl und sah sie durchdringend an, das Feuer flackerte störrisch über sein Gesicht und entblößte den leichten Bart, den er trug. Seine Haare waren kurz geschnitten und seine Augen glänzten in einem satten honigbraun.
„Sie sieht aus wie auf den Bildern", flüsterte er leise über das knackende Feuer. Der Rauch stieg über ihn hinaus, streifte sachte seinen Mantel, bevor es sich um sein Gesicht schlängelte und in der Nachtluft verschwand.
Melia schaute sie verdutzt an. „Mein Abbild soll wo hängen?" Sie rieb sich die Hände und blickte zu ihm hoch.
„Mädchen, du wirst gesucht, mit einem äußerst hohen Kopfgeld!", rief Tabon übers Feuer. Er hatte auf einem weiteren Stuhl Platz genommen und versteckte seine Finger in den Taschen seines Fellmantels, der rot im Schein des Feuers loderte.
„Vielleicht sollten wir sie fangen? Das Geld wäre mir recht!" Turan lachte laut und lief langsamen Schrittes um das Feuer herum. Seine Schritte wirbelten einige Blätter auf, die sich knisternd im Feuer entzündeten und um ihn herum stiegen, bis die Asche auf sein Haupt niederrieselte.
„Ich lasse mich bestimmt nicht von dir festnehmen", lachte Melia ihn an, den Blick wieder vor sich auf die Hände richtend, die sich langsam aufwärmten.
„Lass sie in Ruhe Turan. Sie ist verletzt, du solltest ihr wenigstens die faire Chance geben entkommen zu können. Schau sie dir an, sie kann nicht mal laufen." Tabon zeigte mit dem Finger auf ihr geschwollenes Knie. Seine Haare schlugen um sein Gesicht, als er sachte mit dem Kopf schüttelte. Sie waren braun und leicht gelockt, hingen ihm bis zu den Schultern hinab.
„Umso besser, wenn sie uns nicht entkommen kann." Turan lächelte schelmisch und näherte sich immer weiter mit langsamem Schritt. Melia konnte das Laub unter seinen Füßen knacken hören, das Schnauben ihrer Stute und das aufgeregte Zwitschern der Vögel um sie herum. Der Geruch von Schweiß stieg ihr in die Nase, den Duft von Freude untergemischt. Sie verzog das Gesicht. Dieser Mann war ekelhaft.
„Wie wäre es jetzt gleich? Ich habe noch ein Seil im Rucksack, ich müsste es nur noch raus holen..." Seine Augen glänzten vor Vergnügen. Gelassen hob er seine Finger und ließ sie einen nach dem anderen Knacken. Melia wand ihren Blick ab und suchte den von Tabon, doch seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt dem Aufspießen des Hasen vor ihm.
„Wie viel haben sie auf meinen Schädel ausgesetzt?" Melia blaffte ihn an. Dieser Barbar war nicht ganz bei Sinnen.
„Soll ich es dir verraten? Es sind einhundert Goldsinger." Goldsinger war die Währung, die die Elben eingeführt hatten. Ein Goldsinger bestand aus einhundert Silberlingen.
Ein Lachen dröhnte um ihre Ohren, bevor Turan seine Stimme wieder erhob.
„Dein Vater hat dich anscheinend nicht so lieb, wie du dachtest?" Sein Blick studierte ihre Reaktion, doch Melia ließ sich nichts anmerken. Es war klar, dass ihr Vater hatte sie bestrafen müssen, aber auf diese Weise hatte sie ihre Strafe nicht erwartet.
„Sollte ich es tun? Soll ich das feine Prinzesschen fangen? Oder mich eher ehrwürdig vor der hohen Majestät Verbeugen?" Er lachte und beugte seinen Oberkörper leicht zu ihr herunter. Sein Atem stank faulig und zog sich in ihre Nase, als würde er sie vergiften wollen. Sie schnaubte laut und richtete sich mit zusammengebissenen Zähnen auf.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mich so einfach fangen lasse. Es ist egal, wie sehr ich verletzt bin, ich lasse mich nicht fangen!" Melia beugte sich leicht zu ihm vor, um das Funkeln seiner Augen zu betrachten, sie hätten Freude bringen können, wenn nicht der unnachgiebige Glanz der Gier in ihnen stände. Sie lachte und spuckte ihm ins Gesicht. Dieser Mann würde sie nicht besiegen. Sie besaß nach wie vor genügend Techniken, um ihre Verletzung zu vertuschen. Sie richtete sich wieder auf und wand sich dem knackenden Feuer zu, als eine Hand nach ihren Haare griff und nach hinten zog. Sie spürte die Hitze, die von ihr ausging, die Strähnen, die sie mit sich zog, als sie beherzt wieder los ließ.
„Ohh du kleines Püppchen, ich mache mit dir was ich will." Er flüsterte ihr ans Ohr, die Hand in ihren Nacken gestemmt. Sie spürte das Zittern seiner Finger, die ihr Gewicht trugen, das Flattern seines Atem, als er zuckend einatmete. Dieser Mann war ein Barbar, ganz so, wie er im Lehrbuch stand, so wie sie sich einen Wilden vorgestellt hatte. Voll von Widerwillen, unbändigem Zorn und der Gewissheit, dass er jeden Elb tötet, der ihm über den Weg kam. Die Hand stieß ich in den Nacken, sein Daumen drückte penetrant auf ihre feine Wunde. Sie zischte auf, doch sein Griff ließ sie nicht los. Sie blickte vor sich und suchte erneut Hilfe suchend nach Tabon, doch der hatte ihr den Rücken zugekehrt. Sie stöhnte innerlich. Sie suchte Hilfe bei einem Barbaren, während sein Freund dabei war ihr die Kehle abzuschnüren. Wie dumm konnte sie sein, einem wilden zu trauen? Sie hätte die beiden gleich umbringen sollen, dann hätte sie jetzt wenigstens genug Mahlzeiten, um durch die nächsten Wochen zu kommen.
Sie griff nach seinem Arm, krallte die Finger in seinen Mantel und zog ihm die Hand weg. Für einen Moment verlor sie den Kontakt zu seiner stinkenden Haut, bevor ihre Finger sich in seine Kehle bohrten.
„Merk dir, dass du mich nie wieder anfasst. Nie wieder!" Sie hob ihre Hand und stemmte sie gegen seinen Kiefer, seine Haut quoll in Falten über ihre Hand. „Sonst bringe ich dich um." Ihre Stimme zischte, während sie den Griff langsam wieder lockerte und seine Gesichtszüge beobachtete. Leichter Schock schob sich in Wellen über seine Muskeln, doch seine Augen glänzten nach wie vor. Sie griff noch einmal zu und bohrte ihm die Fingernägel in die Haut, das Blut rann leicht über ihre Finger.
„Ich hoffe, du hast mich verstanden." Melia beobachtete gespannt, wie der erste Tropfen Blut auf den Boden fiel, bevor sie ihren Griff löste und ihre Finger langsam zu ihrem Mund führte. Ihre Zunge leckte das fließende Blut auf. Kurz verzog sie die Miene. Das rote Gold hatte einen satten Nebengeschmack, der sich in ihrer Kehle festsetzte. Der Geschmack des Barbaren.
Sie wand sich um und blickte ins Feuer. Tabon drehte sich gerade um, den aufgespießten Hasen in der Hand haltend, als sich seine Augen plötzlich schockartig weiteten. Melia blickte ihn verwundert an, als sie den Luftrausch hinter ihr spürte. Ihre Finger griffen nach ihren Messern, doch die Hand erreichte sie, bevor sie kampfbereit war. Die harte Wärme schoss ihr in den Nacken, streifte ihre Wunde am Hals und stieß sie leicht an, wie einen Stein, den man eine Klippe herunter warf. Ihr Knie sackte ein und ihr Gewicht verlagerte sich nach vorne. Sie spürte die Hitze des Feuers auf ihrer Haut, wie sich die Flammen um ihren Körper schlossen. Ihr Arme spannte sich und warf eines der Messer vor sich, während sie sich in der Luft zu Turan wand. Das Licht des Feuers brannte einen dunklen Schatten auf sein Kantiges Gesicht. Trumpf schoss über seine Muskeln, bevor er das Messer sah, dass sich auf seine Brust sengte. Melia hörte noch den Schrei, den sein Mund fallen ließ, bevor sich das Feuer knisternd um sie wob Ihre Augen nahmen den Dunklen Himmel war, wie sich die Flammen und Funken um ihn woben. Ein Dumpfer Aufprall erklang, als ihr Körper den Boden traf. Ihr Kopf schlug auf einen der Steine. Blut spritzte in die Hitze des Feuers, löschte die Funken und das Holz, dass sich unweigerlich auffressen ließ.
Ihre Hand griff noch nach ihrem Kopf, ihre Beine regten sich noch leicht, als wollten sie aufstehen, bevor sich die Hitze auf sie senkte und der Schlag ihres Falles ihre Augen besengte. Ihre Augen fielen zu und ein Fiepen stellte sich in ihren Ohren ein. Ihr Bewusstsein schloss wob sich in einen dunklen Schatten, bis es sie umschlungen hatte und ihre Besinnung schwand.
~*~
Okey, es ist ein sehr kurzes Kapitel, aber wenn ich den Rest auch noch mit hinein packe, dann hat das Kapitel an die 2 000 Wörter :)
Und vielen lieben Dank für 100 Reads und 18 Votes!
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Königstochter
FantasyMelia ist nicht gerade die Prinzessin, die den Vorstellungen entspricht. Im Gegenteil ist sie alles, was eine Prinzessin und Elbin nicht in sich vereint haben sollte. Als ihr Vater sie auch noch mit dem verhassten Erzfeind verheiraten will, dreht si...