Schlittenchaos und ambitionierte Spitzohren

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Mittwoch, der 11. Dezember 2019

Den Rest des Tages hatten wir – nach einem genialen Mittagessen von Thrandy – Zuhause gebracht und mir war es tatsächlich gelungen, mein gesamtes Bioskript einmal durchzuarbeiten. Danach hatte ich sämtliche Videos von The Simple Club durchgesuchtet und fühlte mich dementsprechend genug vorbereitet für die Klausur morgen. Das war gut so, denn es hatte tatsächlich bis heute Morgen um zehn durchgehend geschneit. Nun lagen zu meiner Freude fast 30 Zentimeter Schnee. Und es war klar, dass wir mit den Mittelerdlern unbedingt Schlitten fahren gehen mussten! Wir hatten uns für nach der Schule am „Schlittenberg" verabredet, was in Wirklichkeit nur ein kleiner Hügel hinter unserem Wohngebiet war, aber egal. Die meisten Menschen zog es zur offiziellen Schlittenpiste ein paar Kilometer weiter von der Stadt entfernt, wo es mittlerweile sogar einen Schlepplift und einen Glühweinstand gab. Das mit dem Glühweinstand hatte ich Thranduil zur Sicherheit nicht erzählt, nicht, dass er noch auf die Idee kam, dort hinfahren zu wollen. An unserem Hügel gab es so etwas nämlich nicht, auch auf einen Lift mussten wir verzichten, aber immerhin waren dort weit aus weniger Menschen unterwegs.

Gegen halb zwei standen Selina und ich am Fuße des Hügels und hielten Ausschau nach den Mitties, von denen leider noch immer nichts zu sehen war. Doch fünf Minuten später erkannte ich auf dem Feldweg endlich einen bunten Haufen, der sich auf uns zubewegte. Das mussten sie sein! Tatsächlich handelte es sich um unsere Freunde, ich konnte sehen, dass Thorin Sels alten Schlitten zog, auf dem Bilbo, Fili und Kili hockten. Dahinter kam Tom, er schleppte Tauriel, Lerina und Matteo, die alle drei strahlten. Auf unserem zweiten Schlitten, der mittlerweile ein bisschen verrostet war, saß Legolas und ließ sich von seinem Vater ziehen.

„Hallo!", schnaufte Thorin, als er endlich vor uns stand, und ließ sich erschöpft in den Schnee fallen, „Das war ganz schön anstrengend. Dass ihr drei auch immer so viel fressen müsst..."

„Das sind pure Muskeln bei uns!", empörte sich Kili, worauf wir alle zu kichern begannen.

„Wir machen ein Schlittenrennen, okay?", rief Matteo aufgeregt, „Ich will mit Thranduil im Team sein."

Das war gar keine schlechte Idee. Wir entschieden uns, dass in der ersten Runde Legolas und ich, Selina und Kili und mein Bruder und der Elbenkönig je ein Zweierteam bilden würden, die dann gegeneinander antraten. Aufgeregt rannte ich den Hügel hoch, den Schlitten durfte Legolas tragen.

Oben angekommen, nahm ich auch schon vorne Platz, Legolas setzte sich hinter mich. „Ich werde dich gut festhalten", versprach er und ich war mir sicher, dass meine Wangen nun noch röter waren als sie von der Kälte ohnehin schon waren. Als alle anderen auch startklar waren, gab Fili von unten das Zeichen und Legolas stieß uns so kräftig wie möglich mit den Füßen vom Boden ab. Unser Schlitten machte einen gewaltigen Satz nach vorne und beschleunigte immer weiter, ich konnte mir einen kurzen erschrockenen Schrei nicht verkneifen. Wir rasten an den Bäumen, die leider die Strecke säumten und mich immer wieder in Panik versetzt hatten, vorbei, Schnee spritzte mir ins Gesicht. „Festhalten!", rief Leggy unnötigerweise, als wir auf einen kleine Erhöhung im Schnee zurasten (ich vermutete einen der tückischen Maulwurfshügel). „Weich doch aus!", kreischte ich auf, doch das würde uns womöglich um ein paar Sekunden zurückwerfen. Und das kam für das ambitionierte Spitzohr natürlich nicht in Frage. Schließlich befanden wir uns in einem Wettstreit mit einem Zwerg und seinem Vater. Da stand Gewinnen natürlich an oberster Stelle, meilenweit vor unserer Gesundheit und körperlicher Unversehrtheit. Der Elb legte einen Arm um mich und zog mich enger zu sich, als der verdammte Hügel nur noch einen halben Meter vor uns lag. Dann befanden wir uns auch schon auf der Schanze und wurden in die Luft katapultiert. Nun war es mit meiner Beherrschung endgültig vorbei, ich schrie wie am Spieß. Wie in Zeitlupe flogen wir durch die Luft, für einen Moment schien die Welt stillzustehen. Dann war das mit der Zeitlupe auch wieder vorbei und ich merkte, wie wir in mörderischer Geschwindigkeit auf den Boden zurasten.

Der Aufprall war sanfter als erwartet, dennoch blieb mir für einen Moment die Luft weg. Doch dann realisierte ich: Wir hatten überlebt. Erleichterung machte sich in mir breit, vor allem als ich sah, das uns Legolas mit seinem Stunt über die Ziellinie befördert hatte. Wir befanden uns mittlerweile auf dem Kartoffelacker des örtlichen Bauernverbandes und ich betete inständig, dass uns niemand sehen konnte... Aber immerhin, wir waren weder tot noch lagen in Einzelteile filetiert im Graben.

„Um Gottes Willen, seid ihr in Ordnung?", rief Tauriel, die eben bei uns aufgetaucht war.

„Klar, schließlich haben wir gewonnen", grinste Legolas, doch ich verpasste ihm prompt einen Schubser.

„Alter, wolltest du uns umbringen?", giftete ich, worauf dieses Spitzohr tatsächlich zu lachen begann.

„Das war doch lustig", prustete er, „und du bist echt niedlich, wenn du Angst hast."

Das wurde ja immer besser hier. „Ich hatte keine Angst!", kreischte ich, „Wir sind nur eben Schlitten geflogen anstatt gefahren, das ist einfach gestört!"

„Da würde ich auch schreien", pflichtete Tauriel mir bei, „Mein Gott, Lego, was sollte das denn? Du bist noch ehrgeiziger, als wenn es darum geht so viele Orks wie möglich abzuschlachten! Aber nun kommt, lasst uns zurück zum Rest, die anderen sind auch schon da." 

Tatsächlich befanden sich Thranduil und Matteo bereits an der Ziellinie, auch Kili und Sel trudelten ein.

„Ich habe dich besiegt, Vater!" , rief Legolas triumphierend, als wir wieder bei den anderen angekommen waren.

Der Elbenkönig blickte seinen Sohn kalt an und knurrte: „Das liegt nur daran, dass ich ein verantwortungsbewusster Fahrer bin und mich im Gegensatz zu dir um das Wohlergehen meines Mitfahrers gesorgt habe. Ich dachte schon, ich könnte eure Beerdigung planen. Die arme Elli sieht wirklich fertig aus, das hast du toll hingekriegt, Junge."

„Möchtest du einen Glühwein zur Beruhigung?", wandte er sich nun wesentlich milder an mich. Glühwein? Genau das richtige nach dem Schock. „Gerne!", strahlte ich, „Sag bloß, du hast welchen mitgenommen!"

Der König grinste und deutete auf den Rucksack, den er im Schnee geparkt hatte. Im nächsten Moment zog er zwei riesige Thermoskannen, mehrere Becher und Boxen hervor. Dieser Elb war der Wahnsinn! „Ich habe vorgesorgt", meinte er lächelnd, „es gibt Glühwein, Kinderpunsch, Mini-Pizzen, Gemüsesticks, Brötchen und Lebkuchen."

„Du bist der beste!", jubelte ich und fiel ihm um den Hals, „Ich nehme Glühwein und eine Pizza!"

Oh du fröhliche... Weihnachten mit MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt