Lambert, der Hippie

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Sonntag, der 22. Dezember 2019

„Der Braten ist gleich fertig!", rief Thranduil aus der Küche. Legolas und ich waren gerade dabei, den Tisch im Wohnzimmer zu decken. „Danke, du bist der beste!", gab ich dankbar zurück. Meine Großeltern hatten sich auf Punkt Zwölf angekündigt, aber wie ich die beiden kannte würden sie mindestens eine Viertel Stunde eher auf der Matte stehen. Thranduil war so nett gewesen, sich um das Mittagessen zu kümmern. Er hatte Kartoffelklöße und einen Braten zubereitet, für mich extra ein veganes Schnitzel. Zum Nachtisch gab es ein Panna Cotta mit Rosmarin und Pfirsich-Maracuja-Soße. Das Rezept hatte der Elbenkönig gestern in einer Stiftung-Warentest-Zeitschrift entdeckt und sofort ausprobieren müssen.

Nun trat Thranduil ins Wohnzimmer und stellte gemeinsam mit Bilbo haufenweise Töpfe auf den Tisch. „Die Schälchen mit dem Nachtisch stehen auf der Fensterbank", erklärte er, „ich würde sagen, wir ziehen uns langsam zurück."

„Das wäre echt gut", stimmte ich zu, „ich muss mich noch umziehen und Legolas auch."

Wir verabschiedeten uns von Thranduil, Bilbo, Thorin, Fili und Kili, die sich mit vier Packungen Chips, einer Dose Plätzchen und einem Kasten Mineralwasser auf den Dachboden verzogen.

„Ich gehe mich dann auch umziehen", seufzte Legolas, pardon, Lambert. Er wirkte ein wenig nervös auf mich. Aber okay, immerhin musste er meine Großeltern kennenlernen. Das war schon eine Herausforderung.

Ich machte mich auf den Weg ins Badezimmer, wo ich in einen kurzen Rock und einen dunklen Pulli schlüpfte. Dann bürstete ich kurz meine Haare, ehe ich mich wieder auf den Weg nach unten machte. Dort wartete bereits Legolas auf mich. Er trug seine schwarze Jeans und den weißen Hoodie, den wir damals für ihn gekauft hatten. Seine verdächtigen Ohren waren wie immer hinter ein paar Haarsträhnen verborgen und er lächelte unsicher. „Ich hoffe, sie mögen Lambert", krächzte er und ich legte ihm einen Arm um die Schulter. „Keine Angst, die mögen dich sicher. Sei einfach du selbst. Oder besser gesagt, sei einfach Lambert."

Keine zehn Minuten später hörten wir den VW unserer Großeltern in die Einfahrt rollen. „Sie sind da!", freute sich Matteo und rannte auch schon zur Tür.

„Du. Hast. Die. Schlacht. Der. Fünf. Heere. Überstanden. Dann. Wirst. Du. Auch. Das. Schaffen", murmelte Tauriel neben mir immer wieder, als wir meinem kleinen Bruder folgten. Lerina hatten wir zur Sicherheit ein Strickmützchen aufgesetzt und in ihrem Kinderbett geparkt, mit der Erklärung, dass sie leider krank geworden war.

„Oma, Opa! Schön, dass ihr da seid!", jubelte Matteo und fiel erst Opa und dann Oma um den Hals.

„Na, hallo!", rief mein Großvater erfreut, „Ihr seid ja alle groß geworden!"

„Hallo, das ist meine Verlobte Tatjana", machte mein Bruder den Anfang. Tauriel lächelte meine Großeltern freundlich an und an dem Strahlen im Gesicht meiner Oma konnte ich sehen, dass sie sie anscheinend schon mochten. Das war ja schon mal gut gegangen.

„Und ich bin Lambert", stellte sich Legolas mit einem nervösen Zittern in der Stimme vor, „der Freund von Elli."

„Ach, sag bloß, du wurdest nach dem Heiligen Lambert benannt!", staunte mein Opa, „Dem Bischof von Maastricht. Er wurde um 705 bei Lüttich ermordet und nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in weiten Teilen Deutschlands, vor allem in Westfalen verehrt! Dies zeigt sich in den zahlreichen Lambertusspielen – und Liedern! Zu Deutsch bedeutend der Name „Der im Land Strahlende". Da hatten deine Eltern ja eine schöne Idee."

Ja, mein Großvater war manchmal ein wandelndes Lexikon. Ich musste unwillkürlich grinsen, als ich Legolas verdutztes Gesicht bemerkte. Der Ärmste. In seinem Kopf herrschte wohl nun ein heilloses Durcheinander von Westfalen, Lambertusspielen und Bischöfen...

„Genau nach dem wurde ich benannt", brachte er nun doch hervor, was meine Oma noch einmal zum Lächeln brachte.

„Das gefällt mir", meinte sie, „aber sag mal, bist du Teil der Hippie Bewegung? Wegen deiner langen Haare!"

Nun musste ich mich wirklich beherrschen, nicht loszuprusten. Legolas ein Hippie... Lustiger ging es wohl kaum.

„Ja, Lambert ist Hippie", antwortete ich an seiner Stelle kichernd, „aber lasst uns erst mal ins Wohnzimmer. Da können wir uns weiter unterhalten." 

Oh du fröhliche... Weihnachten mit MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt