Eierlikörbruderschaft

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Mittwoch, der 1. Januar 2020

Wie jedes Jahr erhellte das Feuerwerk den Nachthimmel fast eine ganze Stunde lang, als wir um kurz nach eins Zuhause ankamen, waren immer noch einige Explosionen zu hören.

„Wir räumen morgen auf", meinte Thranduil, als wir wieder auf der Terrasse standen.

„Du meinst später", korrigierte Bilbo mit einem müden Grinsen, „ich gehe auf jeden Fall erst einmal schlafen. Gute Nacht allerseits." Mit diesen Worten verschwand der Hobbit im Haus, der Zwergenkönig folgte ihm ebenfalls. Auch Gandalf, Dis und mein Vater sahen ziemlich müde aus, sie verabschiedeten sich ebenfalls. Lerina war bereits auf dem Rücken in Tauriels Armen eingeschlafen und schnarchte nun leise vor sich hin.

„Wir gehen auch schlafen", erklärte die Elbin, worauf auch sie mit meinem Bruder nach drinnen ging. Irgendwie war ich noch viel zu aufgekratzt um einzuschlafen, ich sah mit Freude, dass auch Selina noch ziemlich wach aussah.

„Also ich geh noch nicht schlafen", meinte sie in diesem Moment, „und ihr?"

„Wenn du nicht schläfst, dann schlafe ich auch nicht", rief Kili theatralisch und sein Bruder fügte sofort hinzu: „Wenn mein Bruder wach bleibt, dann ich auch!"

„Ich kann auch noch nicht schlafen", kicherte ich, „und ihr Elben, was ist mit euch?"

Die beiden waren ebenfalls noch nicht wirklich müde. Deshalb schlug Thranduil vor:

„Wie wäre es, wenn wir in meinen Gemächern noch einmal anstoßen?"

Wow, das Wort „Gemächer" für unser Gästezimmer im Keller zu verwenden, war wirklich ein bisschen übertrieben. Vor allem, weil darin auch alles lagerte, was auf dem Dachboden keinen Platz mehr hatte. Unter anderem der Tischkicker, ein Laufband, das nie benutzt wurde und unsere alte LEGO DUPLO Eisenbahnstrecke.

„Anstoßen klingt gut", grinste Legolas, „ich brauche mal wieder etwas von deinem härteren Stoff, Vater."

Moment mal. Härterer Stoff? Was hatte ich denn jetzt verpasst? Auch die Zwerge und Selina sahen recht verwirrt aus, und Thranduil seufzte: „Sohn, das war doch unser Geheimnis. Aber egal, nun ist es zu spät. Ich gebe es zu, ich habe mich bei einem heimlichen Einkauf mit ein paar Spirituosen eingedeckt. Immer nur Wein zu trinken, obwohl es in Deutschland so viel guten Schnaps gibt, wäre doch schade!"

Klar, furchtbar schade.

„Mir egal woher du das Zeug hast", lachte Selina, „solange du Eierlikör hast, ist alles gut."

So machten wir uns auf den Weg in Thranduils „Gemächer", um uns noch einen kleinen Schnaps zu gönnen. Überrascht stellte ich fest, dass das Laufband in der Mitte des Raumes stand und an der Steckdose angeschlossen war.

„Mir war es zum draußen joggen zu kalt", gab der Elbenkönig errötend zu, „deshalb habe ich dieses Laufband in Betrieb genommen..."

Er öffnete den Mini-Kühlschrank, den wir sonst immer auf Gartenfesten nutzten, und fragte uns welchen Alkohol wir wollten. Mir blieb vor Staunen der Mund offen stehen. In diesem Kühlschrank lagerte der halbe Spirituosenbestand von Aldi, wobei die meisten Flaschen bereits zur Hälfte geleert worden waren. Hatte er das etwa allein getrunken?

„Ich... ich habe meinem Vater manchmal beim Trinken Gesellschaft geleistet", flüsterte Legolas mir ins Ohr, der wohl meine Verwirrung bemerkt hatte. Na toll. Dann hatten wir nun offiziell zwei alkoholabhängige Elben im Haus. Und vielleicht war Tauriel auch so eine, das musste ich sie später beim Frühstück unbedingt fragen.

Wir entschieden uns für einen veganen Eierlikör, den wir leider alle aus der selben Flasche trinken mussten, weil es hier unten keine Schnapsgläser gab und ich zu faul war, welche von oben zu holen.

„Auf unsere Gemeinschaft", verkündete Fili feierlich, als er seinen Schluck genommen hatte, „nun sind wir Eierlikörbrüder!" 

"Auf unsere Gemeinschaft!", wiederholten wir anderen seinen Schwur, "Auf die Eierlikörbruderschaft!"

Danach brachen wir logischerweise lachend zusammen, dabei hatten wir zusammen nicht mal eine halbe Flasche getrunken. Ich durfte definitiv nicht mehr trinken, ich war noch nie in meinem Leben betrunken gewesen und darauf echt stolz. Das sollte noch ein bisschen so bleiben. 

"Erzähl uns eine Geschichte, Thrandy", gluckste Kili, nachdem er noch ein paar Schlucke getrunken hatte, "du bist schließlich der älteste von uns!" 

War er etwa betrunken? Nein, höchstens angeheitert, so wie Legolas damals nach unserem Schlittenausflug. 

"Na gut", grinste der Elbenkönig zu unser aller Überraschung, "kennt ihr das Märchen vom kleinen Elbling mit der roten Mütze, der sich im Wald verläuft und vom Wolf gefressen wird?" 

Oh du fröhliche... Weihnachten mit MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt