Sag niemals nie

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Ich hatte doch ein ungutes Gefühl, als ich mit Legolas, Thorin, Kili, Tom und Tauriel in den Wald stapfte.
Thranduil passte auf Lerina auf, während Fili und Selina lieber Mal wieder Computer spielen wollten, weil sich Matteo ein Star Wars Spiel heruntergeladen hatte. Bilbo hatte mal wieder Lust zu kochen gehabt und war ebenfalls Zuhause geblieben. Und irgendwie wäre ich jetzt lieber bei ihnen, aber natürlich hatte ich mich von Leggy überzeugen lassen, ihn in den Wald zu begleiten.

Thorin hatte die Axt meines Vaters geschultert und führte unsere Gruppe an, immer weiter in den Wald hinein. Wir befanden uns mittlerweile auf einem schmalen Trampelpfad, der gar kein richtiger Weg mehr war. Allerdings wuchsen knapp mannshohe Tannen ein Stückchen abseits im Wald, und genau die waren sein Ziel. „Die sind mir gestern aufgefallen", meinte der Zwerg stolz und ging auf die erst beste, zugegeben ziemlich schöne Tanne zu. Ohne zu Zögern schwang er seine Axt und wollte gerade zuschlagen, als mir noch etwas einfiel.

„Fuck, das hier gehört schon zum Naturschutzgebiet!", rief ich erschrocken, „Da ist Bäume fällen doppelt verboten!"

Mein Bruder drehte sich genervt zu mir um. „Stell dich doch nicht so an. Wenn wir hier einen Baum fällen, wird uns schon niemand töten."

Ehe ich ihm widersprechen konnte, hatte Thorin der Tanne bereits den ersten Schlag versetzt. Ein paar Holzstücke splitterten weg, und da kreischte Tauriel auf:

„Ihr... ihr wollt den Baum töten!", stammelte sie entsetzt, „Ihr tötet ihn!"

„Was hast du denn erwartet?", lachte Kili spöttisch, „Jetzt komm schon Onkel, fälle endlich diesen Baum!"

Die Elbin war leichenblass. „Wenn ihr diesen Baum verletzen wollt, müsst ihr erst mich töten!", rief sie außer sich vor Entsetzten, und auch Legolas rief erschrocken: „Ich dachte, ihr wollt den Baum umweltfreundlich ausgraben und im Garten wieder einpflanzen!"

„Gott, wie dumm kann man sein!", lachte Thorin und versetzte der Tanne einen weiteren Schlag mit der Axt. Nun war Legolas wirklich wütend.

„Bäume sind unsere Freunde! Wir lassen nicht zu, dass ihr sie tötet!", brüllte er so laut, wie ich ihn noch nie hatte schreien hören.

„Jetzt beruhigt euch alle, bitte!", rief mein Bruder genervt, doch da flüsterte Tauriel erschrocken:

„Seid alle mal ruhig, ich glaube, ich höre was!"

Ich spitzte die Ohren, Legolas sah bereits alarmiert aus. Da hörte ich es auch.

„Und hier, meine Damen und Herren, sehen wir eine der charakteristischen Buchen, die diese Gegend so besonders machen. Vor einigen Jahren wurden leider einige jahrzehntealte Exemplare vom Borkenkäfer dahingerafft. An deren Stellen hat man dann ein paar Tannen gepflanzt, die wir nun einmal betrachten wollen."

„Wer ist das?", wisperte Kili erschrocken, Thorin hatte im Schock seine Axt sinken lassen.

Nun hörten Gemurmel und Schritte, die sich auf uns zubewegten. Jetzt sah ich auch ein paar bunte Flecken, die langsam aber sicher Kurs auf unsere illegale Plantage machten. Vorne lief ein Mann mittleren Alters in einer moosgrünen Jacke, er hatte ein Gewehr geschultert.

„Das ist der Jäger!", hauchte Tom, „Weg hier! Und versteck die Axt, Thorin!"

Verdammt, verdammt, verdammt. Panik brach aus. Der Typ würde bald hier sein und wohl eins und eins zusammenzählen, wenn er uns, die Axt und die angeknickste Tanne sehen würde. Dabei wollte ich doch später in der Justiz arbeiten, da kam eine Vorstrafe wegen Bäume fällen im Naturschutzgebiet gar nicht gut! Deshalb zögerte ich nicht länger und rannte los, dicht gefolgt von Legolas und Tauriel. Wir rasten über die Plantage und ließen den Trampelpfad links liegen. Stattdessen entschieden wir uns für den Weg querfeldein. Ein letztes Mal drehte ich mich um.

Der Zwergenkönig war leichenblass und drückte nun dem armen Kili die Axt in die Hand. „He, das will ich nicht!", rief dieser empört, und eindeutig ein Stück zu laut. Denn der Jäger blickte nun genau zu dem jungen Zwerg, der noch immer die Axt in der Hand hielt. Sein toller Onkel war mit meinem Bruder fast bei uns.

„Hey, was treiben Sie denn da, junger Mann?", donnerte die Stimme des fremden Mannes durch den Wald. Blankes Entsetzten stand in Kilis Augen, als er sich blitzschnell umdrehte und den gleichen Weg einschlug wie wir. Der Jäger nahm logischerweise sofort die Verfolgung auf. Und der Zwerg würde ihn direkt zu uns führen.

„Was ist jetzt mit unserer Führung?", schrie einer der Begleiter des Jägers, und der drehte sich tatsächlich für einen Moment um. Das war Kilis und damit unserer Chance! Er fackelte nicht lange und hechtete zu uns ins Dickicht. Dann eilten wir gemeinsam weiter, bis uns das tiefe Grün des Waldes verschluckt hatte. Ich lobte mich, dass ich mir meinen alten olivgrünen Parka angezogen hatte, denn der tarnte mich perfekt. Auch die anderen waren Gott sei Dank eher unauffällig gekleidet.

Ich rannte so schnell ich konnte, bis wir endlich dort waren, wo unsere Wanderung begonnen hatte. Ich rechnete fest damit, dass der Jäger den Trampelpfad genommen hatte. Dementsprechend hatten wir einen guten Vorsprung, den wir nun nutzen konnten. Tom führte unsere Gruppe jetzt über den gefrorenen Acker an, der beinahe an unserem Garten endete. Als wir endlich angekommen waren, schleuderte Kili die verräterische Axt über die Mauer, dann kletterten wir hinterher und ließen uns atemlos im Gras nieder.

Meine Knie zitterten und ich lehnte mich erschöpft an Legolas. „Das war vielleicht ein Scheiß!", keuchte ich, „Und von wegen, das ist niemand unterwegs..." 

Oh du fröhliche... Weihnachten mit MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt