Traumatische Krippenspiele und andere Feiertagsstrapazen

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Eigentlich gingen wir Heiligabend immer zu meinen Großeltern zum Mittagessen, aber da diese sich ja einen spontanen Urlaub gegönnt hatten, fiel dieses Ereignis dieses Jahr aus. Normalerweise war ich kein Fan dieser sich ewig hinziehenden Familientreffen mit homophoben Großonkeln, rassistischen Tanten und überzeugten AfD-Wählern. Nicht zu vergessen diejenigen entfernten Verwandten, die sich geistig noch im Jahr 1950 befanden. 

Aber einen Vorteil hatte das obligatorische Festessen mit Verwandten – sie war eine willkommene Ablenkung vom Warten aufs Christkind und die erste Bescherung fand schon um 14 Uhr statt. Leider war mein Bruder noch immer so viel Kind, dass er den ganzen Tag über nervös durchs Haus hüpfte und alle paar Minuten ans Fenster rannte, um zu schauen, ob das Christkind vielleicht schon durch die Straßen zog. Und eventuell unser Haus nicht fand.

„Das Christkind kommt erst am Abend", jammerte ich nun. Ich war gerade dabei, ein paar Tiefkühlpizzen fürs Mittagessen in den Ofen zu schieben, als Matteo das dritte mal in nur zehn Minuten in die Küche platzte, um von unserem Fenster aus das Geschehen auf der Straße zu beobachten.

„Aber was, wenn seine Uhr falsch geht?", fragte mein Bruder aufgeregt, und ich schlug mir genervt die Hand gegen die Stirn.

„Bitte, in zwanzig Minuten gibt es Essen. Kannst du wenigstens bis dahin mal ruhig sein?"

Damit hatte ich ihn wohl beleidigt, denn er verschwand zähneknirschend nach oben. „Ich reiß dich aus meinem Freundebuch raus!", brüllte er mir nur von der Treppe aus entgegen, und ich zuckte zusammen. Aua. Das war immer die schlimmste Drohung im Kindergarten...

„Was ist ein Freundebuch?", fragte nun Kili, der wohl den sich langsam ausbreitenden Duft der Pizza wahrgenommen hatte und prompt in der Küche aufgetaucht war.

„Lass dir das von Selina erklären", stöhnte ich auf, „oder deck besser mal den Tisch."

Der Zwerg war tatsächlich so freundlich und schnappte sich Teller und Besteck aus dem Schrank, ehe er im Esszimmer verschwand.

Als endlich fünf dampfende Pizzen vor uns auf dem Tisch standen, atmete ich erleichtert auf. Essen! Was gab es schöneres im Leben?

Selbst mein angepisster Bruder hatte sich wieder beruhigt und biss hungrig in ein Stück Thunfischpizza. Ich nahm – wie sollte es anders sein – Margherita. Eine Weile widmeten wir uns nur unserem Essen, doch da meldete sich Tauriel zu Wort.

„Also, ich störe eurer Essen ja nur ungern, aber vorhin ist mir eine grandiose Idee gekommen!", begann sie strahlend. Eine grandiose Idee? Irgendwie ahnte ich böses...

„Wir sollten ein Krippenspiel aufführen!", rief sie und blickte in die Runde, aus der sie sich wohl Begeisterung erhoffte.

„Was soll das sein?", fragte Legolas stirnrunzelnd, auch die anderen Mittelerdler sahen ziemlich verwirrt aus. Während mein Bruder erklärte, was ein Krippenspiel war, ließ ich meinen Kopf resigniert auf die Tischplatte sinken. Ein Krippenspiel? Bitte nicht! Beim letzten, das ich mit meiner Familie aufgeführt hatte, was zugegeben einige Jahre her war, war folgendes passiert:

Ich war Maria gewesen, Selina spielte Josef und unsere Freundin Louisa war der Engel. Matteo durfte Ochs und Esel spielen. Tom und sein Freund Jonas sollten die Hirten sein, und genau da begann das wohl traumatischste Krippenspiel meines Lebens. Die beiden entschieden sich spontan, lieber Räuber zu sein und überfielen das heilige Paar, entführten das Jesuskind (was meine Babyborn Lola war) und brannten den Stall nieder. Ochs und Esel (also eigentlich mein zweijähriger Bruder) wurden geschlachtet und zu Mettwurst verarbeitet. Seitdem hatte ich eine Abneigung gegen Krippenspiele. Und gegen Mettwurst, aber die hatte ich davor schon eklig gefunden, seitdem mir ein Mädchen im Kindergarten das Zeug mal in die Haare geschmiert hatte... 

„Das ist eine gute Idee", riss mich Bilbo aus meinen Gedanken, „ich will mitmachen, wie sieht es mit euch aus?" Natürlich witterten auch Kili und Fili eine ordentliche Portion Spaß, Matteo konnte sich nicht erinnern, dass er beim letzten Krippenspiel auf der Schlachtbank gelandet war und stimmte daher ebenfalls zu. Tom und Tauriel waren logischerweise auch dafür, und Thorin folgte Bilbos Beispiel. Am Ende waren Legolas, Thranduil, Selina und ich leider überstimmt.

So verzog ich mich nach dem Essen mit Legolas und Selina in mein Zimmer, wo wir uns geistig auf das Desaster vorbereiten wollten. Thranduil hatte sich verabschiedet, um mit Matteo im Wald das Christkind zu suchen, wofür ich ihm echt dankbar war... 

Guten Abend an alle ☺️ Ich hab heute meinen ersten Schultag hinter mich gebracht. Es ist so seltsam, außer mir war nur ein anderer Junge im Bus und unsere Schule ist einfach so leer. Normal sind wir über 1000 Schüler und jetzt einfach um die 80 😂
Morgen hab ich dann wieder Homeschooling 😴
Bleibt gesund ❤️

Oh du fröhliche... Weihnachten mit MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt