Verkaterte Elben und Ingwerwasser

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Donnerstag, der 19. Dezember 2019

Als mein grausamer Wecker anfing zu piepsen, schlug ich stöhnend die Augen auf und setzte mich aufrecht hin. Legolas war verschwunden, keine Ahnung, woher er die Motivation nahm, immer so früh aufzustehen. Ich war ja froh, wenn ich nach dem Aufwachen nicht gegen die Tür lief... Ächzend zog ich mir einen warmen Pulli über und schlüpfte nach draußen in den Flur, wo ich beinahe in Tauriel hineinrannte, die eben zur Treppe schlurfte.

„Oh sorry", murmelte ich verschlafen, doch da fiel mein Blick auf ihr Gesicht. „Ach du Scheiße, wie siehst du denn aus?", stieß ich erschrocken hervor. Die Elbin war kalkweiß, unter ihren Augen lagen Augenringe, die einem Panda schon Konkurrenz machen konnten und ihre Lippen waren von einem ungesunden hellgelb.

„Danke, ich weiß selbst, wie ich aussehe", stöhnte sie auf und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen, „und ich habe die Kopfschmerzen meines Lebens."

Kein Wunder, nach den Litern Glühwein, die sie gestern gesoffen hatte...

„Dabei vertrage ich sonst Alkohol sehr gut, ich verstehe das nicht", fuhr sie verzweifelt fort, „Legolas kann ich normalerweise immer unter den Tisch saufen."

Auch wenn sie mir ehrlich leidtat, musste ich bei dem Gedanken, dass sie Legolas in dieser Disziplin überbieten konnte, ein wenig kichern. „Wahrscheinlich ist der deutsche Wein einfach nochmal krasser als der bei euch", meinte ich mitfühlend, „aber am besten gehen wir zu Thranduil. Der kennt sich ja immer noch am besten mit Saufen und den Nebenwirkungen davon aus."

„Da hast du wohl recht", seufzte Tauriel und machte langsam einen Schritt auf die Treppe zu, „hui, alles dreht sich. Ich hoffe, ich habe gestern nicht zu viel Schwachsinn erzählt." Sie warf mir einen hoffnungsvollen Blick zu, doch ich kicherte: „Naja, wir wissen jetzt, dass Legolas dich mal in ein Weinfass gesperrt und vergessen hat, und dass du sein Pferd mit Wein..."

Sie wurde nun noch eine Spur weißer und schlug entsetzt die Hand vor den Mund. „Um Gottes Willen, das war unser großes Geheimnis. Verdammt. Er wird mich auf ewig hassen."

„Mein Sohn wird dich nie hassen", ertönte nun Thranduils Stimme aus dem Erdgeschoss, „ und gegen deine Kopfschmerzen empfehle ich dir ein großes Glas Wasser mit der gelben Wurzel, die ich im Kühlschrank gefunden habe. Allein der Duft weckt Tote auf."

„Er meint Ingwer", lachte ich und ging mit Tauriel nach unten in die Küche, wo bereits ein großes Glas Wasser mit Ingwer auf dem Tisch stand.

„Nanu", meinte Thranduil, „ich habe das aber nicht zubereitet."

Da ertönte ein Räuspern hinter uns. Wir drehten uns um und sahen Legolas, der im dunklen Wohnzimmer stand. „Du?", fragte ich lachend, worauf der Elb mit dem Anflug eines Lächeln nickte. „Ja, ich habe gegugelt, was man gegen Schmerzen nach Alkohol tun kann und bin dann darauf gestoßen. Das ist meine Entschuldigung für damals. Du weißt schon, die Sache mit dem Weinfass."

Wie süß war das denn bitte? Er war mit Abstand der niedlichste Elb, den ich je gesehen hatte. Auch Tauriel sah ehrlich gerührt aus. „Oh, Lego!", rief sie überrascht und fiel ihm um den Hals, „Danke! Mir tut es übrigens auch leid mit deinem Pferd. Wie konnte ich nur so blöd sein und ihm Alkohol einflößen?"

„Das frage ich mich seit gestern Abend auch", murmelte Thranduil, „aber es ist ja lange her. Will jemand ein Brötchen?"

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Unser Sportlehrer hatte Grippe, was uns allerdings nur bedingt leidtat. So hatten wir die letzten beiden Stunden Entfall und waren dementsprechend schon kurz nach vier Zuhause. Wie immer kam Selina nach der Schule mit zu mir, wo wir uns mit den Mitties im Wohnzimmer versammelten. Tauriel sah deutlich frischer aus als gestern und hatte dem Glühwein wohl endgültig abgeschworen. Sie trank Kinderpunsch und knabberte ein Paar Ingwerplätzchen, während wir darüber diskutierten, was es an Weihnachten zu Essen geben sollte. Essen war ja bekanntlich das beste an Weihnachten...

Oh du fröhliche... Weihnachten mit MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt