Was zur Hölle war das?", sagte Kilian so laut er konnte. Seine Stimme war fest, aber seine Hände zitterten so stark, dass er sie zu Fäusten ballen musste. Er biss seine Zähne aufeinander und presste seine Lippen zusammen, damit nicht auch noch diese zitterten. "Ich dachte du glaubst nicht an den Christentum.", sagte Linhart der nur mit leeren Augen in die Luft starrte. Kilian drehte sich wütend zu ihm um und wollte ihn anschreien; sagen, dass nicht die Zeit war, Witze zu machen. Jedoch wurde sein Gesichtsausdruck schnell besorgt, als er Linhart sah. Diese Glanzlosen Augen, als wäre er eine Puppe oder Leiche. Es war, als hätte ihm jemand die Seele aus dem Leib gezogen. Runa hatte sich neben Nia gesetzt, welche ihren Kopf in den dünnen Knien begrub. Ihre Arme an sich gezogen. Sie weinte. Runa streichte ihr sanft über den dürren Rücken. Der Pelz um ihre Schultern ließ dies jedoch kaum erahnen. Runa sah besorgt zu Kilian. Was sollten sie jetzt nur machen? Kilian sah Ahnungslos zurück. Sein bester Freund hatte sich gerade, vor seinen Augen, in eine ... Ja, was war es denn nur? Ein schwarzer Engel? Eine seltsame Kreatur auf jeden Fall. Sein bester Freund hatte sich also gerade, vor seinen Augen, in eine seltsame Kreatur verwandelt. Keiner wusste, was zu tun war. Alle standen reglos da und saßen reglos da.
"Wir müssen raus finden, wer oder was das war. Er kann ja nicht einfach so sich in ... In dieses Ding verwandelt haben!", brüllte Kilian durch das Zimmer. Mittlerweile waren sie schon wieder in den Raum mit dem großen Bett gegangen. Linhart saß breitbeinig auf einem Stuhl, Kilian lief in der Mitte des Raumes im Kreis und die Mädchen saßen auf dem Rand vom Bettende. Runa hielt Nia an den Schultern und strich sanft drüber. Nia ihr Kopf lag angelehnt auf der Schulter von Runa. Mittlerweile hatte sie aufgehört zu weinen, schniefte jedoch noch etwas. Linhart und Runa beobachteten Kilian, Nia starrte den Boden an. Sie war erschöpft. Sie alle waren erschöpft. "Vielleicht sollten wir zur Seherin und sie fragen.", meinte Linhart, aber Kilian blieb nur stehen und schüttelte mit seinem Kopf. "Nein, das würde nichts bringen. Du hast es doch selber mitbekommen, dass sie uns keine klaren Antworten gibt. Nein. Wir müssen zu jemand anderes." Die Tür ging auf. Zuerst war ein hellweiß strahlendes Kleid zu sehen, mit einem Seidenen Schleier um die dünnen Schultern, dann sah man glatte Haare. Ein helles rot, aber nicht so feurig. Es war die Priesterin. "Ich habe zufällig gehört, das ihr seltsame Sachen sagt. Worum geht es denn?", fragte sie mit lieblicher Stimme. Sie sah alle an, aber ihr fiel recht schnell auf, das jemand fehlte. "Wo ist denn Evan?", fragte sie verwirrt und sah sich weiter im Raum um, im Glauben ihn vielleicht einfach nur übersehen zu haben, aber so war es leider nicht. Alle sahen bedrückt zu Boden. Nias Lippen und Schultern fingen wieder zu beben an. Linhart sah zur Seite und biss sich dabei auf die Lippe. Runa versuchte Nia gerade zu beruhigen. Die Priesterin sah nun ernst in die Runde. "Was ist hier los?", forderte sie zu wissen. Also fing Kilian zu sprechen an. Er sagte ihr, was passiert war, wie Runa etwas gehört hatte, wie sie hin rannten, wie Evan da war, er sich verwandelte und dann verschwand. Die Priesterin schien zu überlegen. Das war nicht normal. Dann sah sie aus, als wäre ihr etwas eingefallen. "Wir müssen dringend zur weißen Frau.", sagte die Priesterin bestimmend und lief mit schnellen Schritten raus, die Treppe hoch. Kilian rannte hinterher, der Rest sprang auf und folgte. "Warte mal. Was soll sie uns denn helfen. Ja, sie hat auch mal Visionen, aber nur weil sie uns sagte, dass wir Runa aus irgendeinem Grund holen müssen, heißt das doch noch nichts.", sagte Kilian. "Darum geht es nicht. Sie weiß viel und hat viel gesehen. Sie hat die anderen Zauber mit erlebt, die Aufspaltung und Zerstreuung von ihnen."
"Was für andere Zauber? Es gibt doch nur uns hier."
"Nein. Das wird euch nur erzählt. Es gibt mehr. Es gibt insgesamt vier. Den Blutzauber, Hexenzauber, Schattenzauber und Lichtzauber. Wir sind rot. Wir sind die mit dem Blutzauber. Den Hexenzauber gibt es bei den blonden. Den Schattenzauber bei den schwarzen und den Lichtzauber bei den weißen. Die braunen sind Machtlos."
"Bedeuten die Farben, die Farben der Haare?"
"Das ist richtig. Die Christen haben das damals nicht ganz verstanden. Es waren erst die Blutzauberer die sie jagten und umbrachten, aber sie wussten von den anderen nichts, es verwirrte sie, weshalb sie auch andere ermordeten. Wir haben uns dadurch alle gespalten und in Sicherheit gebracht. Nur wenige, die Ältesten, kennen die Verstecke der anderen Völker. Wir sind im Wald. Die andern im Gebirge, Sumpf und Weideland."
"Ich wusste gar nicht, dass es noch mehr gibt. Und warum liegt das an den Haarfarben?", fragte Nia. "Es liegt nicht an den Haarfarben. Die Magie macht die Haarfarbe aus, so ist das eher. Und diese wird vererbt. Manchmal, he nach dem wie stark die Kraft ist, sorgt die Magie auch für bestimmte Augenfarben. So haben besonders stark von der Kraft oder halt Gabe geprägte Blutzauberer blaue Augen, je nach dem ein dunkles oder helles Blau. Und es gibt welche, was bis jetzt nur zwei Mal zu sehen war, da hatten welche rote Augen. Das waren die aller stärksten. Sie hatten Kräfte, die sich normale Blutzauberer gar nicht vorstellen konnten. Sie waren stärker und mächtiger als hundert Blutzauberer zusammen."
"Das kommt mir irgendwo her bekannt vor.", meinte Nia. "Warum blaue Augen?", fragte Linhart aus dem Nichts heraus. "Blau wie das Wasser, das in unseren Adern fließt. Das Wasser, das in uns rot ist. Wasser, die Macht des Lebens." Linhart nickte, sah sich dabei aber leicht überlegend um. "Braune Augen haben ebenfalls eine starke Macht aufzuweisen, sie kommen der Farbe des vertrockneten Blut gleich. Das ist der Grund warum die meisten Braunäugigen entweder für Heilzwecke oder dem Kampf ihre Mächte in anspruch nehmen. Grün ist die Farbe der Wälder oder des Giftes. Vor ihnen sollte man sich in Acht nehmen. Sie können ihre Kraft nicht richtig kontrollieren. Im einen Moment wunderschön und ihm nächsten ein schreckliches Unglück. Graue Augen sind schutzig. Sie eignen sich besser für die anderen Zauber. Hier ist es nur leicht möglich die Kräfte zu benutzen. Dann gibt es noch ein paar Sachen zu nennen: Es gibt lila Augen."
"Lila Augen?", fragte Runa erstaunt. Hätte sie sich selber mal genaustens im Spiegel betrachtet, hätte sie einen leichten Fliedernen Schimmer in ihren Augen erkennen können. "Das habe ich ja noch nie gesehen." Die anderen nickten zustimmend. Die Priesterin lachte. "Das hat noch niemand von euch. Denn ihr müsst noch etwas dazu wissen: Nur ein bestimmtes Volk hat solche Augen."
"Und welches wäre das?", fragte Kilian für die anderen und sich neugierig und etwas aufgeregt. "Dazu komme ich ja gerade. Also, nur ein bestimmtes Volk hat diese Augen. Sie leben auf Wiesenlandschaften, also dem Weideland, um besser am Licht zu sein. Die Sonne gibt ihnen Kraft. Im dunkeln sind sie fast machtlos, denn sie ziehen ja die Kraft des Lichtes bei sich ein. Die Dunkelheit hat kein Licht. Sie können in ihr nur leicht das Licht erzeugen, das sie brauchen oder erzeugen wollen."
"Ja, aber welches Volk ist es denn nun?", fragte Kilian erneut, dieses Mal ungeduldiger. Daraufhin sagte Runa: "Ist es nicht schon offensichtlich genug?"
"Dann sage uns, um welches Volk es sich handelt, Runa.", sagte die Priesterin ruhig. Runa nickte und sagte kurz: "Es geht um die Lichtzauberer, oder?" Die Priesterin nickte. "Da hast du recht. Sie sind für vieles gute da. Sie sorgen für ein Gleichgewicht, aber auch sie werden von etwas anderem bedroht. Aber dazu später mehr. Wir sind schon in der Baumkrone angekommen. Geht zur weisen Frau und fragt sie aus. Sie wird sicher eine Antwort für euch haben." Alle liefen zu der alten Frau, nur Runa zögerte. "Was hast du denn, Runa?", fragte die Priesterin. Runa sah unsicher zu ihr. "Kann ich wirklich dort hin?"
"Wieso denn nicht?"
"Ich muss einfach an letztes Mal denken. Da ist sie so ... erschrocken gewesen ... Von mir."
"Dann geh hin und frag sie, warum es so war."
"Und was, wenn sie wieder so durch dreht?"
"Das kannst du nur heraus finden, wenn du zu ihr gehst." Die Priesterin warf ihr nochmal ein aufmunterndes Lächeln zu. Daraufhin nickte Runa und lief zur weisen Frau.
DU LIEST GERADE
Blutzauber
FantasyBand 1 Es gibt sie: Blutzauberer. Vor einem Jahrhundert gejagt, doch sie sind zurück. Ein neuer Krieg bricht aus, in dem jeder an seine Grenzen geht. Wem soll man vertrauen? Wer ist Freund und wer ist Feind? Runa, sie lernt ihre eigenen Leute kennen...