Sie schlug ihre Augen schnell auf und fuhr mit ihrem Körper nach oben. "Schnell! Aufwachen! Da kommt wer!", sagte Runa, so, dass jeder sie hören konnte. Schnell packte sie ihre Sachen zusammen. Die anderen wurden wach und die Kinder rieben sich ihre müden Augen. "Was ist denn los?", wollte Kilian wissen. "Ich sagre doch bereits: da kommt wer!" Alle sahen sie verwirrt an, packten dann aber schnell ihre Sachen zusammen und waren hell wach. "Bist du dir da sicher?", fragte Kilian, sah sie an und packte neben Runa seine Sachen zusammen. Sie sah zu ihren Sachen und antwortete nur ernst: "Ganz sicher." Nun konnte auch er auf dem Waldboden spüren, wie galoppierende Pferde in ihre Richtung kamen. Schnell standen alle auf und warfen sich ihre Beutel und Taschen über. Evan nahm Mara schnell auf seinen Arm und Linhart ihren kleinen Bruder. Alle rannten los und sahen nicht nach hinten. Die Gefahr war zu groß, dass einer von ihnen hätte stolpern können und dann von einem der Reiter erwischt worden wäre. Wie Schatten rannten sie durch den Wald, immer in die Richtung, wo die Bäume immer mehr und mehr zusammen wuchsen. Sie rannten so schnell durch die dichten Bäume, ohne hinzufallen, dass sie die Reiter leicht abschütteln konnten. Sie hörten einen von ihnen rufen, verstanden aber nicht ganz, was er sagte, außer Runa. Runa verstand jedes seiner Worte klar und deutlich. "Sie suchen nach Wegen, durch die sie besser kommen. Ein paar von ihnen wollen uns sogar zu Fuß folgen.", sagte Runa zu den anderen, die sie nur besorgt und fragend ansahen, als sie plötzlich stehen blieb. Die anderen waren natürlich auch sofort stehen geblieben. Sie sahen sich alle um. "Lasst uns auf die Bäume, dann sehen sie uns nicht so schnell.", sagte Evan und zog sich Mara auf seinen Rücken. Er band sie schnell mit einem Tuch an sich fest, damit sie nicht so leicht runterfallen konnte. Sie schlang ihre kurzen Ärmchen um seinen Hals und drückte sich ganz fest an ihn. Sie hatte Angst. Natürlich hatte sie Angst. Sie hat in den letzten beiden Tagen so viel durch machen müssen. Linhart tat es ihm gleich, nur band er den Jungen um seine Brust und mit mehr Tüchern. Wie eine Beutel sah es aus. Sie kletterten schnell nach oben, denn sie konnten schon die ersten Äste knacken hören und wie jemand auf dem Waldboden rumtrat. Sie kamen gerade rechtzeitig in den schützenden Baumkronen an, als jemand an die Stelle trat, auf der sie bis eben noch standen. Linhart und Evan saßen zusammen auf einem dicken Ast, damit die Kinder in der Nähe von einander waren. Nia, Runa und Kilian derweil saßen nebeneinander auf einem Ast, der nicht viel weiter von den anderen entfernt war. Es kam noch ein Mann dazu und dann noch ein dritter. Alle hatten Rüstungen oder Kettenhemden an. Sie fragten einander, ob sie wen sahen, aber das war nicht so. Später kamen noch welche auf Pferden dazu, aber niemand hatte was gesehen. "Wir müssen das Mädchen finden. Dann bekommen wir die Belohnung.", sagte einer der Männer, die auf den Pferden saßen. Er saß auf einem grauen Schimmel. Er selber hatte schwarze, vom Schweiß, nasse Haare. Er war recht stemmig und musste gerade erst in seine zwanziger gekommen sein. Einer der Männer, die ohne Pferd gelaufen waren, antwortete ihm mit einer tiefen Stimme: "Wenn ich das Geld bekommen würde, dann müsste ich nie wieder arbeiten. Mein Leben wäre ausgefüllt. Ich müsste mir keine Sorgen mehr um Geld machen. Das Mädchen muss ja echt was besonderes sein. Aber rote Harre habe ich auch noch nicht gesehen. Was meint ihr, ob man ihre Haare wohl für gutes Geld verkaufen könnte? Bestimmt!" Seine hellen, blondem Haare waren genauso durchgeschwitzt. Er hatte aber auch auf seinem Kopf Ketten und ein Schutztuch, dadurch musste ihm bei dieser Hitze noch wärmer sein, als dem dunkel Haarigen. Sie sahen sich in dem Geäst an. Jeder hatte den selben Ausdruck im Gesicht. Sie durften auf gar keinen Fall erwischt werden! Runa drehte sich zur Seite. Sie wollte einem der losen Äste greifen. Nia sah sie erschrocken an, genauso wie der Rest. Sie konnte sich kaum festhalten. Sie schaffte es mit den Fingerspitzen den Ast zu berühren, aber bevor sie ihn richtig greifen konnte, fiel er runter. Die Männer waren gerade schon dabei gewesen, sich von dem Baum abzuwenden. Ein paar Schritte waren sie gerademal gekommen, da hörten sie auch schon, wie der Ast auf dem von Nadeln und Blättern bedeckten Waldboden fiel. Alle drehten sich um. Runa rutschte ab, konnte aber noch von Nia mit großer Mühe aufgefangen werden. Sie baumelte mit ihren Füßen. Das Blätterdach konnte noch gerade so ihre Füße schützen. Ihr stand Angst in den Augen. Alle sahen sie schockiert und genauso verängstigt an. Wenn die Männer sie jetzt finden würden, dann wäre alles aus. "Was war das?", fragte einer der Männer. "Geh mal nach gucken.", antwortete ihm ein anderer. Sie hörten die vorsichtigen Schritte auf sich zukommen. Sie hofften und beteten. Linhart zu Gott, Jesus, den Heiligengeist, alle gesegneten Menschen und den Prister aus seiner Kirche. Das selbe taten die beiden christlich erzogenen Kinder. Nia, Tristan und Kilian beteten zu ihren Göttern, möge Odin ihnen Schutz geben. Nur Ruan betete zu niemandem. Sie hatte keine Götter. Sie war Glaubenslos. Glaubenslos erzogen. Gluabenslos lebte sie. Ihr wurde nie etwas über Götter beigebracht. Die Alte hat den Glauben verloren. Sie brachte dem Mädchen nichts über Götter oder Glauben bei. "Vertraue stets dir selber und glaube an dein eigenes Können.", sagte sie ihr immer. Daran hielt sie sich. Der Ast begann sich zu biegen, durch das nun ungleichmäßig verteilte Gewicht. Runa presste ihre Augen zusammen. Bitte nicht., dachte sie. Da stand der Mann vor dem Baum, hielt inne und sah gerade nach oben, da schoß ein Rabe aus dem Blätterdach. "Ist nur nen Vogel.", sagte der Mann erleichtert. "Du hattest also Angst vor einem Federvieh?", sagte der auf dem Pferd und fing an zu lachen. Die anderen taten es ihm gleich. Nur der am Baum sah sie wütend und beleidigt an. Die Männer liefen lachend davon und er folgte ihnen mit einem hoch rotem Kopf. Eine Ader auf seiner Schläfe pulsierte und seine Hände waren zu Fäusten geballt, aber er sagte nichts, sondern knirchte nur mit seinen Zähnen. Sie waren schon außer Reichweite, als Runa und Nia vom Baum mit dem, nun durchbrechendem Ast, krachten. Sie ließen eine Schreckensschrei aus ihren Hälsen entweichen und sahen dann benommen nach oben. Die Ritter waren schon längst weg, und wenn, dann hätten sie die Mädchen durch ihr lautes Gelächter übertönt. Runa sah, wie die Jungs zu ihnen herab sahen. Sie sprangen runter und standen neben den beiden. "Würdest du bitte von mir runtergehen?", fragte Runa an Nia gewandt, die auf ihr lag, der Ast zwischen den Bäuchen von den beiden. Nia hielt sich den Kopf, sah bei der Frage dann jedoch verwirrt zum Boden. Sie zog ihre Hand vom Kopf und sprang schnell auf. "Tut mir leid.", sagte sie kurz, dann sprach sie mit fester Stimme: "Aber du hättest vorsichtiger sein sollen!" Runa schob den Ast von sich und stand ebenfalls auf, wischte sich Dreck von den Sachen und bedankte sich bei Nia, dafür, dass sie von ihr runtergegangen ist, und dafür, dass sie sie festgehalten und aufgefangen hat. Dann, nachden bei jedem der Schreck nachgelassen hatte, ging Kilian auf sie zu. Sein Gesicht sah erbost aus, seine Hände zu Fäusten geballt. "Was sollte das überhaupt werden!? Wolltest du uns alle verraten? Bist du denn völlig verrückt geworden!?", fragte er sie. Sie hielt sich ihren Arm und sah betreten zur Seite. "Ich wollte doch nur ... dass sie weggehen ...", antwortete sie ihm kleinlaut. Sein Kopf wurde noch röter als seine Haare. "Sie waren aber schon am weggehen!", zischte er sie an. Sie wurde nun auch feurig. Niemand sprach so mit ihr. Niemand. "Sie waren da noch nicht am gehen!"
"Sind sie aber! Und durch dich hätten die uns beinahe entdeckt!" Beide wurden zorniger und zorniger. Nun meldete sich auch Nia zu Wort: "Sie hat recht. Sie wollte sie mit dem Stock nur vertreiben." Er drehte sich zu seiner Schwester. Eine Ader auf seinem Schädel pulsierte. "Ach ja? Und wie dachte sie, würde sie das mit einem Stock schaffen?", fragte er bei dem Wort Stock betont. Runa meldete sich nun wieder zu Wort. Sie versuchte größer zu wirken indem sie ihm ihm ihren Kopf entgegen streckte. Nun standen sie Angesicht zu Angesicht. "Indem ich den Stock woanders hingeworfen hätte, weil sie dann von dort aus ein Geräusch gehört hätten und dann dahin gegangen wären.", zischte sie ihm wütend entgegen. "Jetzt lass sie in Ruhe. Merkst du denn garnicht, dass sie Schmerzen hat?", keifte Nia Kilian an. Er sah auf Runas Arm, den sie immernoch fest drückte. Er sah sie ernst an. Er fing an sich Sorgen zu machen. Er war kein schlechter Mensch. Er sorgte sich um seine Mitmenschen. Kümmerte sich um sie. Aber auch nur ein Blick in ihr verletztes Gesicht und er hätte sie sofort in seinen Arm genommen. Bevor er es jedoch tat, und auch nur eine ihrer Tränen zu verlieren drohte, fauchte sie ihn beleidigend an und er wurde ebenfalls wieder wütend. Sie knurrtrn sich an. Keiner wagte es, dazwischen zu gehen. Und keiner der beiden unterbrach ihren Blickkontakt. Sie sahen dich einfach nur weiterhin Wut endbranndet an. Nun kam Nia doch dazwischen. Sie ertrug es nicht länger. Sie bekam die Angst der Kinder mit. "Wir sollten aufhören, uns zu bekämpfen. Das tuen diese Kerle doch schon. Wir sollten einfach froh sein, dass uns die Götter vor diesen Kerlen bewahrt haben." Linhart sah sie fassungslos an. "Du meinst wohl Gott, nicht Götter?" Alle drehten sich zu ihm. Sogar Kilian und Runa, aber nicht ohne sich vorher nochmal gegenseitig einen finsteren Blick zu zuwerfen. Kilian stand mit dem Rücken zu Linhart und den anderen, weswegen er zuerst den Blickkontakt unterbrach. Seine Schwester stand zwischen ihm und Runa, aber eher neben Runa, weswegen sie einfach nur ihren Kopf zu Linhart heben brauchte. "Du und dein Gott. Euer nerviger Gott. Euer gottverdamter Gott." Linhart warf Kilian einen vernichtenden Blick zu. "Gott hat uns vor diesen Kerlen bewahrt.", sagte Linhart angesäuert. "Oh nein. Nein nein nein. Jungchen, nicht dein Lügengott war das. Das waren einzig und alleine unsere Götter. Die wahren Götter. Der Rabe war da. Er ist ein Vermittler zwischen unserer Welt und der der Götter. Sie vermitteln zwischen uns und unseren Göttern. Das war nicht dein Gott! Es waren nur unsere Götter."
"Ihr seid verdammte Heiden!", realisierte Linhart. Es war ihm klar, aber er wollte es nie so sehen. Er dachte, irgendwann würden sie schon den richtigen Weg einschlagen und Jesus Christus folgen. Das würde aber niemals der Fall sein. Das wurde ihm jetzt klar. "Was? Willst du uns jetzt etwa auch noch umbringen, wie ihr Christen das mit allen macht, die eurem Glauben nicht angehören? Euer Gott ist dabei nur eine Lüge. Eure ganze Religion ist eine Lüge. Alles erstunken und erlogen und von anderen Religionen geklaut, übernommen, und verändert." Linhart wollte noch etwas erwidern, da sagte Mara: "Aber Gott ist doch immer für uns da? Dann war er das doch auch." Kilian merkte es. Sie war auch eine Christin. "War er für deine Mutter da?", fragte er sie und beugte sich zu ihr runter. Sie schüttelte mit ihrem Kopf. "War er für deinen Bruder oder dich da?" Sie schüttelte wieder leicht mit ihrem Kopf, sagte dann aber: "Aber ihr wart doch da. Gott hat euch zu uns gebracht. Ihr habt uns geholfen." Kilian schüttelte nun auch seinen Kopf. "Oh nein. Nein nein. Niemand hat mich geschickt. Niemand. Und schon garnicht euer verlogener Got-" Nia stieß ihm ihren Ellenbogen in seine Rippen. Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Lass sie glauben, woran sie glauben will.", motzte sie ihn an. Er ging wieder in seine normale Haltung über und sah nun zu seiner Schwester. Er wollte darauf etwas erwiedern, aber sie warf ihm einen Aussagekräftigen Blick zu. Wieder hielten alle anderen gespannt ihren Blick auf die beiden streitenden Personen gehalten. Keiner wagte es zu atmen. Alle warteten darauf, was nun passieren würde. Besonders Evan war erstaund. Er kannte die beiden garnicht so; sie stritten sich nie. Sie ärgerten sich manchmal, aber sie hatten noch nie gestritten. Daraufhin drehte er sich einfach um und sagte beim gehen: "Kommt jetzt! Wir müssen weiter!" Er stieß gegen Linharts Schulter, der nur zusammenzuckte und Kilian erstarrt nachguckte, der ihm zuzischte: "Wenn wir verdammte Heiden sind, dann ist deine Hübsche da es auch. Sie gehört nämlich zu unserer Ahnenreihe und nicht zu deiner."
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Blutzauber
FantasyBand 1 Es gibt sie: Blutzauberer. Vor einem Jahrhundert gejagt, doch sie sind zurück. Ein neuer Krieg bricht aus, in dem jeder an seine Grenzen geht. Wem soll man vertrauen? Wer ist Freund und wer ist Feind? Runa, sie lernt ihre eigenen Leute kennen...