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Tot. Ein toter König. Sie verstand es einfach nicht. Das Gift hätte nicht so früh einsetzen dürfen. Diese verdammte Hexe. Aber sie brauchte noch etwas für den Prinzen, also würde sie eh hin müssen. Es war neblig und kalt. An den dürren Ästen hingen kaum Blätter. Die Sonne war noch nicht richtig aufgegangen und der Himmel war bewölkt. Ob jemand herausfinden würde, dass sie ihn vergiftet hatte? Würde man sie hängen? Ein Schauer lief ihren Rücken hinunter. Sie ging tief in den Wald. Das kleine Hexenhäuschen stand in einem Baumkreis. Steine darum. Würde man es von oben sehen, könnte man ein Pentagramm erkennen. Sie lief durch. Als sie sich erneut umsah, wie sie es letztes Mal tat, konnte sie Runen erkennen. Als sie letztes Mal da war, war es dunkel, da hatte sie nicht viel erkannt. Sie ging zur Tür der kleinen Hütte. In dem Moment, in dem sie klopfen wollte, ging die Tür auf und die alte Frau sah sie an. Emma erschrak. "Hexe! Du hast deine Hellseherischen Fähigkeiten benutzt!"
"Wovon redest du, dummes Mädchen?"
"Wie hättest du denn sonst gesehen, dass ich hergekommen bin?"
"Weil ich nicht blind bin und ein Fenster habe. Da kann man durchsehen, haben Fenster so an sich."
"Oh." Die Alte drehte sich bereits um, als sie noch hinzufügte: "Außerdem läufst du nicht gerade wie eine Fee rum, eher wie ein Oger oder so was großes trampelhaftes." Emma sah ihr schockiert hinterher und dann auf ihre Füße. Wirklich so schlimm? "Worauf wartest du Mädel? Komm rein! Draußen ist es kalt und der Wind trägt mir das ganze Laub rein." Emma lief rein und schloss hinter sich die Tür. "Also, was willst du hier?", fragte die Alte. Emma sah sich gerade um. Viel hatte sich nicht verändert. Alles war voll von alten, morschen Regalen, die voll von Büchern, Blättern, Kräutern, Tränken und Tinkturen waren. Ein kleiner Kessel stand an einer Wand. Etwas wurde da drinnen gebraut. "Was kocht denn da? Ein neues Gift?", fragte Emma die Alte, während sie den dampfenden Kessel neugierig betrachtete. "Mein Mittagessen.", sagte die Alte bitter und lief zu eines der Regale. Sie nahm sich ein paar Kräuter und warf sie in den Kessel. "Und warum tust du dann das da rein? Kräuter sind doch für so Tränke und-"
"Damit es besser schmeckt. Das gibt alles einen Geschmack ab. Manche bitter und manche süß. Aus Kirchen kann man leckeren Kuchen machen, aus den Stillen aber gute Medizin." Emma nickte leicht, sah sich dabei aber noch etwas weiter um. Eine Katze streckte sich gerade von ihrem Mittagsschlaf. "Und die Katze? Du bist doch eine Hexe. Hast du nicht noch einen Besen zum reiten?" Sie sah sich weiter um und sah einen in der Ecke stehen. "Den da zum Beispiel." Die Alte verdrehte ihre Augen. "Letztes Mal hast du nicht so viel gefragt. Du wolltest nur den Trank. Katzen habt ihr Leute doch auch? Gegen das Ungeziefer. Hier draußen ist es besonders schlimm, da braucht man auf jeden Fall eine Katze oder gleich mehrere. Und der Besen ... Womit putzt du denn?" Emma wollte etwas erwidern, schloss aber sofort wieder ihren Mund, da ihr nichts darauf einfiel. "Das sind alles Ammenmächen. Wir sind einfach nur gebildeter, als das Allgemeine Volk, deswegen werden wir gehasst. Die Kirche hat auch etwas gegen uns. Wir sind gebildete Frauen, in den Augen der Priester sollte es so etwas nicht geben. Frauen gehören für sie untergeordnet. Wir dürfen ihrer Ansicht keine eigenen Gedanken haben. Wir müssen tun, was sie wollen. Sagen was von Gott, halten sich aber selber nicht an seine Gebote. Ein pack alter Lügner. Und dann soll man der Kirche auch noch von dem eigenen wenigen zum Überleben etwas geben. Für die Armen, aber die Mönche essen selber davon. Machen nix dafür. Faule alte Säcke!" Emma wollte auch hier etwas dagegen sagen -an konnte die Mönche und Männer Gottes doch nicht so beleidigen- aber dann fiel ihr auf, dass es stimmte, was die alte Frau sagte, also schloss sie auch hier wieder ihren Mund. "Naja, auch erstmal egal. Du bist ja wegen was ganz anderem hier. Das Balg?" Emma sah die Frau verwirrt an. "Na ob du jetzt das Balg vergiften willst?" Emma sah sie immer noch verständnislos an. Welches Balg? Wovon sprach die Alte? "Na das Balg vom König, dummes Ding. Das Älteste. Nicht die ganzen Bastarde. Der Kerl hat sich mehr zwischen Schenkeln junger, hübscher Frauen aufgehalten, als in seinem Thronsaal. Kein Wunder, dass seine Frau an Kummer gestorben ist. Um sie hat er sich gar nicht mehr gekümmert, seit sie vom Pferd gefallen ist. Hat sie einfach überrannt, das Ding. Seit dem hatte sie ein paar hässliche Narben und der König wollte sie gar nicht mehr sehen. Und der Sohn erst. Hat sie beleidigt und sie nicht mal ins Schloss gelassen. Einfach im Turm eingesperrt hat er sie. Da starb sie dann auch. War zu einsam. Nicht mal die Töchter wollte der Sohn zu ihr lassen. Dabei hat die Jüngste immer so gebettelt. Die hat er dafür aber ins eigene Zimmer gesperrt. Schrecklich. Da freue ich mich, endlich jemand, der ihn tot sehen will. Der König ist es ja bereits. Ging schneller, als gedacht." Da fiel Emma wieder ein, warum sie auch da war. "Ja, warum eigentlich. Ich hatte schon Angst, dass man herausfinden würde, dass der König vergiftet wurde. Und dann auch noch merken würde, dass ich es war. Einfach furchtbar. Deswegen bin ich auch so früh hier. Warum ging es so schnell. Er hätte doch erst in ein paar Monaten sterben sollen und-", da fiel Emma etwas auf. Woher wusste die Alte das? Wenn sie selber sagte, dass sie keine Hexe sei. "Woher weißt du das eigentlich?"
"Woher? Du meinst, dass der König tot ist?"
"Ja, woher? Bist du doch eine Hexe?" Die alte lachte. "Das ich keine bin hab ich nicht wirklich gesagt. Nur, dass das, was ihr denkt, das Hexen sind, falsch ist."
"Also bist du doch eine Hexe?"
"Sagen wir es so, den Begriff Gelehrte würde ich bevorzugen. Wir lernen die Mächte der Natur und Umgebung zu verstehen, zu beherrschen, mit ihr zu leben und sie für uns einzusetzen, wie wir es grade brauchen. Hexen werden Zauber und Magie nachgesagt. Wir Verbinden uns aber lediglich mit der Macht, um sie nutzen zu können, wir sind sie nicht oder bestehen aus ihr. Genauso wenig liegt uns so etwas im Blut. Wobei ... Ein bisschen vielleicht schon. Wir haben einen inneren Ruf in uns, der danach zerrt. Wir altern langsamer, wodurch wir zwei Mal so alt werden können, wie ihr. Aber was soll das schon heißen. Ist bei dir doch genauso."
"Bei mir? Was meinst du damit?"
"Hast du es denn gar nicht begriffen? Kein Wunder, dass du dich nicht selbst drum gekümmert hast, den König zu vergiften und lieber zu mir gekommen bist, um dir was geben zu lassen."
"Wovon redest du? Sprich deutlich mit mir und sag mir endlich, was los ist!"
"Na gut, also ..."

BlutzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt