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Die hörte eine Tür, die geöffnet und geschlossen wurde. Dieser Person fiel es scheinbar schwer, die dicken Eichentüren zu öffnen. Runa saß immer noch zusammengekauert in der Ecke. Sie hob ihren Kopf von ihren Knien, ihre Arme ließ sie jedoch auf diesen liegen. Eine kleine Gestalt trat aus dem Schatten. Zum Vorschein kam ein kleines Mädchen mit langen braunen Haaren und einem Seidenkleid. "Hast du wirklich rote Haare?", fragte die Kleine. "Ich bin Antonia und du?" Runa stand langsam auf und lief zu Antonia. Sie war zwei Köpfe kleiner als Runa, weswegen sie sich vor die Kleine ans Gitter der Zelle hockte. "Wow. Die sind ja wirklich rot. Ich habe noch nie rote Haare gesehen. Und so viele Punkte im Gesicht. Ist das eine Krankheit?"
"Nein, nur Sommersprossen."
"Darf ich deine Haare anfassen?"
Runa nickte. Die kleine Hand griff durch das Gitter und nahm so viele Locken in ihre Hand, wie reinpassten. "Wie weich die sind." Sie lächelte. "Willst mit? Ich würde dir gerne etwas zeigen. In meinem Geschichtenbuch gibt es rothaarige."
"Ich würde gerne mitkommen, aber ich bin hier eingesperrt. Ich komme hier also nicht weg."
"Keine Sorge." Antonia zog etwas unter ihrem Kleid vor. Zum Vorschein kam ein Schlüsselbund. Sie probierte ein paar der Schlüssel aus, bis sie den passenden gefunden hatte. Sie machte die Tür auf und zog Runa mit sich. "Wie soll ich dich denn nun nennen?"
"Runa."
"Was ein seltsamer Name. Den kenne ich garnicht, aber er hört sich trotzdem ganz hübsch an." Sie liefen die Treppen hoch. Dabei achteten sie darauf, niemandem über den Weg zu laufen. Sie taten das Selbe, auf dem Weg zu Antonias Zimmer. Die Tür öffneten und schlossen sie leise und schnell. In dem Zimmer stand ein großes Himmelbett, ein großer Eichenschrank, Teppische lagen auf dem Boden, eine Feuerstelle an der Seite der Wand, die Flagge mit dem Wappen des Königreichs, ein Tisch und Stuhl, Truhen in unterschiedlichen Größen. Antonia lief zu einer großen Kiste, die am Ende des Bettes stand. Sie öffnete sie und ließ dadurch ein knarrendes und krachendes Geräusch ertönen. Runa stellete sich hinter das sich vor die Truhe kniende Mädchen. In der Truhe sah sie mehrere Spielsachen, wie Holzpferde und Spielbälle. Antonia wühlte zwischen den Sachen und holten dann ein dickes Buch zum Vorschein raus. "Da ist es ja.", sagte sie noch dazu. Dann stand sie mit dem alten Buch auf und drehte sich zu Runa um. "Das ist es. Das ist das Geschichtenbuch. Da sind auch Menschen mit roten Haaren." Sie setzten sich auf die Fensteranhöhe, wo viele Kissen, Decken und Felle lagen. Antonia kuschelte sich an Runa. Sie schlugen das Buch auf und blätterten darinne, bis sie den Anfang der Geschichte gefunden hatten. "Kannst du mir vorlesen? Ich liebe es, wenn man mir Geschichten vorliest. Das hat die Königin immer gemacht. Die Königin war meine Mutter." Runa sah zu Antonia. Ihr Kopf lag an ihrer Schulter, weswegen sie Antonias Gesicht nicht richtig sehen konnte, aber sie konnte spüren, dass sie irgendwie traurig war. "Warum tut sie es denn nicht mehr? Ist irgendetwas passiert?", fragte sie Antonia. Antonia sah zu ihr auf. Jetzt konnte sie in ihre blau-grünen Augen sehen. Sie sah traurig aus, als würde sie jeden Augenblick anfangen zu weinen. "Sie ist gestorben, bei der Geburt meines kleinen Bruders. Er ist auch gestorben. Vater will mich deswegen jetzt mit einem Fürsten verheiraten." Runa sah sie entsetzt an. Sie war ja nicht mal 10 und da wollte er sie schon verheiraten? Was ist er nur für ein grausamer Mensch? Runa fing n zu lesen. Sie konnte es allerdings nicht sehr gut, da sie von ihrer Meisterin eigentlich nur Runen und anderen Schriften gelernt hatte. Die Buchstaben, die man hier benutzte hatte sie nur bedingt gelernt. Nach einer Weile fiel es ihr aber recht einfach und sie las, als würde sie seit Jahren nichts anderes tun. "Die Blutbändiger, wie sie sich selber nannten, sind ein Volk gewesen, die rote Haare hatten. Sie waren schreckliche Menschen, die nur Tod und Unglück über uns gebracht haben. Hexen, die einen Packt mit dem Teufel geschlossen haben. Sie hatten übernatürliche Kräfte. Sie konnten einen Menschen ausbluten lassen oder sein Herz zum anhalten bringen. Ihre Sinne und Instinkte waren wie die eines Tieres. Dieses Phänomen gab es aber nur bei Rothaarigen. An dieser Farbe konnte man die Hexen erkennen. Deswegen wurden alle Rothaarigen verfolgt, gejagt und getötet. Heute weiß jeder von dieser Legende. Jeder weiß, dass es rotes Haar nicht gibt und dass das nur eine Legende ist. Ein Amenmärchen, dass gerne Kindern erzählt wird, damit sie immer artig sind, sonst droht man ihnen, dass eine dieser Hexen kommt und sie verflucht." Bilder waren gezeichnet über ganze Seiten, wie Blutbändiger gejagt und verbrannt wurden. Alle hatten rote Haare und alle wurden mit bösen Auren und Gesichtern gezeichnet. Runa schluckte kräftig. Ihr drangen Bilder in den Kopf. Bilder von ihrer Mutter. Bilder von ihrem Vater. Aber sie kannte ihren Vater doch garnicht. Wie konnte sie sich dann an ihn erinnern? Wie war das nur möglich? Ein lauter Knall der Tür ließ sie erschrocken aus ihren Gedanken fahren. Antonia war genauso erschrocken und fuhr ebenfalls nach oben. Der König trat ein. In der Tür stand eine zitternde Frau. "Sie ist wieder da. Sie hat sich wirklich einfach wieder weggeschlichen. Sie bekommt man einfach nicht unter Kontrolle.", sagte die Frau und hielt sich an der Wand zur Tür fest. Der König lief zu seiner Tochter. Runa beachtete er erst garnicht. Er stand nun genau vor Antonia. Sie sah zu ihrem Vater auf. Sie sah ängstlich aus. Dann schlug ihr Vater sie und Tränen stiegen ihr in ihre Augen. "Du sollst doch nicht in die Kerker gehen. Da sind Verbrecher, Mörder, Diebe und Vergewaltiger. Was wenn dir da etwas passiert?", fragte er wütend. Dann kniete er sich auf ein Bein vor sie und breitete seine Arme aus. Trauer lag in seinem Gesicht. "Komm her." Sie weinte und schlang ihre kurzen Arme um seinen Hals. Er schloß sie ebenfalls in eine Umarmung. Dann löste er sich von ihr. Er stand auf uns sah zu Runa, die immer noch wie angewurzelt da saß. Antonia sah von ihrem Vater zu Runa. Besorgnis lag in ihrem Blick. "Dir werden wir jetzt erstmal Gehörigkeit beibringen."
"Vater, tu ihr bitte nichts. Sie hat mir vorgelesen."
"Keine Sorge, wenn sie erstmal deinen Bruder geheiratet hat, dann wird sie dir, und deinen bis dahin geborenen Neven, noch genug vorlesen können." Der König wollte Runa an der Hand packen und hinter sich her ziehen, aber sie entriss ihm ihre Hand. Ee drehte sich böse um, sah aber dann doch wartend zu, was sie tat. Runa hockte sich in Augenhöhe vor Antonia. Dann küsste Runa ihre eigene Hand und legte diese dann an Antonias schmerzende Wange. Antonia fing an zu lächeln, da der Schmerz verschwunden war. Dann stand Runa auf und folgte dem König. "Na wenigstens ein erster Schritt zum Gehorsam hast du gelernt. Dem König zu folgen, wenn er es verlangt."

BlutzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt