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Linhart nickte. "Natürlich! Ihr habt mich aufgenommen, als es sonst niemand tat. Selbst wenn ich den König eigenhändig töten muss. Ich werde bei euch bleiben." Die Seherin lachte. "Um den König wirst du dir keine Sorgen mehr machen müssen. Nur sein Sohn wird dir etwas anhaben. Etwas schreckliches.", sagte die Seherin, beim letzten Teil, sah sie zu Nia. "Etwas ganz schreckliches. Euch allen."
"Was meinst du damit?", fragte Nia verunsichert. "Das werdet ihr noch früh genug erfahren. Keine Sorgen, das werdet ihr noch sehr früh erfahren. Oder nein, wartet. Ihr solltet euch Sorgen machen. Und damit meine ich verdammt große."

"Was sie wohl damit gemeint hat?", fragte Kilian. Alle saßen auf der Wurzel des großen Baumes. "Das würde ich auch gerne mal wissen. Und auch, warum sie mich dabei so komisch angeguckt hat.", sagte Nia noch etwas verängstigt. Dann fügte sie eher erklärend und ohne einen Hauch von Angst hinzu: "Also nicht wirklich angeschaut. Sie kann ja nichts sehen, aber es kam mir so vor. Ihr Gesicht war an mich gewandt und sie sah so ernst aus, beinah gespenstig. Schrecklich. Brühühü." Nia schüttelte sich am ganzen Leib. Ein Schauer lief ihr erneut den Rücken runter, als sie wieder an diesen Moment dachte. "Ist ja wirklich beängstigend. Aber warum sagt sie so was? Und woher weiß sie das mit dem König? Sie ist doch gar nicht da.", fragte Linhart.
"Das liegt daran, dass das Seelentier von der Seherin mit den Göttern in Verbindung steht. Krähen und Raben sind Götterboten. Alle. Und da sie mit ihm in Verbindung steht, weiß sie alles, was die Götter an es weitergeben.", erklärte ihm Kilian.
"Aber das ist doch gar keine Krähe und ein Rabe ist es genauso wenig. Die sind ja schwarz. Der Falke hat ein schönes Braun.", sagte Runa, nun ebenfalls verwirrt von dem, was der junge Rotschopf sagte. "Ja, das liegt daran, dass es mal ein Rabe war. Die Götter mussten ihn aber schützen. Er geriet in eine Falle, von Christen erschaffen. Damit wollte man die anders Religiösen, wie sie uns vor hunderten von Jahren nannten, von ihrer Religion reißen. Vor zehn Jahren hat man es als Festlichen Akt erneut gemacht, dabei geriet er da hinein. Aus Spaß hat man die schwarzen Vögel, die Tieren von Dunkel und Schatten, wie sie auch genannt wurden, getötet. Die Götter schützten ihn, indem sie ihn in einen Falken verwandelten. Hätten sie das nicht gemacht, dann wäre er jetzt tot.", sagte Kilian erneut. "Warum sagst du so was? Gott hat ... Der Christentum ist nicht so schrecklich, wie du immer behauptest. Es sind die Menschen, die schrecklich sind. Die wahren Christen tun so etwas nicht. Wir tun so etwas nicht.", sagte Linhart mit leichter Gereiztheit in seiner Stimme, aber dennoch lag auch etwas Zweifel und Unsicherheit in seiner Stimme. "Bei euch geht es irgendwie immer um Religion. Warum seid ihr da denn immer so ernst bei der Sache. Woher wisst ihr denn, wie alles läuft oder ob es das wirklich gibt? Ihr seid doch nur davon so überzeugt, weil man es in eure Köpfe gesetzt hat. Habt ihr da eigentlich so was wie ne eigene Meinung?", mischte sich Runa in den beginnenden Streit ein. Die beiden sahen zu ihr. Wollten etwas sagen, wussten aber nicht, was sie ihr auf diese Frage antworten sollten, also verstummten sie. Dann begann Linhart: "Ich bin aus freien Stücken Christ. Es wundert mich eher, dass du keiner Religion folgst."
"Muss ich ja nicht. Mir ist nie ein Gottgleiches Wesen erschienen. Warum sollte ich etwas dergleichen überhaupt folgen? Bin ich ihr Sklave oder Untertane? Muss ich ihnen dienen? Und wenn ja, warum sollte ich? Haben sie je etwas für mich getan?" Kilian wollte ihr antworten, aber Linhart war schneller: "Er hat dich erschaffen und deine Wege geleitet. Er hat dich zu uns geführt." Runa zog eine Augenbraue hoch und sah ihn ungläubig an. "Das ist doch jetzt nicht dein ernst.", sagte sie. "Nichts hat er. Meine Eltern habe mich erschaffen. Und ich bin diese Wege von selbst gegangen. Da hat mich niemand geleitet." Sie drehte sich zu Kilian. "Und du, was willst du mir erzählen?" Kilian sah sie erst unsicher an. Was wenn sie bei ihm auch so reagieren würde? Aber das was er hatte, das hatte sie auch. Eine Kraft, die sie von den Göttern bekommen haben. Denn woher sollten sie so etwas mächtiges sonst haben? Also sagte er gelassen, fast gelangweilt: "Wir beide -Nia und Evan, sowie alle anderen Blutzauberer und -inen- haben etwas wertvolles von den Göttern bekommen. Sage mir, woher sollen wir diese Macht haben, wenn nicht von den Göttern?" Runa stutzte erstmal. Darauf hatte sie keine Antwort. Aber der Christliche Gott kann es scheinbar nicht. Und sie setzten sich durch die Raben und Krähen mit einem in Verbindung. Bei dem Christlichen Gott gab es so was nicht, oder? Doch, einen Mann brauchte man dafür. Einen Pfarrer. Nein das war nur bei einem Teil der Christen so, bei den anderen brauchte man nur sich selber, oder? Aber das ja auch noch nicht so lange. Die Christen führen deswegen gegeneinander Krieg. Wenn selbst in der eigenen Religion solche Unstimmigkeiten sind ... Aber soll es wirklich diese Götter geben. Kilian hielt der, noch immer in Gedanken versunkenen Runa, seine Hand hin. Langsam und annähernd sagte er: "Komm, tritt unserem Glauben bei. Wir sind eins mit den Göttern. Sie sind für uns da. Haben Stärken und Schwächen, genau wie wir. Sie stellen sich nicht als etwas besseres dar, nicht als etwas höheres. Sie haben nur besondere Kräfte, jeder von ihnen individuell. Nur uns haben sie eine Kraft gegeben, die jeder hat: den Blutzauber. Aber obwohl jeder diese Kraft hat, hat sie nicht jeder gleich. Ich bin mit meinen Kräften mehr für einen Kampf ausgestattet. Nia ist mit ihren Kräften mehr zum heilen ausgestattet. Evan leitet besser, seine Gedankenströme, deine Gedankenströme. Das geht durch dein Blut. Alles geht durch dein Blut. Worine bist du besser? Haben dir die Götter das schon gezeigt. Mir haben sie es gezeigt. Einer erschien hier. Sie haben eine Menschengestalt. Er hat es mir gelehrt, bis er in seine Reiche zurück ging. Es wird immer einen Gott geben, der dich leitet, der zu dir gehört, zu dem du gehörst. Eine Gottheit, die immer für dich da ist. Wirst du an sie glauben, wenn du sie siehst?" Runa wollte zögerlich nach seiner Hand greifen, aber Linhart sagte, aus Angst sie an einen anderen Glauben verloren zu haben: "Tu es nicht. Gott wird dir noch zu Hilfe kommen; er wird dir aus tiefer Not helfen. Schließ dich nicht diesem Glauben an. Bitte." Runa sah zu ihm, sah zu Kilian seiner Hand, zu ihrer eigenen, die sie in Kilian seine legen wollte. Sie zog sie schnell weg. Linhart sah erleichtert aus, wollte ihr gerade sagen, dass er sich über ihre Entscheidung freut, dass sie bereit ist dem Christentum zu folgen, aber sie sagte nur: "Ich werde mich keinem Eurer Glaubensrichtungen anschließen. Ich habe meine eigene Meinung. Ich lasse mich von euch nicht beschwatzen. Das könnt ihr vergessen!" Wütend ging sie weg. Nia sah beide nur Kopfschüttelnd an und lief ihr dann nach, aber vorher sagte sie noch: "Immer wieder das selbe mit euch, sobald es um den wahren Glauben geht." Evan stand nur schweigend da, sah den beiden nach und sah dann Schulter zuckend zu den Jungs. "Ich hätte sie fasst so weit gehabt! Das ist deine Schuld!", schnauzte Kilian Linhart an. "Na dann ist es ja zu gut, dass es nicht passiert ist." Bevor sie weiter streiten konnten, sagte Evan streng zu den beiden: "Das ist genau der Grund, warum die beiden gegangen sind. Wollt ihr euch jetzt wirklich weiter deswegen streiten?" Das war auch für Evan genug. Er ging. Die zwei blieben stumm zurück, nicht wissend, was sie sagen sollten.

Evan suchte nach den beiden, fand sie jedoch nicht. Er ging tiefer in den Wald. Er fragte sich, wo sie seien. Dann sah er etwas. Es bewegte sich. Er dachte erst, dass es eins der Mädchen ist. Sagte fragend ihre Namen. Aber dann kam es mit unnormalen Bewegungen auf ihn zu. Wie das Ding, das in Runa war. Sein erster Gedanke, sein erster Impuls: er rannte. Er rannte so schnell er konnte. Aber es verfolgte ihn unglaublich schnell. Es hatte ihn zu schnell mitbekommen, das konnte nicht normal sein. Durch seine Fähigkeiten hat er es zum Glück früh mitbekommen. Hätte er nicht diese Macht, dann hätte es ihn jetzt schon längst. Nun schrie er auch, denn es war nicht mehr weit von ihm entfernt. Er hoffte, dass jemand ihn hören und rechtzeitig zu ihm kommen würde. Aber würde das wirklich passieren? Jeder hier hatte bessere Sinne, aber er war recht weit vom großen Baum entfernt. Würde in wirklich jemand hören können? Da sah er noch mal kurz hinter sich und direkt hinter ihm war die schwarze Gestalt. Jetzt erst sah er, dass es gar nicht rannte, sondern flog. Er schrie erneut, doch zu spät.

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