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Runa saß still da. Alles um sie herum sah dunkel aus, obwohl alles so hell war. Für sie sah es wie die Finsternis vor, obwohl die Sonne schien. Sie war verzweifelt. Wo konnte nur dieses Buch sein? Es musste doch da sein! Wo sollte es sonst sein? Sie hatte es sich doch noch gar nicht richtig durch gelesen. Ja nicht mal angefangen. So viele Dinge standen drinne, und nun? Sie war so erschöpft. Und da sah sie etwas. In dem ja eigentlich so von Sonnenstrahlen beschienene Raum, der ihr so dunkel vorkam, sah sie ein Wesen durchs Fenster steigen. Sie bekam Angst. Es sah so finster aus. War es aus Schatten? Das sah aus, wie das Ding, das sie in der Nacht verfolgt hatte, in der ihre Großmeisterin starb. Es hatte sie gefunden. Es war die ganze Zeit hinter ihr her. Ihr Herz fing an zu rasen, ihr Puls erhöhte sich, Schweiß ran ihre Haut entlang, ihr Atem beschleunigte sich. "Geh weg! Geh weg! Was willst du denn nur von mir? Geh!", schrie sie voller Panik und Entsetzen. Draußen kam ein Gewitter auf. Nun wurde es wirklich dunkler und das Wesen schien größer zu werden. Es kam langsam auf sie zu. Sie wollte schnell aufspringen und wegrennen, da durchfuhr es sie plötzlich und sie sakte in sich zusammen. Genau in diesem Moment kamen die anderen rein. Schnell verschwand das Wesen wieder durchs Fenster. Nia schrie entsetzt. "Was ist das denn für ein Ding gewesen?" Kilian ist schon zu Runa gerannt und zog sie an sich. "Was ist mit ihr?", fragte Linhart, der sich besorgt neben den hockenden Kilian stand. Kilian strich ein paar Haarsträhnen aus Runas Gesicht, die ihr beim Fall ins Gesicht gekommen waren. "Ich weiß es nicht.", gab Kilian zur Antwort. Evan trat vorsichtig in den Raum, aber nicht aus Angst, dass das Wesen noch da sein könnte. Es war ein unwohles Gefühl in ihm, dass ihn dazu brachte. Dann sagte er behutsam, um nicht möglich jemanden in Panik zu versetzten: "Habt ihr das gesehen?" Alle drehten sich mit ihrem Kopf in seine Richtung. Nia stellte sich nun ebenfalls in das Zimmer, direkt neben Evan. "Was genau meinst du?", fragte sie zögerlich. "Na dieses Ding ... Dieses Wesen ... Diese ... keine Ahnung ... Egal was es war, es ist auf jeden Fall durch sie hindurch gegangen und dann ist sie ..." Er sah betreten zu Runa. "Ihr wisst schon." Er kratzte mit seiner Fußspitze den Boden etwas lang und sah dabei nach unten, um die anderen, und den Anblick von Runa, nicht ertragen zu müssen. "Sie lebt noch. Macht euch bitte keine Sorgen. Ihr geht es gut. Wer weiß, was das Ding mit ihr gemacht hätte, wenn es vor Schock nicht vor uns geflüchtet wäre.", gab Kilian dem Gerede seinen Teil dazu. "Das das Ding überhaupt so etwas wie einen Schock empfinden kann ...", gab Nia noch dazu, sah Augen verdrehend zur Seite, während sie ihren Kopf dabei seitlich legte und sah dann wieder etwas besorgt zu Runa. "Aber geht es ihr wirklich gut? Wir wissen nicht, was mit ihr gemacht wurde. Weißt du, zum Beispiel, ob sie wieder wach wird? Weißt du, ob sie noch all ihre Erinnerungen hat? Weißt du, ob sie nicht vielleicht einen ihrer Sinne verloren hat? Kannst du mir irgendetwas davon mit Sicherheit beantworten?" Nia legte besorgt eine Falte zwischen ihre zusammengezogenen Augenbrauen. Sie hatte eine zu gute Freundin in Runa gefund, als dass sie Sorglos bei diesem Anblick daneben stehen hätte können. Kilian sah abwechselnd von Runa zu seiner Schwester, nicht sicher, was er ihr antworten sollte. Er hatte selber noch garnicht darüber nachgedacht. Ja was? Was wenn eins dieser Dinge nun so war? Was sollten sie dann tun? Er seufste einmal tief und sah dann wieder zu seiner Schwester. "Ich weiß es nicht genau. Ich könnte dir nirgendwo was dazu sagen. Ich kann dir nur sagen, dass sie lebt und es ihr wenigstens so weit gut geht. Aber ich könnte nachsehen, auch wenn ich dann in einen sehr privaten Bereich von ihr vordringen würde." Linhart sah ihn verwirrt an. Was meinte er denn damit? Was konnten diese Menschen noch alles, von dem er nichts wusste? Die anderen beiden bemerkten seinen verwirrten Blick. "Wir können ja in die Gedanken des anderen eindringen und diese hören, so wie unsere weiterleiten. Unsere Erinnerungen können wir ja auch teilen, also können wir auch die des anderen uns angucken. Wir können den ganzen Körper absuchen und so Krankheiten oder andere Sachen feststellen. Das mit den Erinnerungen ist aber wirklich sehr privat. Das sollte eigentlich niemand machen. Niemand will, dass ein anderer im eigenen Kopf rum spukt.", erklärte Evan ruhig. Linhart schauderte es bei dem Gedanken, dass jemand sich in seinem Kopf breit machte. Kein Wunder, wenn man wahnsinnig wird. "Sollte ich es tun?", fragte Kilian nun. Eine gute Frage. Die anderen waren sich auch noch unschlüssig. Doch dann sah Nia plötzlich ganz ernst zu ihrem Bruder. "Ich mach es. Ich will wissen, ob alles in Ordnung mit ihr ist. Dieses Ding sah viel zu schrecklich aus, als dass wir sie einfach nur so da lassen könnten." Kilian nickte kurz zögerlich stimmte ihr dann aber zu. "In Ordnung."
"Leg sie aufs Bett. Ich will es nicht auf so einem harten Untergrund machen. Sie soll ruhig im weichen liegen können, wo es auch nicht so kalt ist. Macht das Fenster zu, damit der Wind nicht so rein strömt und macht ein paar Kerzen am Bett an, damit wir trotzdem noch etwas sehen können." Alle folgten ihren Befehlen. Kilian trug Runa zum Bett und legte sie drauf. Evan und Linhart machten in der Zeit das Fenster zu und zündeten ein paar Kerzen an, dass nur ihre Gesichter und das Bett erhellt waren. "Nun gut.", sagte Nia etwas unsicher. Ihre Hände zitterten und ihre Stirn war in Falten gelegt. Alle sahen, wie unwohl sie sich dabei fühlte. Sie sah nochmal kurz jeden einzelnen an, ob nicht doch jemand vor hatte, sie davon abzuhalten, aber jeder sah sie nur genauso zweifelnd an, jeder mit einer Kerze in der Hand, die ihre Gesichter erhellten und alles um sie schwarz aussah. Sie war sichtlich aufgeregt, aber sie atmete nur nochmal tief durch und sagte: "Lasst uns beginnen.", ehe sie ihre Hände auf Runas Schläfen, und ihre eigene Stirn an ihre legte. Ihre Augen schloss sie dabei. Aber als sie anfing die Wärme zu spüren, die Runa auf sie übertrug, kam ein kurzer Impuls, der sie dazu brachte, sie kurz zu öffnen. Die anderen waren erstaunt und schockiert, denn ihre Augen leuchteten Blutrot, und als sie versuchten mit ihr zu sprechen, gab sie keine Reaktion von sich. Kilian bekam Angst, Angst um seine Schwester. "Nia, Nia antworte uns!", fing er an. Schweiß lief sein Gesicht hinunter. Linhart merkte es sofort. "Ihr reagiert nicht normal. Das sollte nicht so laufen oder?", fragte er, und die Antwort auf seine Frage, lies ihn schaudern, so wie der verzweifelte Blick von Kilian. "Nein. So sollte es ganz und gar nicht laufen."

BlutzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt