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"Wow, Schlösser sind ja wirklich ziemlich groß.", sagte das Mädchen erstaunt. Alle drei Rotschöpfe trugen einen Umhang. Sie hatten sich darunter verborgen, damit niemand ihre Haare sah. "Du hast sie doch schon ein paar Mal aus der Entfernung gesehen.", sagte der blau Äugige. "Ja, aber nie so nah. Wir stehen genau davor. Das ist wirklich unglaublich. Sogar größer als die Bäume. Findet ihr das denn garnicht erstaunlich?" Die Jungen sahen sich an und nickten. "Schon, aber wir haben eine Aufgabe, da können wir uns nicht so lange damit aufhalten, Schlösser zu bewundern." Linhart hatte das Schloss schon oft gesehen. Von seiner Hütte aus dauerte es gerade mal einen halben Fußweg bis dort hin. "Ja, da ist ja noch das Mädchen.", sagte sie mit großen Augen. Sie war eine froh Natur. Es gab eigentlich nichts und niemanden, der sie wütend oder traurig machen konnte. "Dann gehen wir mal los." Sie wollte gerade los laufen, da wurde sie auch schon am Kragen festgehalten. "Halt, stopp. Wir können da nicht einfach so reinlaufen.", sagte wieder der Junge mit den blauen Augen. "Ach Brüderchen, warum denn?" Er war im Gegensatz zu ihr immer sehr ernst. "Wir müssen taktisch da ran." Linhart war von ihnen verwundert. Er selber hatte gesagt, dass sie da nicht so einfach rein konnten, und wurde dafür ausgelacht, und jetzt sollten sie doch seinem Rat folgen? "Der Bauernjunge hatte da wohl doch recht, auch, wenn ich das nicht unbedingt gerne zu gebe." Linhart fasste das sofort als Beleidigung auf -was es natürlich auch war. "Hey!", wollte er gerade gegen ihn einwenden und protestieren, aber er wurde von allen ignoriert. Er gab seine Versuche auf und hörte stattdessen zu, was sie zu sagen hatten. "Wir sollten am besten in der Nacht angreifen, da erwecken wir nicht so viel Aufsehen. Die meisten werden zu diesem Zeitpunkt auch schlafen. Dann kümmern wir uns um die Leute vor der Tür und Tor. Sorgt dafür, dass sie euch erst nicht sehen, bevor ihr sie tötet. Dann können wir uns reinschleichen und nach ihr suchen. Auch wenn es mich nervt. Wir kennen sie garnicht. Sie kann garnicht so wichtig sein. Sie ist nur ein dummes und Ahnungsloses Mädchen. Wir brauchen sie doch eigentlich garnicht." Das Mädchen und der große Junge sahen sich bedrückt an. "Ja, aber wenn die Weise Frau das sagt, dann wird sie sogar sehr wichtig sein das weißt du doch.", sagte das Mädchen. "Aber du weißt doch, ich habe Jahre lang trainiert und das umsonst? Nur um dieses Mädchen aus einem Schloss zu holen? Wenn sie wirklich so mächtig ist, wie die Weise Frau behauptet hat, wie konnte sie dann erst in diese Situation geraten?" Darauf hatte seine Schwester keine Ahnung. Linhart mischte sich nun ein. Er fand es schrecklich mit anzuhören, wie dieser Junge sich über Runa lustig machte. "Hör mal zu du Trampel! Runa ist etwas besonderes, sie ist außerdem wunderschön und hat etwas an sich ... Ich weiß nur noch nicht was genau das ist ... Und wovon redet ihr da überhaupt?" Sie gaben ihm nun doch endlich Beachtung. "Das geht dich Außenstehenden nichts an. Warum bist du überhaupt noch ihr?", fragte der Blauäugige. Er wandte sich zu den anderen. "Mal wirklich, warum ist er noch hier?" Seine Gefährten zuckten mit ihren Schultern. "Ich will Runa da raus holen. Ich habe es ihr versprochen und dieses Versprechen werde ich auch halten." Das Mädchen lächelte. "Oh, bist du etwa in die verliebt?" Er wurde rot und sah sie erschrocken an, sah dann jedoch peinlich berührt zur Seite. "Das ... Nein ... Garnicht ... Das stimmt nicht ...", stammelte er. "Sie ist einfach nur ein nettes Mädchen, das ist alles." Der Blauäugige verdrehte genervt seine Augen. "Na dann kann er für seine Angetraute mit, aber ich kümmere mich nicht um ihn, wenn was schief geht." Linhart sah ihn wutentbrannt an. "Sie ist nicht meine Angetraute!" Das Mädchen lachte wieder. "Schon gut, schon gut. Er ärgert gerne andere. Ich bin übrigens, ich bin Nia, die Fröhliche. Der Große neben mir ist Evan, der junge Krieger. Und mein Bruder ist Kilian, der Krieger." Es wunderte ihn etwas, dass sie auch die Bedeutungen der Namen nannte, aber wie es aussah, entsprachen sie ihren Persönlichkeiten. "Dann können wir ja jetzt erstmal etwas essen. Ich sterbe vor Hunger.", meinte Nia. Sie sah nach oben zum Himmel. "Bis es dunkel wird dauert es eh noch vier Stunden." Sie lief zurück und sah sich die einzelnen Stände auf dem Markt an, die anderen folgten ihr. Linhart sah alle entgeistert an. "Habt ihr überhaupt Geld? Wisst ihr, wie es Zivil aussieht? Ihr seid keine Christen, nur Wilde. Verratet hier lieber niemandem eure Namen. Keltische Namen hört man hier nicht gerne. Sie würden euch sofort Köpfen." Nia hörte ihm schon garnicht mehr zu. Sie nahm sich einen Apfel von einem Stand und rieb mit einer Hand an ihm. Er war frisch geerntet und knackighart. "Ihr bezahlt hier doch mit Silber? Das haben wir. Und wir haben sowieso nicht vor mit euch Christengesindel zu reden. Ihr seid alles nur Heuchler und Mörder.", sagte Kilian und spuckte zur Seite. Linhart gefiel das garnicht, wie er über Christen und seinen Glauben sprach. "Wie kannst du so etwas nur sagen? Wir sind keine Mörder und auch keine Heuchler!" Evan hatte sich bereits zu Nia gesellt und sah sich auch ein paar der saftigen Früchte an. "Dann beweis mir das Gegegenteil. Das wirst du allerdings nicht schaffen, weil ich recht habe. Und ich weiß, dass ich recht habe.", entgegnete Kilian wütend. "Wie kommst du denn auf sowas? Du kennst doch überhaupt keine Christen. Du bist nur ein dahergelaufener Wilde. Du hast doch garkeine Ahnung von uns." Kilian sah sich um. "Da, siehst du das? Das kleine Mädchen mit den Locken? Sie hält ein totes Kind im Arm und muss gerade dabei zusehen, wie Ritter ihre Mutter vergewaltigen. Ritter. Christliche Ritter. Sie haben geschworen die Unschuldigen zu beschützen, vergreifen sich aber selber an ihnen. Später wird man sie anklagen und sie wird hingerichtet. Sie ist ja immerhin nur eine Frau und ausserdem von niedrigem Stand. Das sind Männer und Ritter. Gegen sie hat sie keine Chance. Das ist euer Christentum." Linhart starrte in die Richtung in die Kilian in drehte und hinzeigte. Ein Arm hatte er über Linharts Schulter gelegt. "Das ist doch normal und Frauen sind Männern nunmal untergestellt." Er sah Kilian an, während er das sagte. "Ich sagte ja, eure Religion ist scheiße. Alles nur geheuchelt." Linhart wurde wütend. "Bei euch ist das doch garnicht anders!" Kilian warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Bei uns gibt es soetwas nicht. Frauen sind Männern gleichberechtigt. Solche Ungerechtigkeiten gibt es bei uns gar nicht. Niemand muss hungern. Jeder hilft jedem. Es gibt das hier nicht. Niemand sieht weg, wenn jemand anderes leidet. Und wir vergreifen ums auch an niemandem." Nia bezahlte mit ein paar Silbermünzen. Sie hatte das Gespräch mit angehört. Sie lief zu dem Mädchen. Linhart sah gespannt zu. Sie kniete sich zu dem Mädchen runter. Sie redete mit ihr. Das Mädchen zeigte weinend auf die Ritter. Nias Augen wurden große. Sie zog schnell das Mädchen an sich. Einer der Ritter hatte sein Schwert gezogen und auf die Frau geschlagen. Kilian kam hingerannt, so wie Linhart und Evan. "Warum tut ihr das?", schrie Linhart den beiden Männern entgegen. "Das geht dich einen Scheißdreck an, Kleiner. Und jetzt verpiss dich. Sonst passiert das selbe auch mit dir.", sagte einer der Ritter. Sie liefen an ihnen vorbei. Linhart ballte seine Hände zu Fäusten und presste seine Zähne aufeinander. Die Männer lachten beim weggehen. Diese Kerle machten ihn krank. Er ging zu Nia und dem nun schreienden Mädchen. "Sie war eine Bettlerin.", sagte Nia mit zitternder Stimme. "Lasst sie uns schnell woanders hin bringen.", sagte Evan und zog die Frau schon auf seine Schulter. Sie rannten los. Nia mit den Kindern auf ihren Arm und Kilian und Evan mit der Frau im schlepptau. Linhart ging schnell hinterher. Sie kamen hinter einer Mauer, an einer großen Wiese an. Niemand war in der Nähe. "Hat sie noch einen Puls?", fragte Nia. Evan fühlte. "Keine Sorge, Kleine. Wir reparieren deine Mama schon wieder." Das Mädchen nickte mit nicht stoppenden Tränen in ihren Augen. Evan sah zu Nia rauf. "Nein. Nein. Sie war doch gerade noch da. Sie kann doch noch garnicht ...", fing sie an, stoppte dann aber. "Sie war schon zu schwach. Sie war ja nicht mehr als Haut und Knochen." Nia nahm das Mädchen in ihre Arme. "Keine Sorge, alles wird wieder gut. Gibst du mir den Kleinen?" Das Mädchen gab ihr ihren Bruder. "Er hat noch einen Schwachen Puls. Wenigstens ihn können wir retten." Die zerkleinterte etwas Brot und gab dem Mädchen das restliche Leib. "Du hast sicherlich Hunger." Die Kleine nickte und biss sofort in das weiche Brot. Nia gab dem Jungen etwas Ziegenmilch, die sie ebenfall am Stand kaufte. Er trank gierig. "Das ist deine Religion. Denk mal darüber nach, an was du glaubst.", sagte Kilian zu Linhart, ehe er den Leichnam nahm und in den Wald brachte.

BlutzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt