"Was steht da? Ich kann das nicht lesen? Was sind das für seltsame Zeichen? Die kenne ich garnicht." Der Junge hatte sich neben Runa über das Buch gebeugt. "Nicht? Lernt ihr das nicht?" Der Junge sah sie an und sie ihn. Er wusste erst garnicht, was er sagen sollte. "Na, also eigentlich lernen wir überhaupt nichts was mit lesen und schreiben zu tun hat. Aber ich kann ein bisschen lesen und schreiben. Ich habe es mir selber beigebracht, nachdem man meinen ältesten Bruder auspeitschen lassen hat bis er tot war. Er konnte -wie jeder Bauer- nicht lesen und nicht schreiben. Er ist in den Wald zum Holzsammeln. Ein Schild war da, aber er hatte es nicht weiter beachtet, er konnte ja nicht lesen. Er hätte da nicht reingedurft. Der König hat ein Verbot erlassen, dass man nicht in den Wald durfte oder zumindest ein Goldstück zahlen musste. Man hat ihn erwischt. Er konnte das Geld nicht auftreiben und als Strafe, ließ der König ihn auspeitschen. Das hat er mit Absicht so gemacht. Er weiß genau, dass Bauern nicht lesen können. Da wurde mir erst so richtig bewusst, wie wichtig es doch ist, weil die reichen Leute sich sonst noch mehr als sonst an dir vergreifen. Ich wollte es meiner Schwester dann beibringen, aber sie ist am Fieber gestorben, wie viele andere Kinder auch." Sie sah ihn erstaunt an. "Ich komme aus dem Wald." Seine Augen wurden größer. "Hat dich irgendwer gesehen?" Sie zuckte mit ihren Schultern. "Ich kann mich an nichts erinnern. Nur wie ich zusammengebrochen bin weiß ich noch." Er sah aus dem Fenster und lehnte sich dabei über sie. Sie wiech dabei etwas zurück. "Du musst schnell hier weg. Wenn sie dich finden, dann bringen sie dich um. Oder sie werden dich zu ihrer Sklavin machen." Er stand schnell auf und sammelte einige Sachen zusammen. "Hier, zieh dir das über." Er warf ihr eine Art Tuch zu. Sie sah zu ihm. "Was soll ich damit?", fragte sie. "Das ist für deinen Kopf. Rote Haare sind sehr selten. Wegen den Blutjagden." Sie stand auf. Und zog sich ihren Umhang über, der am Bett hing und warf den Beutel über. Das Buch hielt sie immer noch in ihrer Hand. "Blutjagd?" Er zog sich seinen Beutel ebenfalls über und trug ihn auf seinem Rücken. "Noch nie was davon gehört?" Sie schüttelte ihren Kopf, zog sich daraufhin zögerlich den Stoff auf den Kopf. "Mal was von Blutzauberern gehört?" Sie nickte. Natürlich. Sie war ja eine von ihnen. "Früher gab es so eine Legende, vor etwa hundert Jahren. Menschen mit roten Haaren konnten wohl Blut kontrollieren. Deswegen hat man sie getötet. Sie wurden gejagt. Nur mit Feuer konnte man sie wohl bezwingen. Sie wurden als Hexen angesehen. Aus Angst davor hatte man alle, die rote Haare hatten, verbrannt. Deswegen sind rote Haare auch so selten. Jetzt steht es in Geschichtsbüchern und Kindergeacgichten und wird als Legende verbreitet. Die von früher waren ja schon ziemlich dumm an so einen Unsinn zu glauben, wenn du mich fragst." Er erzählte ihr alles, auf dem Weg nach draußen. Sein Letzter Satz machte sie wütend. Er hielt das alles also für Unsinn? Hielt er sie dann nicht auch für Unsinn? "Das ist kein Unsinn!", sie schrie es förmlich. Sie war von ihm beleidigt. Sie fühlte sich von ihm beleidigt. Er lachte nur und schloss gerade die Tür zum kleinen Haus, das zwei Räume besaß. "Warum bist du da denn so beleidigt? Hier, sieh nur. In der Region an hat kein Bauer einen Schlüssel und so hat glaube ich auch kein Bauer einen Schlüssel und alle außer die reichen haben eigentlich auch nur ein Zimmer, mein Vater hat aber sehr viel gekonnt. Er war recht gebildet im Gegensatz zu allen anderen. Deswegen hat man ihn ermordet." Warum erzählte er ihr das alles? "Hört sich an, als wäre er eine tolle Person gewesen." Er lächelte. "Ja, das war er." Sie sah böse zu ihm. "Aber das mit den Blutzauberern ist kein Unsinn!" Er sah zu ihr. "Jaja, aber warum stört dich das so sehr?" "Vielleicht verstehst du das nicht, aber-" Er hielt seine Hand vor sie. "Shh. Hörst du das?" Er sah sich beunruhigt um. "Nein. Sollte ich?" Er nahm ihre Hand. "Da! Lauf!" Sie sah Männer auf Pferden zu ihnen reiten. "Sie sind wegen dir hier. Wir müssen schnell weg." Er rannte los und zog sie dabei mit sich. Sie rannte automatisch mit. Sie sah hinter sich. Die Kerle kamen immer näher. Sie konnte ihre Rufe hören. Sie bekam Angst. Sie war unsicher. Ihre Angst wurde immer größer. Was würde passieren, wenn sie gefangen würde? Würden sie sie töten? "Was sollen wir tun ...-?" Er lachte kurz, bei ihrer Frage. Sie kannte ja immer noch nicht seinen Namen. "...-Linhart." Er hörte sofort auf zu lächeln und wurde wieder ernst. "Wir müssen irgendwie vor ihnen in den Wald kommen. Da können sie uns nicht so leicht fangen. Besonders durch ihre Pferde. Die kommen da nicht so einfach durch, wenn wir im zickzack laufen." Sie konnten hören, wie die Pferde näher kamen. Sie waren nicht mehr weit entfernt. Runa hörte einen Schrei. Sie sah in den Himmel, wo der Schrei herkam. Sie sah einen Falken und ein Rotkehlchen. Das Rotkehlechen versuchte in den Wald zu fliehen und war nur noch ein paar Meter von diesem entfernt, genau wie sie. Der größere Vogel packte den Kleineren, welcher einen entsetzlichen schrei von sich ließ. Sie war erschrocken, den plötzlich packte sie was am Kragen. Sie wurde nach oben gezogen in einer Geschwindigkeit, dass sie nicht mal reagieren konnte. Ihre Hand wurde aus Linharts gerissen und sie schrie nun genauso entsetzlich, wie es das Rotkehlchen vor nur ein paar Sekunden getan hatte. Sie schrie nach Linhart und versuchte sich loszureisen, aber da wurde sie auch schon Bäuchlengs auf das Pferd vor den großen Mann geworfen. Linhart rufte nach ihr, genauso schockiert. Aber nun konnte sie auch nichts mehr gegen den Mann tun, der sie immer wieder nach unten drückte, wenn sie versuchte hoch zu kommen. Linhart rief verzweifelt nach ihr wurde aber fast selber gefangen. Er rief:"Ich werde kommen und dich befreien! Versprochen! Warte so lange bitte auf mich!" Er rannte in den Wald und verschwand. Sie starrte ihm nur hinterher, hoffend, dass er sie nicht im Stich lassen und sein Versprechen halten würde. "Sollen wir ihn suchen?", fragte einer der drei Reiter. "Nein. Er wird von selbst kommen, das hat er doch selber gesagt. Wir sind außerdem nicht hinter ihm her, sondern hinter ihr.", sagte der Reiter, bei dem Runa war. Er zog ihr das Stoffstück vom Kopf und entblößte ihre feurigen Haare. Er sah erst erstarrt zu ihr, wie die anderen, keiner von ihnen hatte je rote Haare gesehen. Der Reiter grinste. Er stank nach Schweiß und Zwiebeln. Er fand die Haare wundervoll. Er könnte damit sicher gutes Geld machen. Er selber hatte nur dunkle, braune Haare, die fast schwarz aussahen. Er würde sie dem König überreichen müssen. Er war dem König treu ergeben. Jetzt durfte nur niemand anderes das Mädchen sehen. Er schnitt eine Strähne ihrer Haare ab und Steckte sie in ein kleines Beutelchen, das an seinem Gürtel befestigt war. Jetzt mussten sie nur noch zum König und würden für das Mädchen eine gute Belohnung bekommen. Hätte dieses alte Weib nicht dem König davon berichtet, dann wäre es nie dazu gekommen. Nur ihr Gerede über diese Blutzauberer hatte ihn gestört. Er kannte die Legenden und Sagen dazu, aber das war alles nicht echt. "Reiten wir zum König, das Mädchen wird uns sicher eine menge Geld bringen.", sagte er lachend. Ihr Herz setzte kurz aus. Dann ritten sie los.
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Blutzauber
FantasyBand 1 Es gibt sie: Blutzauberer. Vor einem Jahrhundert gejagt, doch sie sind zurück. Ein neuer Krieg bricht aus, in dem jeder an seine Grenzen geht. Wem soll man vertrauen? Wer ist Freund und wer ist Feind? Runa, sie lernt ihre eigenen Leute kennen...