Kapitel 33

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Ca. 4 Jahre später

Eine finstere Aura lag zwischen den Bäumen im Wald. Der Wind heulte und die Blätter raschelten gefährlich. Die Bäume schwankten und es drang ein abscheuliches Knarrzen hervor. Es brachte jedem einen Schauer über den Rücken.
Verzweifelt rannte die junge Frau durch das hohe Gras. In ihrer Hand ein Buch - Ihr Tagebuch. Sie hielt es dicht an ihre Brust, um es zu schützen. Es würde ihr das Herz schwer machen, wenn sie ihr Lieblingsstück verlieren würde. Dort stand Wissen drinnen geschrieben, was unbedingt ans Licht kommen musste. Wenn sie es nicht aufgeschrieben hätte, so würde es ihr niemand glauben. Sie als Hexe abstempeln und verbannen. Auf die andere Seite, jene, die die Menschen nicht kannten und nur für ein Märchen hielten. Die Menschen wussten nicht, dass eine andere Welt jenseits des brechenden Flusses weilte. Nur Auserwählte, wie Vampirjäger.

Ihr Atem klang heftig, ihre Beine wurden müder. Aber sie durfte nicht aufhören zu rennen. Er war hinter ihr her, trachtete nach ihrem Besitz. Sie hatte ihn zwar nicht gesehen, doch wusste sie genau, dass sie von einem verfolgt wurde. Einem Vampir.
Ein Ästebrechen ließ ihren Kopf nach oben schnellen und ihre Augen ängstlich weiten. Ein rötliches Augenblitzen sprang ihr in ihre braunen Seelenspiegel. Diese helle Haut, die im Mondschein noch heller strahlte, diese gefährlich scharlachroten Augen, die einen noch tiefer in den Bann zogen. Er war da, der Schrecken der Menschen.
Durch dieses intensive Starren des Wesens konnte sich Ilse nicht einen Meter bewegen. Ihre Glieder bebten vor Angst.

Mit Schwung sprang der Mann von dem hohen Ast herab, auf dem er bis eben noch entspannt gesessen hatte. Mit einem schelmischen Grinsen kam er vor der erstarrten, braunhaarigen Frau zum stehen und fuhr mit seiner Hand über ihren freigelegten Hals. Er hatte sie nur aus Spaß so weit getrieben. Er hätte mindestens schon 12 mal die Möglichkeit gehabt, ihr jämmerliches und einsames Leben zu beenden.

"Ilse Langner... So lautet dein Name doch, oder?", erklang es seine frierend kalte Stimme. Die Lippen des Menschen bebten vor Furcht. Sie brachte kein Wort hervor, weshalb sie nur kurz ein ängstlich schnelles Nicken zeigte. Sie hasste sich selbst dafür, dass sie in diesem Augenblick nicht sie selbst war. "Mh...", kam es vom Schwarzhaarigen. "Du tust mir leid, Ilse...", sagte er und fuhr mit seinem Finger die Halsschlagader auf und ab. Dazu leckte er sich kurz über die Lippen. "Dabei hast du nur etwas gesehen, was du nicht hättest sehen sollen, Mädchen. Ich denke, du weißt was ich will.", sprach er mit rauem Ton. Die Junge Frau hielt verkrampft das Buch fest an ihre Brust gepresst. Des Vampires Blick glitt zu dem Stück Leder und schnalzte verächtlich mit der Zunge. "Ah, da ist es ja. Und ich dachte, du hättest es irgendwo versteckt.", mit diesen Worten entriss er der Frau das Buch und blätterte etwas darin herum.

Mit großer Anstrengung brachte sie ein paar Worte hervor: "Du Monster! Wie kannst du nur so etwas tun?! Ihr Vampire macht doch nichts anderes, als euch an dem Blut unserer zu ergötzen! Schämt euch!" Mit einem gehässigen Lachen klappte der Schwarzhaarige das Buch wieder zusammen. "Monster? Tut mir leid, aber du wärst nicht die erste, die mich so nennen würde. Im Gegensatz zu anderen meines Gleichen...", er machte eine Pause und packte das Kinn der Frau, die wieder hektisch atmete. "...mache ich das alles nur aus Spaß!", sagte er und ließ von dem Mädchen ab. Entsetzt sah die Frau den Mann vor ihr an. "Da ich jetzt habe, was ich wollte, könnte ich eigentlich wieder nach Hause. Dieses verrückte Weib wird mir dann bestimmt wieder was zu sagen haben, aber wen interessierts. Weiß du Ilse... Ich werde bald gehen, aber vorher will ich noch ein bisschen meinen Spaß haben. Also schön schreien, dann wissen alle, wer momentan hier herumstreift." Mit diesen Worten zog er die Frau näher an sich heran. Die Augen Ilse' waren von purer Furcht und Entsetzen erfüllt. Sie versuchte vergebens sich aus den Fängen des Vampirs zu retten.

"Also dann. Ich hoffe, du hattest ein halbwegs schönes Leben und nicht so wie ich momentan. Bis auf Nimmerwiedersehen, Ilse..", kam es mit einem Hauch von falscher Freundlichkeit von ihm, ehe er seinen Mund öffnete und seine Zähne in den Hals der braunhaarigen Frau vergrub.

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"Hanji, weißt du wo mein Bruder ist?", kam es besorgt von Mikasa, als sie in das chaotische Büro der braunhaarigen Frau gestürmt kam. Etwas überrascht von dem plötzlichen Erscheinen der Prinzessin legte sie ihren Block beiseite. "Nein, tut mir leid, Euer Hoheit. Ich habe Euren Bruder seit mehreren Wochen nicht mehr gesehen.", kam es auch von ihr besorgt.
Mit einem Seufzer trat die Schwarzhaarige in das Labor und ließ sich auf die Liege gegenüber Hanji sinken. Ein schweres Seufzen entschlich ihr. Bekümmert rieb sie sich die Hände. "Was habe ich auch für eine Antwort erwartet...? Er ist in letzter Zeit dauerhaft nicht aufzufinden. Dabei wissen wir es doch ganz genau. Seit Eren vor vier Jahren plötzlich verschwand...ist nichts mehr wie es einmal war.", erklang es ihre Stimme traurig. Mit einem einstimmenden Nicken legte Hanji ihre Brille auf den Stapel Papier, der sich jeden Tag zu vergrößern schien.

"Da muss ich Euch Recht geben, Prinzessin Mikasa. Levi ist nicht mehr er selbst. So schlimm war es nichtmal, als die Sache mit dem König passierte...", sprach sie Gedankenverloren. Schnell schlug sie sich eine Hand vor den Mund. "Oh, es tut mir leid, Euer Hoheit. Ich wollte ni—", Hanji wurde von Mikasa abermals unterbrochen. "Nein, schon gut. Es ist ja auch schon lange her. Und ich würde es begrüßen, wenn du mich mit Vornamen ansprechen und mich duzen würdest. Wir kennen uns doch schon ziemlich lange, Hanji, oder nicht?" Mikasa erntete ein bestätigendes Nicken von der Braunhaarigen.

"...Nicht nur dass er weg ist, ist ein Problem. Die zahlreichen Opfer, die er achtlos hinterlässt, ist noch eines. Auch als mein Vater starb, hatte er nie so übertrieben achtlos und grob gehandelt. Dass Eren verschwunden ist und er so handelt, zeigt doch nur, wie wichtig Eren für ihn war, oder nicht?" Wieder einmal ging Mikasa durch die Sorge, eines Tages ihren Bruder durch seine Taten nie wiederzusehen. Wieder einmal konnte sie nur zusehen, wie er dieses eigensinnige Spiel spielte. Beruhigend legte Hanji eine Hand auf die der Prinzessin.
"Ganz sicher. So viel wie ich über die beiden wusste, kann ich nur bestätigen, dass Eren die wohl wichtigste Person für Eure- deinem Bruder war. Ich war so gut wie jeden Tag mit den beiden zusammen, und so wie sie miteinander umgingen, konnte man meinen, sie wären seit Jahren gute Freunde. Ironischerweise lernten sie sich nicht durch ein freundliches Zusammentreffen kennen. Umso mehr hatte es mich gefreut, als ich sah, dass Levi sich mit der Zeit immer mehr wie sich selbst verhielt. Und dann war irgendwas passiert, dass es nun so gekommen war. Wir wissen nicht wohin Eren gegangen ist, was er macht, gar ob er noch lebt wissen wir nicht. Ich kann Levis Handeln auf gewisserweise verstehen..."

"Egal wie lange es dauert, wir müssen doch irgendwas dagegen machen! Mutter ist schon krank vor Sorge. Aber seitdem er ihr gegenüber handgreiflich geworden war, hat sie sich nicht mehr getraut etwas zu sagen... Dabei wissen doch alle, wie zu viel Blut wie eine Droge wirken kann. Es macht einen noch süchtiger nach mehr. Ich habe Levi schon eine Weile nicht mehr vollkommen nüchtern gesehen..." - "Ich gebe dir da vollkommen Recht, Mikasa. Doch um irgendwas in ihm zu regen fehlt uns etwas.." - "Und was?" - "Eren..."

Biss zum Morgenrot [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt