Kapitel 34

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"Meinst du, Eren wird wiederkommen?", fragte die Schwarzhaarige in Gedanken. Hanji hatte nachdenklich die Augenbrauen verzogen. "Ich weiß es nicht. Aber wenn Eren nicht gefunden werden will, dann wird das schon einen Grund haben. Aber wir können nur hoffen. Wenn er nicht wiederkommt, dann wird die Situation zwischen den Völkern nur noch schlimmer. Levi provoziert alle durch sein Verhalten. Mir tut er so leid, wie er sich fühlen muss. Ich—" Hanji wurde durch das ruckvolle Öffnen der Stahltür unterbrochen. Beide Augenpaare sahen fragend Petra an, welche etwas erledigt im Türrahmen stand.

"Was ist passiert?", fragte Mikasa netterweise, obwohl ihr jetzt nicht nach Nettigkeit war. "Eure Hoheit, der Prinz ist wieder da!", kam es hastig von ihr. Augenblicklich standen die beiden auf, doch nur Mikasa kam zu Petra hervor. "Und wo ist er?!", erklang es ihre Stimme aufdringlich. "E-Er...- Der Prinz ist in seinem Gemach!", sagte sie schüchtern aus. Mikasa wandt ihren Blick zu Hanji, welche das Vorhaben der Prinzessin wohl schon erahnt hatte. "Komm, Hanji. Wir gehen jetzt zu meinen Bruder, bevor er wieder abhaut!", sprach sie entschlossen.

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Als die beiden vor der geschlossenen Zimmertür ihres Bruders ankamen, stach ihnen schon der metallische Geruch in die Nase. Es ließ sie nicht ganz kalt, doch unterdrückten sie es, da es momentan einfach unpassend war. Ohne Vorwahnung stürmten sie in das Zimmer, wo der Geruch sie förmlich erschlug.
Als sie sich umsah, erkannte sie einen Kleiderhaufen auf dem Boden in der Mitte des Zimmers, welcher voller Blut befleckt war. Doch von Levi fehlte jede Spur. Aber als sie dann das rauschen der Dusche aus dem Badezimmer hörte, wurde ihr Verdacht bestätigt. "Levi!", rief sie laut und wusste genau, dass der Prinz dies gehört haben musste. "Komm sofort hierher!", hing sie noch dran. Hanji blieb still. Sie wollte dazu noch nichts sagen, da dies lieber von der Prinzessin gesagt werden sollte. "Was willst du, Mikasa?! Kann ich nicht mal in Ruhe duschen?! Verschwinde!", kam es lauter Stimme von Levi. Durch den Ton dieser konnte man sofort erahnen, dass dieser gerade nicht gut zu sprechen war. Aber dies ignorierte die Schwarzhaarige gekonnt. Er schien wie so oft nicht bei Sinnen zu sein.
"Ich gehe erst, wenn ich mit dir gesprochen habe!", brüllte sie zurück. Sie musste die Chance ergreifen, einmal mit ihrem Bruder reden zu können, wenn er schon einmal daheim war. Er war mehr als vier Wochen weg gewesen, ohne etwas zu sagen.

Nach weiteren schweigsamen Augenblicken machte Levi das Wasser aus, trocknete sich ab und zog sich neue Kleider an. Er konnte schon erahnen, was ihn nun erwartete. Aber das interessierte ihn herzlich wenig. Immer wenn er wiederkam, wurde er von seiner Schwester mit einer Standpauke begrüßt. Viel besser, als ihn einfach nett zu begrüßen, nicht wahr? Momentan war einfach alles scheiße. Was hieß hier 'momentan'? Seitdem Eren weg war, ging es ihm so. Er war weg und somit auch sein Halt an dieser Welt. Er meinte, er wäre ein Monster, also warum dann seinen Erwartungen nicht gerecht werden?, so dachte Levi darüber.

"Also, was willst du wieder?", erklang es seine Stimme lustlos und ließ sich auf sein großes Bett fallen, schnappte sich ein Buch und fing an es zu lesen. Entsetzt sah Mikasa ihren Bruder an. Sie konnte nicht glauben, was sie vor ihren Augen sah. Nichtmal jetzt konnte er den letzten Rest Freundlichkeit zusammenkratzen, um ein halbwegs normales Gespräch mit seiner Schwester zu führen. "Was ich will?! Du willst wissen, was ich wieder will? Nicht dein Ernst, oder?!", sagte sie sauer und nahm ihm einfach das Buch weg und warf es zu Hanji, die es gekonnt auffing. Levi seufzte. Im Moment nervten ihn einfach nur alle. Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? "Ich will meinen Bruder zurück! Sag dem Arschloch, wir alle wissen wie schlecht es ihm geht, dass es uns allen so geht, dass er nach Hause kommen kann, dass er nicht so sein muss! Das bist nicht du, Levi!" - "Falsch, Mikasa. So bin ich! Er hat mir nur den Spiegel vors Gesicht gehalten! Und was interessiert es dich eigentlich? Nicht einmal habe ich dich trauern oder verzweifelt schreien sehen. Ich dachte, du hättest dich so gut mit ihm verstanden, warum weinst du dann nicht?! Er ist weg, er kommt nicht wieder! Verstehst du nicht?! Ich kann ihn nicht mehr spüren, Mikasa! Ich kann Eren nicht mehr spüren! Er ist weg und wird auch nicht mehr wiederkommen... Also... Lass es gut sein...!", sagte Levi, worauf am Ende seine Stimme immer quälend leiser wurde.

Mikasa hatte seit Ewigkeiten ihren Bruder nicht mehr so verzweifelt gesehen. Es zerbrach ihr das Herz, wie er so darunter litt. Aber das stimmte nicht! Mikasa hatte geschrien, geweint, auf Gegenstände eingeschlagen, nur bemerkte dies niemand... "Verstehe...", sagte Mikasa. Es war keine gute Idee jetzt mit ihrem Bruder zu reden, wenn er so aufgebracht war. Zudem er durch den Blutrausch noch gereizter und unberechenbarer war. Würde sie es noch weiter provozieren, dann... Daran wollte sie gar nicht denken. "Kannst du mir dann wenigstens sagen, warum du diesmal so lange weg warst?", fragte sie leise mit zu Boden gesenkten Kopf. "Ich habe nach Spionen gesucht.", sagte er knapp. "Spionen?", kam es dann überrascht von Hanji, die sich zu den beiden gesellte. Ein kurzer missbilliger Blick bekam sie von Levi. "...Die verschiedenen Völker ziehen Menschen mit in die Sache. Ich bin zufälligerweise einen über den Weg gelaufen. Da hab ich was mitgehen lassen." - "Zufälligerweise?", wiederholte Hanji ungläubig. Nun erhaschte sie auch einen warnenden Blick von der Prinzessin. Er sagte aus, sie sollte ihn nicht unnötig reizen. Levi ignorierte genervt den Kommentar und holte das Buch hervor. Mikasa nahm es an sich und blätterte in diesem.

"Ilse Langner...Ihr Tagebuch? Was ist damit?", fragte sie. Levi rollte mit den Augen und entriss seiner Schwester das Buch. "Kein normales Tagebuch. In manchen Einträgen sind Botschaften über unser Volk versteckt, die sie dem Braun Klan überbringen sollte." - "Und wie hast du das herausgefunden?" - "Ich hab da so meine Wege.", erwiderte er auf Hanjis unvermeidliche Frage. Die Braunhaarige nickte wissend.

"Tatsächlich! Da stehen Infos über unsere Militärischen Truppen und deren Aufstellung! Aber... wie kam sie daran?", entkam es Mikasa. Levi zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, ist mir aber auch egal. Ist momentan sowieso alles zum kotzen. Jetzt habt ihr, was ihr wolltet. Könnte ich jetzt bitte meine Ruhe versuchen zu genießen, ohne das du, Schwesterherz, in mein Zimmer stürmen würdest?", gab Levi genervt von sich und schnappte sich das Buch wieder, was bis eben noch in Hanjis schwitzigen Händen weilte, und begann wieder darin zu lesen. "Kaum zu glauben.", murmelte sie zu sich selbst, ehe sie sich Hanji schnappte und mit ihr gemeinsam Levis Zimmer verließ.

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"Nicht schlecht, Eren! Du musst aber noch etwas an deinem Angriff arbeiten!", kam es von Reiner. "Muss ich das nicht immer, Braun?", grinste Eren und nahm einen Schluck aus seiner Flasche. Zehn Stunden durchkämpfen war schon etwas anstrengend. "Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du mich beim Vornamen nennen sollst?!" - "Zu oft! Es macht mir nur Spaß, dich damit zu ärgern." - "Das glaube ich gern."

Biss zum Morgenrot [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt