THIRTEEN

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Erneut verbrachte ich eine schlaflose Nacht in der ich mir die ganze Zeit den Kopf zerbrach. Ich hatte das Gefühl mich selbst verloren zu haben und neu finden zu müssen, aber dafür musste ich erstmal verstehen, was geschehen war und was ich ganz klar wollte. So konnte es nicht weiter gehen mein Verstand war gespalten, wusste nicht mehr, was richtig und falsch, was gut und böse war. Zudem kamen noch die Gedankengänge, die ich Zeitweise immer wieder an ihn verschwendete. Auch er war eine unbeantwortete Frage, etwas wo ich nicht wusste, was ich wollte. Abgesehen von dem fehlenden Gewissen nach einem Mord wohl die größte und schwerwiegenste Frage, die ich mir stellte. Es war schrecklich wie mein Kopf verrückt spielte, wie meine Gedanken mich auffraßen, wie ich mich zerstörte und alles, an das ich geglaubt hatte. Ich konnte mir nicht erklären, was mit mir geschah, aber dieser Vorfall, Carlos, er hatte etwas verändert, etwas in mir entfacht, wovon ich nicht gewusst hatte, dass es da gewesen war. Am liebsten hätte ich mir auch einen Kugel in den Kopf verpasst, damit die lauten Stimmen in meinem Kopf, die alle was anderes von mir wollten, endlich Ruhe gaben. Ich würde früher oder später noch durchdrehen. Ich brauchte Abstand von all dem hier, aber ich konnte nicht weg, ich war gefangen. Gefangen mit einem Irren, obwohl ich mir langsam nicht mehr sicher war, ob das vielleicht nicht sogar ich selbst war.

Ich saß gerade auf dem Fußboden und starrte die Wand an, während sich in mir alles drehte und ich förmlich im Kreis ging. Dieselben Fragen, dieselben Antworten und nichts ergab Sinn. Die Tür wurde geöffnet, aber ich starrte weiterhin nur die Wand an. Jonny blieb neben mir stehen. „Was?“, fragte ich monoton. Ich konnte seine Verwunderung spüren, denn er zögerte zu sprechen. Ich riss mich zusammen und sah ihn an. Er schüttelte kurz den Kopf, bevor er begann zu sprechen. „Du sollst heute Nachmittag wieder zu einem Treffen kommen.“ Ich wandte meinen Blick wieder ab. „Ich bin nicht in der Verfassung.“, sagte ich. „Das wird Joker nicht als Entschuldigung gelten lassen.“, gab Jonny zu. Ich ließ meinen Nacken knacken. „Er lässt gar nicht als Entschuldigung gelten.“, stellte ich fest und Jonny lachte kurz. „So ist es. Ich werde dir deine Sachen bringen.“, sagte er und verschwand, ohne die Tür zu schließen. Ich erhob mich, aber meine Gedanken wollten mich einfach nicht in Frieden lassen. Es war die Hölle, der pure Wahnsinn, der sich in mir ausbreitete.

Ich hatte für diesen Abend ein schwarzes Kleid bekommen, was ähnlich geschnitten war wie das letzte. Nur hatte es keinen Ausschnitt, dafür aber auch keine Träger. Es war insgesamt etwas schlichter aber mindestens genauso atemberaubenden. Wer hier hatte so einen guten Geschmack? Ich legte mir ein fein geschliffenes Collier und passende Ohrringe an, bevor ich mir meine langen braunen Haare zu einem hohen Zopf machte. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel und sofort fingen die Stimmen in meinem Kopf wieder an zu streiten. Doch ich versuchte sie zu ignorieren, wenn ich mich auf sie konzentrierte würde ich die falsche Identität nicht lange aufrecht behalten können. Ich brauchte dafür volle Konzentration und Kontrolle über meinen Verstand. Ich konnte und durfte es mir nicht erlauben einen Fehler zu machen. Dafür stand zu viel auf dem Spiel, die gute Laune des Jokers zum Beispiel und die wollte ich mit keinem Fehler meinerseits riskieren.

Ich ging runter zu Jonny, der dort mit denselben Männern wartete, die auch beim letzten Mal mit mir gegangen waren. Ich musterte sie kurz, als ihre ekligen Blicke auf meinen Körper klebten. „Ich werde euch zum Treffpunkt fahren und dort im Wagen warten, J und ich müssen danach noch wohin.“ Ich konnte mir denken was 'wohin' bedeutete. Sie wollten Gabriel aufsuchen, deshalb hatte der Joker den anderen Mann wohl gefoltert. Obwohl ich mir gut vorstellen konnte, daß es zum Teil auch aus purem Spaß geschehen war. Mister J war eben einfach - durchgeknallt. Leider auch genau das Wort womit ich mich im Augenblick gut beschreiben konnte. Ich ohrfeigte mich innerlich, weil ich nun schon begann mich mit dem verrücktesten und gefährlichsten Mann überhaupt zu vergleichen. Wo sollte das noch hin führen?

Das Tempo mit dem wir an diesem Tag durch Gotham fuhren gefiel mir um einiges besser, als das der letzten Nächte. So war ich mir immerhin sicher, dass mein Essen in meinem Magen bleiben würde und nicht überall um Wagen herumflog. Dennoch war ich froh, als wir endlich stoppten, denn Jonnys Fahrstil war nicht gerade die Art, die ich bevorzugte. Jonny blieb wie bereits erklärt im Wagen sitzen, während ich mit den anderen dreien ausstieg. Mein Herz pochte nicht so schnell wie die letzten Male und insgesamt war ich auch viel ruhiger. Zwar war es ein anderes Haus, als beim letzten Mal, aber dennoch fühlte ich mich wohler. Eine weitere Sache, die ich zu der Liste mit unerklärlichen Dingen hinzufügen konnte. Oh ich drehte langsam wirklich komplett Am Rad. Ich entschied mich dazu die Männer draußen warten zu lassen, wo auch alle anderen ihre 'Wachhunde' gelassen hatten. Dann klopfte ich.

Diesmal öffnete ein wesentlich jüngerer Mann die Tür. Er war wohl etwa in meinem Alter und wirkte ein wenig bedrückt. „Willkommen. Ich - eh - tut mir leid, ich mache das heute das erste Mal, mein Vater ist nicht aufgetaucht, also...“ Es tat mir leid, dass er so verzweifelt war und dieses Gefühl zeigte mir, dass ich noch nicht völlig am Ende war. Ich schmunzelte. „Du bist der Sohn von Gabriel?“, fragte ich freundlich. „Ja, mein Name ist Matteo.“, antwortete er und hielt mir seine Hand hin. Ich ergriff sie dankbar darüber wohl endlich jemand normales hier kennengelernt zu haben. „Amaris. Ich schätze das hier ist auch neu für mich.“, gab ich zu. „Du bist noch nicht lange dabei?“, fragte er verwirrt. „Ich bin es gewohnt allein zu arbeiten.“, korrigierte ich ihn und er lächelte. „Es tut trotzdem gut jemanden zu haben, der nicht auf dich schießt sobald du was falsches sagtst.“, entgegnete er. Ich lachte. „Ich muss sagen, ich bin auch froh dich unbewaffnet zu sehen.“ Es war seltsam, aber ich fühlte mich seltsam wohl bei Matteo, was vielleicht auch daran lag, dass er wohl in meinem Alter war und nicht ganz so selbstbewusst rüber kam wie die restlichen Anwesenden. Also stellte ich mich mit ihm etwas abseits und wir begannen uns größtenteils über belanglose Dinge zu unterhalten, da wir beide, obwohl es natürlich niemand zugab, keine Ahnung von dem Geschäft hier hatten.

What if...? [+18]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt