EIGHT

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Ein Rauschen und ein heftiges Klopfen weckte mich. Ich brauchte eine Weile, um zu verstehen, dass ich noch immer in der Dusche saß und das Wasser auf mich einprasselte. Und jemand klopfte an der verschlossenen Badezimmertür. „Madlin, wenn du nicht gleich antwortest, dann schwöre ich breche ich die Tür auf.“, rief jemand und ich erkannte Jonnys Stimme. „Es geht mir gut.“, krächzte ich. Es war gelogen. Es ging mir überhaupt nicht gut, aber das konnte ich meinen Entführern schlecht sagen. „Mein Gott, warum brauchst du so lange zum Antworten? Wie auch immer, J will dich sehen.“, sagte er durch die Tür hindurch. Ich schüttelte heftig den Kopf, auch wenn er es nicht sehen konnte. „W-Was will er?“, stammelte ich. „Er will wissen, was du über die anderen herausgefunden hast.“ Erneut schüttelte ich den Kopf. Nicht für eine Millionen würde ich jetzt zum Joker gehen. Ich wollte weder ihn, noch irgendjemand anderen in diesem kranken Haus sehen. „Auf dem Sch-Schreibtisch liegen Stift und Papier. Ich werde dir s-sagen, was du schreiben musst.“, presste ich mit all meiner Kraft hervor. Eine Weile war es ruhig, ich hörte Schritte und drehte das Wasser ab. Dann hörte ich, dass Jonny wieder an die Tür trat. „Er wird es nicht gut heißen, dass du nicht kommst.“, stellte er fest, aber ich wusste, dass Jonny mich nicht zwingen würde. „Das hat er selbst zu verantworten.“, krächzte ich und schleppte mich zur Tür, neben der ich mich wieder an die Wand lehnte. „Julian, er hält den Joker zwar für hirnrissig, vertraut aber auf den Plan. Emilia und Marco sind  auch mit dem Plan einverstanden, aber Gabriel nicht. Er hält nicht viel von den Ideen, die Mister J verfolgt. Er will etwas anderes machen. Alle zusammen wollen die Regierung angreifen.“, erklärte ich und bemühte mich weder zu krächzen noch zu stammeln. Das verlangte mir alles ab und zum Ende hin wurde meine Stimme immer leiser. „Wieso?“, fragte Jonny. „Ich sagte es wäre unnötig die Stromversorgung zu kappen, also wollten sie anders wo Chaos in der Bevölkerung schaffen.“ Meine Stimme war nur noch ein schwaches Röcheln und mein Körper wurde bei jedem Wort schwächer. „Madlin mach die Tür auf, du brauchst Hilfe.“ Als ob sich irgendjemand dafür interessierte. „Es geht mir gut.“, log ich, aber wie erwartet genügte ihm das und er ging. Ich ließ meinen Körper auf die Seite fallen und kauerte mich auf den Boden. Mir wurde wieder bewusst, dass all das allein meine Schuld war. Von Anfang an. Hätte ich doch einfach mal meinen Mund gehalten, immer. Vielleicht würde der Joker mir ja die Zunge rausschneiden, weil ich schlecht von ihm geredet hatte.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann hörte ich wieder Schritte und jemand der an der Tür rüttelte. „Madlin? Bist du noch immer darin.“, fragte eine besorgte Stimme. „Frauen brauchen eben ihre Zeit im Bad.“, hustete ich. Jonny ging wieder. Es war erstaunlich, wie schnell man ihn abwimmeln konnte. Nachdem er weg war überkam mich wieder die Kälte und nahm jede Zelle meines Körpers in Beschlag. Mühsam stellte ich mich auf und sah kurz viele bunte Punkte vor meinen Augen. Kein Wunder, ich hatte schon lange nichts mehr gegessen oder getrunken. Ich schloss die Tür auf und schleppte mich zu meinem Bett. Das nasse Oberteil klebte immer noch an meinem Körper, aber ich zog es dennoch nicht aus. Was für einen Unterschied hätte das schon gemacht?

Ich hatte gerade meine Augen wieder geschlossen, als erneut jemand in mein Zimmer kam. Ich hustete kurz, bevor ich etwas sagte. „Ich sagte bereits, dass es mir gut geht.“ Ich war stolz auf mich, weil meine Stimme wieder fester klang. „Gut, dass mich das nicht interessiert.“, sagte eine raue Stimme und ich zuckte heftig zusammen. Ich setzte mich auf und zog die Decke bis hoch zu meinem Kinn. „Wunderbar. Diese plötzlich Angst fasziniert mich.“, gab der Joker zu. Ich konnte nicht antworten. Mein ganzer Körper hatte sich verkrampft. Der Clown kam einige Schritte näher auf mich zu, bevor er sich vor mein Bett kniete. Er zog ein Messer aus seiner Tasche und legte es auf die Decke, damit ich sie sinken ließ. Mit zitternden Händen tat ich es und legte sie auf meinen Beinen ab. Mit dem Messer strich er meine nassen Haare hinter meine Schulter und fuhr mit der Klinge dann über die Stelle an meinem Hals, wo vor kurzem noch seine Hand mir die Luft abgedrückt hatte. Mein Atem beschleunigte sich, aber ich wagte es nicht mich zu bewegen. „Ein Jammer diese Haut mit blauen Flecken zu verunstalten.“, stellte der Joker fest. Als das Messer weiter über meine Kehle fuhr und ich dessen Schärfe auf meiner Haut spüren konnte, entfuhr mir ein leises Wimmern. Er ließ von mir ab und lachte. „Ich werde dich nicht töten Liebes.“, sagte er. „Noch nicht.“, murmelte ich und senkte den Blick. Er legte seine Hand unter mein Kinn und zwang mich ihn anzusehen. In seinen Augen lag kein Hass mehr, doch auch sonst kein Gefühl. „Ich werde dir nichts tun.“, entgegnete er ernst. Es lag mir auf der Zunge ihn zu fragen, ob es dafür nicht ein wenig spät sei, aber ich schluckte die Worte lieber herunter.

Er erhob sich und setzte sich auf meinen Schreibtischstuhl. „Deine Informationen waren mir sehr nützlich. Gabriel ist gegen meine Pläne, also muss er ausgeschaltet werden.“, erklärte er ruhig. Ich versteifte mich wieder, er wollte ihn töten. „Aber natürlich erst, wenn er uns nützlich ist.“ Folter war das nächste Wort was mir in den Kopf schoss. Na super, das hatte ich ja gut hinbekommen. „Oh keine Angst Maddi, du hast nichts falsches getan. Gabriel ist einer der Bösen.“, lachte er. „Bist du das nicht auch?“, fragte ich harsch. Er machte eine unverständliche Handbewegung. „Bis dahin,...“, fuhr er fort ohne weiter auf meine Frage einzugehen, „... wirst du diesen Leuten das geben, was sie wollen.“ Ich wusste, was er meinte, aber ich wollte es nicht. „Es tut mir leid, aber ich denke dieses Gespräch überfordert mich.“, log ich. „Lügnerin!“, rief er. Er ließ seinen Kopf kreisen, bevor er wieder zu mir sah. „Du bist zwar schlau, aber bist eine selten schlechten Lügnerin. Wunderbar.“ Ich biss nervös auf die Unterlippe. Also konnte ich ihm mal wieder nicht erkommen. „Amaris und ich fahren übermorgen wieder ein paar Leute besuchen.“, erklärte er, bevor er wieder sich erhob und ging. Etwas ratlos und verzweifelt blieb ich auf meinem Bett sitzen und starrte die Stelle an, wo er eben noch gesessen hatte. Dieser Clown war schrecklich.

What if...? [+18]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt