TWENTYNINE

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Ich saß  nun schon seit gefühlten Stunden in dem Sessel und starrte die Tür an. Joker hatte zwar gesagt, dass das Meeting nicht lange dauern würde, aber mittlerweile war ich mir nicht mehr so sicher, was das genau für ihn bedeutet, denn draußen dämmerte es bereits. Ich hatte schon versucht mich mit allem möglichen abzulenken, konnte mich aber nicht wirklich konzentrieren. Entweder meine Gedanken waren bei J oder aber bei den beiden Gestalten, die unten im Keller saßen und gefoltert wurden, zumindest einer von den den beiden. Ich konnte es mir nicht erklären, aber ich hatte das große Verlangen mich zu rächen, wollte der Frau dieselben schmerzen zufügen, die ich hatte erleiden müssen. Ich wusste, dass ich ein sehr nachtragender Mensch war, jedoch war dieses Gefühl der Rachsucht mir durchaus neu. Natürlich war auch das, was mir widerfahren war neu gewesen und etwas, dass ich nie wieder wiederholen wollte, aber ich war mir sicher, dass dieses neuartige Gefühle etwas mit ihm zu tun hatte. Ich hatte mich verändert, darüber musste ich nicht lange nachdenken, dennoch machte dieses Gefühl mir Angst. Ja, ich hatte schon zwei Menschen getötet, beide hatten es auch verdient, nur das war etwas anderes. Ich wollte nicht einfach bloß ihren Tod, ich wollte mehr. Es war in der Tat beängstigend, sowas zu fühlen, denn hieß das nicht eigentlich, dass ich kein Stück besser war als diese Frau? War ich ein schlechter Mensch, weil ich so etwas überhaupt dachte? Wenn man es genau nahm konnte ich mich neben dem Joker wohl eher weniger als schlechten Menschen bezeichnen, aber war ich ein solcher nicht schon, weil ich mich in ihn verliebt hatte. Einen mordlustigen Psychopathen. Oh Gott ich hatte mir schon zu oft die Frage gestellt, ob man jemanden wie ihn überhaupt lieben konnte. Die Antwort war immer dieselbe und doch würde ich es wohl niemals aussprechen können, denn mir war bewusst, dass er niemals fähig sein würde diese drei Worte zu sagen. Mir ging es ebenso, wenn auch aus einem anderen Grund. 

Es klopfte an der Tür und ich schreckte auf. Joker konnte es nicht sein, denn er würde niemals an seiner eigenen Zimmertür anklopfen, oder überhaupt an irgendeiner Tür. Dennoch rief ich "Herein!" und die Tür wurde zögerlich geöffnet. Meine Augen weiteten sich, als ich eine Frau etwa in meinem Alter erblickte. Was zum Henker machte sie in diesem Zimmer? Wer war sie überhaupt? Entgeistert starrten wir einander an und sie schien genauso überrascht zu sein mich hier zu sehen, wie ich es war. Hätte ich nicht schon auf dem Sessel gehockt, wäre ich jetzt wahrscheinlich umgekippt. Diese Frau war eine wunderschöne Blondine mit braunen Augen, blasser Haut und einem umwerfenden Körper, den sie ausreichend mit einem kurzen Kleid betonte. 

"Wer bist du?", fragte ich sie kritisch, bevor sie es tun konnte. Sie schüttelte sich kaum merklich, als wolle sie sich aus ihrer Starre befreien, dann sah sie mich mit einem schüchternen Lächeln an. Mein Blut kochte, da sogar das bezaubernd aussah. Was wollte sie nur hier? Ich beobachtete sie entgeistert, als sie sich wie selbstverständlich auf die Bettkante setzte und sich umsah. 

"Mein Name ist Claire. Ich bin auf der Suche nach J.", erklärte sie. Bitte wie hatte sie ihn gerade genannt? Das konnte gerade unmöglich ihr Ernst sein. Was verdammt ging hier vor sich? Ich musste ein paar mal blinzeln, um zu mir zu kommen, aber dann funkelte ich sie böse an. Das konnte sie vergessen, ich würde hier nicht einfach rumsitzen und beobachten wie sie sonst was versuchte mit Joker zu machen. 

"Ganz offenkundig, sonst wärst du ja nicht hier in seinem Zimmer, Claire." Ich versuchte so viel Verabscheuung wie irgend möglich in meine Stimme zu legen, als ich ihren Namen aussprach. Obwohl sie mir nichts getan hatte, konnte ich sie einfach nicht leiden. Ich musste mich nicht fragen warum, denn die Antwort darauf war ganz eindeutig, was mich noch mal wütender machte. Wann bitte war ich in meinem Leben jemals eifersüchtig gewesen? Auf eine Frau die sich kleidete, als würde sie Autos in dunklen Gassen anhalten. Ich entschied mich, dass ich sie irgendwie loswerden wollte, ich hatte keine Lust mitzubekommen wie sie und Joker aufeinander trafen. "Nun leider ist Mister J heute nicht mehr zu sprechen. Er ist in einem Meeting, was voraussichtlich noch die ganze Nacht dauern wird.", sagte ich und war mir nicht einmal sicher, ob das wirklich gelogen war. Immerhin war es durchaus möglich, dass er noch die ganze Nacht in seinem Arbeitszimmer sein würde. 

What if...? [+18]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt