Nach fast sechs Stunden im Operationssaal, komme ich endlich raus.
Meine Kehle ist trocken und etwas essen muss ich auch, sonst kann ich den Rest des Tages vergessen.
An meinem Kittel ist noch Blut, also ziehe ich den zuerst aus und ziehe dann noch meine Haube aus. Auf meiner Haube befinden sich kleine Flugzeuge, meine Mom hat mir diese geschenkt und ehrlich gesagt, gefällt sie mir sehr gut. Was auch daran liegt, dass ich gerne fliege und schon seit vielen Jahren einen Pilotenschein habe und bis jetzt hatte ich fast nur Glück mit dieser Haube, denn meine Erfolgsquote liegt bei Achtundneunzig Prozent. Natürlich kommt es auch vor, dass ich Patienten verliere, doch würde ich selber das als absolute Ausnahme betiteln.
Als ich gerade Richtung Ausgang gehen will, treffe ich eine der Schwestern und gebe ihr die letzten Anweisungen:,,Wir haben einen Patienten in Bett drei, der Intensivbetreuung braucht. Falls sich irgendwas minimal ändert, Piepen sie mich bitte sofort an!"
Denn leider bedeutet es nicht, dass der Patient gerettet ist, weil er die Operation überstanden hat. In jeder Heilung steckt eine Menge Kraft, die abverlangt wird.
So wie es aussieht, muss der Agent die nächsten Tage wieder operiert werden, falls er bis dahin stabil bleibt.
Sobald ich den Op betrete, verlassen alle meine Gedanken meinen Kopf. Die Konzentration meinerseits liegt alleine auf meinem Patienten, der vor mir auf dem Tisch liegt und sein Leben, dass in meinen Händen liegt.
Doch sobald ich wieder einen klaren Gedanken fassen kann, scheint es als wird mein Kopf bombardiert und sofort kommt mir wieder die Situation im Aufzug eben in den Kopf.
Was war das bitte?
Ich habe Agent Rumlow geküsst, so richtig!
Ich bin kein Flittchen, dass sich jeden schnappt, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Wirklich nicht!
Ich will nicht leugnen, dass ich Gefühle für ihn habe, doch es war eben doch nur eine einmalige Sache.
Aber was wenn er mehr will?
Diesen Gedanken, schlage ich sofort wieder weg. Ich bin mit meiner Arbeit sehr ausgebucht, um halb fünf Morgens verlasse ich meine Wohnung und oft komme ich erst nach zehn Uhr Abends wieder nach Hause. Dort ist definitiv kein Raum für eine Beziehung jeglicher Art. Außerdem hat er auch viel zu tun, er ist schließlich Shield Agent. Vorallem aber, ist meine Mom seine Vorgesetzte!
Und sie ist ähnlich wie ich; Arbeit und Privates wird streng getrennt. Nur, dass ich das private alleine auf das Krankenhaus beziehe. Rumlow ist eine Ausnahme und es wird nicht wieder vorkommen.
Während ich so in Gedanken versunken bin, steige ich in den Aufzug ein und blicke durch die Fenster auf die Stadt vor mir.
Es ist wirklich ein atemberaubender Ausblick, doch irgendwie schon längst zu meinem Alltag geworden.
In der Cafeteria angekommen, schnappe ich mir einen Teller und beladen diesen Vorallem mit Obst, bevor ich mich an einen Tisch in der Ecke setze.
Hier ist eigentlich immer was los, da es für die Agents keine geregelten Pausen gibt, kommen sie eben wann sie Zeit haben, genauso wie die Mitarbeiter im Krankenhaus.Als ich gerade mal ein paar Minuten am Tisch sitze und auf mein Handy starre, bemerke ich, wie ein Schatten vor mir auftaucht. Genervt blicke ich hoch und erkenne Dr.Brown vor mir. Er ist ein freundlicher Mann, aber oft zu eingenommen von sich selber, dennoch bin ich dankbar ihn zu haben, denn er macht den Papierkram und kümmert sich um die Thorax Abteilung.
Augenblicklich setze ich ein freundliches Lächeln auf und bedeute ihm Platz zu nehmen.
Was könnte er wohl von mir wollen?
Bevor ich mir darüber meinen Kopf zerbrechen kann, fängt er schon an zu sprechen:,,Wie Sie wissen, kommen in zwei Tagen die neuen Assistenzärzte und Sie haben sich bereit erklärt, die Ausbildung zu leiten."
Hätte ich etwas im Mund gehabt, wäre jetzt der Zeitpunkt, an dem ich mich verschluckt hätte. Mit großen Augen und einem offenem Mund blicke ich ihn an:,,I-ich?! Nein, das kann doch nicht sein!"
Klar, ich war selber mal Assistenzärztin, aber welche auszubilden ist eine ganz andere Nummer. Die meisten von ihnen übernehmen sich, wollen alles besser wissen und Funken nur dazwischen. Grob gesagt; Ich kann meinen Job nicht ordentlich ausführen.
Doch Dr.Brown mir gegenüber nickt nur:,,Sie haben mir ihre Unterschrift gegeben, darauf kann ich doch zählen, oder?"
Ich beeile mich zu nicken, enttäuschen würde ich ihn jetzt auf keinen Fall. In Zukunft sollte ich allerdings besser aufpassen, wo ich unterschreibe. In der Hektik des Krankenhauses kann es eben passieren, dass ich mir nichts durchlese.
Der Arzt steht auf und dreht sich noch einmal zu mir um:,,Nur als kleine Erinnerung, in zwei Wochen kommen die Ärzte von der Navy und machen bei uns ihre Probearbeit.",erinnert er mich.
Ebenfalls das hätte ich total vergessen. Diese Probearbeit ist quasi Tradition. Jedes Jahr kommt ein Team von der Navy zu uns, bestehend auf einem Oberarzt wie mir und Assistenzärzten. Zwischen den Anfängern entstehen meistens Wettkämpfe, die ich überhaupt nicht leiden kann. Sobald jemand Schwerverletztes reinkommt, konzentrieren die sich nur noch auf den und nicht mehr auf die anderen Patienten.
Mit meinen Gedanken schon bei der Planung, stolpere ich in den Aufzug und bemerke erst einige Sekunden später, dass meine Mom hier drinne steht.
,,Hey!",begrüße ich sie freundlich und bemühe mich, nicht im geringsten an Rumlow zu denken.
,,Was ist los?",fragt sie direkt.
Natürlich kann ich sie nicht täuschen. Sie ist Agent, genaustens darauf trainiert jede meiner Mimiken innerhalb von Sekunden zu deuten und nebenbei ist sie meine Mom, ich schätze da mischt der Mutterinstinkt ein bisschen mit.
Bestimmt schüttel ich meinen Kopf, ich will ihr nicht davon erzählen, es würde doch nur unangenehm werden. Als sie sich jedoch vor mich stellt, ändert sich mein Vorhaben, Geheimnisse kann ich vor ihr eben doch nicht bewahren.
Also nehme ich all meinen Mut zusammen und ratter dann in einem Zug herunter:,,Ich hatte erst Sex mit Rumlow und eben hab ich ihn geküsst."
Ich zerknirsche mein Gesicht und warte gespannt auf ihre Reaktion. Es ist nicht das erste mal, dass sie sowas von mir zu hören bekommt, jedoch das erste mal mit einem Agent.
Entgegen aller meiner Erwartungen fängt sie an zu grinsen und schüttelt den Kopf.
,,Rumlow...",murmelt sie.
,,Na der darf sich beim Training heute Abend ein bisschen mehr anstrengen.",beschließt sie dann.
Wie gesagt, sie ist seine Vorgesetzte und macht eben auch den Trainingsplan. Der ist sowieso schon hart und wird jetzt offensichtlich noch einmal angezogen.
Er tut mir leid und natürlich wird er das bemerken, aber daran kann jetzt niemand mehr etwas ändern.
,,Sei nicht zu gemein.",bitte ich sie mahnend.
Sie schüttelt den Kopf:,,Ich geb mir die größte Mühe.",entgegnet sie. Sie lügt mir direkt ins Gesicht und es macht ihr gar nichts aus, zudem weiß sie, dass ich das bemerkt habe.
Anscheinend genau im richtigen Moment öffnen sich die Aufzugtüren und ich springe leichtfüßig heraus.
Nach der Pause bin ich wieder motiviert und voller Kraft, die ich jetzt in das heilen von Patienten stecken kann.
Mein Weg führt mich in die Pädiatrie. Hier liegen vorallem Kinder und Jugendliche die verletzt sind, die meisten sind Angehörige der Agents hier und werden mindestens genauso gut behandelt.
Ich persönlich behandle Kinder am liebsten, so gut wie immer freundlich und sie alle haben dieses gewisse Funkeln in den Augen, wenn ich ihnen von den Heldentaten ihrer Eltern erzähle. Alleine das macht das ganze extrem wertvoll für mich. Auch mir tun die Kinder gut und sie geben mir so oft das Gefühl, dass ich doch ein guter Mensch bin.
,,Huii, was ist denn hier los?",lache ich, als ich das Zimmer eines kleinen Mädchens betrete. Sie hat sich beim Spielen den Arm gebrochen, diesen habe ich operativ gerichtet und nun muss es heilen.
,,Mia, wie geht es dir?",frage ich sie und hake einige Punkte auf meinem Klemmbrett ab.
Sie grinst mich an und deutet auf einen Malkasten:,,Super.",antwortet sie. Eine Weile unterhalte ich mich mit ihrer Mutter, die ebenfalls wirklich freundlich ist.
Mit meiner Checkliste verlasse ich das Zimmer und setze meine Unterschrift auf das Klemmbrett. An dem Tresen gebe ich das Dokument ab und gebe einer Schwester einen Auftrag:,,Sie können Mia entlassen, sie ist soweit.",lächel ich. Besonders hier werden alle behutsam behandelt. Man muss nicht nur auf die Kinder aufpassen, sondern auch um die Eltern. Sobald die Eltern in Panik sind, läuft alles schief - die Kinder weinen, die Eltern schreien und in diesem Moment mag man selber alles hinschmeißen.Im nächsten Moment geht mein Pieper und dort steht: 8-8-8.
Das bedeutet, dass ein Täter verletzt wurde und ich ihn jetzt behandeln soll. Ich habe keine Angst vor diesen Leuten, ich könnte mich auch mit Leichtigkeit wehren, aber trotzdem werde ich von den Diensthabenden Agents immer behandelt, als wäre ich zerbrechlich.
Ich seufze einmal, bevor ich wieder in die Notaufnahme sprinte. Noch im Lauf binde ich meine Haare zu einem Dutt hoch und sobald ich in der Notaufnahme bin, gebe ich Anweisungen.
,,Ich brauche einen Kittel und Handschuhe. Wir haben einen 8-8-8"
Sofort sind alle in Alarmbereitschaft und ein Traumaraum wird freigemacht. Ich stürme hinein, mit meinem Kittel und verschaffe mir einen Überblick über die Situation.
Vier Agents stehen um ein Bett herum. Zu allem Übel auch noch Agent Rumlow, doch ich ignoriere ihn gekonnt.
,,Was ist passiert?",will ich wissen und blicke fragend in die Runde.
,,Er hat einen Streifschuss am Bein und einen Messerstich im Arm. Ausserdem wurde er ins Gesicht geschlagen.",erklärt Rumlow, wenn ich mich nicht irre ein wenig stolz. Daraufhin hebe ich zögerlich die Augenbrauen und nicke dann.
,,Hallo, ich bin Dr.Hill und werde sie jetzt behandeln.",begrüße ich ihn und stehe nun vor ihm. Er ist wirklich übel zugerichtet, doch höchstwahrscheinlich hat er es verdient.
,,Können Sie das überhaupt?",fragt er trotzig und beäugt, wie ich eine Spritze aufziehe.
Übertrieben lächelnd blicke ich ihn an und ohne meinen Blick von seinem abzuwenden, gebe ich die Spritze in seinem Arm.
,,Ich versichere Ihnen, ich kann mehr als nur spritzen.",sage ich dann und zwinker ihm zu. Es macht mir wirklich Spaß, diese Täter auf diese Art zu beunruhigen.
Anders als erwartet, platziert er seine Hand an meinem Handgelenk und raunt mir beinahe zu:,,Na, wenn das so ist, kannst du gerne weiter bei mir Doktor spielen."
Mitten in meiner Bewegung halte ich inne und blicke auf seine Hand an meinem Handgelenk, als wäre es Gift oder so.
Bevor ich was sagen kann, kommt Rumlow mir zuvor:,,Finger.Weg.",zischt er in einem sehr bestimmten Ton. Der Täter verdreht seine Augen und murmelt dann:,,Also ist die Lady vergeben?"
,,Nein, die Lady ist nicht vergeben.",antworte ich direkt und fange dann an die Wunden zu säubern. Den Streifschuss und die Wunde am Arm muss ich nähen, was gar nicht so leicht ist, wenn man von vier Agents beobachtet wird.
,,Der Patient muss sich jetzt umziehen, was für euch bedeutet, dass ihr den Raum verlasst.",weise ich sie an und deute auf die Türe.
,,Du könntest ihn aber nicht aufhalten.",widerspricht Rumlow.
Mit verdrehten Augen erlaube ich ihm hier zu bleiben und die anderen drei verlassen den Raum. Mein Patient zieht sich um, während ich an den Medikamentenschrank gehe.
Als ich mich umdrehe, steht er direkt vor mir und im nächsten Moment habe ich eine Faust im Gesicht.
Meine Nase knackt und dann spüre ich heißes Blut mein Gesicht herunter laufen.
Sobald ich wieder hochschaue, kämpfen Rumlow und er schon neben mir.
Es sieht nach einem fairen Kampf aus, also steht die Gewinnchance für Rumlow eher schlecht.
Innerhalb von einer Sekunde entscheide ich mich und verpasse dem Täter einen festen, gezielten Tritt mit dem er zu Boden geht.
Erstaunt sieht der Agent mich an und bevor irgendjemand was sagen kann, sage ich:,,Einweisen in die Psychiatrie." und gehe dann nach draußen.
Es gibt nicht viele, die von meiner Vergangenheit als Agent wissen. Auch ich bin hochtrainiert und kann professionell kämpfen.
Die einzigen Personen hier, die davon wissen, sind die Agents mit denen ich auf Mission war und alle Agents über Stufe Acht. Genau diese sind die, die ihre Klappe halten können.
Doch jetzt muss ich das irgendwann wohl oder übel erklären.

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𝑭𝒐𝒈 𝒊𝒏 𝒉𝒆𝒓 𝑯𝒆𝒂𝒓𝒕 // 𝐌𝐚𝐫𝐯𝐞𝐥
FanfictionDie junge April ist Einsatzärztin bei Shield. Bei verschiedenen Katastrophen kommt es immer wieder zu verletzten Bürgern und Shield verpflichtet sich dazu, die Betroffenen zu schützen. Obwohl April so jung ist, weiß sie mehr, als so mancher älterer...