twenty-seven

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Schließlich beginnt der dritte und somit mein letzter Tag in Quarantäne. Das einzige was mich heute beschäftigt, ist der Versuch nach draußen zu kommen, obwohl Steve und Barnes schon längst wieder über alle Berge sind.
Egal welchen Fernseher man in diesem Gebäude abschaltet, überall tauchen deren Gesichter und die Fahndungsfotos auf. Soweit wie ich das bei Nats Anruf verstehen konnte, wurde das Verhör manipuliert und erst konnte somit Barnes entkommen. Am Ende auch noch Steve, der wohl alles andere als kooperativ war. Meine Sorge gilt vorallem ihm; Irgendwo habe ich schließlich eine Verantwortung gegenüber ihm. Ich bin seine Freundin, wenn ihm etwas passiert tut es mir weh - und zu allem Überfluss liebe ich diesen Idioten auch noch.
Echt verwunderlich, wie eine simple Unterschrift Die Welt so aus dem Gleichgewicht bringen kann, denn das ist sie wirklich. Seitdem die Avengers auseinander getrieben sind, passieren viel mehr schlimme Dinge da draußen. Als ob ein Schutzschild von der Menschheit genommen wurde, unter dem jetzt ein einziges großes Chaos ausbricht.
Mittlerweile ist es schon Mittags und ich habe mich in meine Shield-Kleidung geschmissen. Nachdem ich nun ein paar medizinische Checks machen lasse, werde ich mich mit dem Rest der Avengers im Headquarter treffen.
,,Einmal Blut abnehmen.",bitte ich Amy und halte ihr meinen Arm hin. Sofort greift sie nach einer Spritze und vervollständigt die Prozedur. Nebenbei kommt sie auf genau das Thema des Tages:,,Wirst du was wegen Steve machen?"
,,Ich weiß nicht genau... es ist alles so kompliziert.",zucke ich und nehme meine Blutprobe entgegen. Genau das ist der Punkt. Gegenüber Shield habe ich eine Verantwortung und darf nicht mit Steve kooperieren. Auf der anderen Seite liebe ich ihn doch und kann das nicht einfach so ignorieren. Wie sieht das bitte aus?
,,Mal schauen, ich halte dich auf dem laufenden.",verspreche ich ihr und mache mich mit meiner Probe auf dem Weg ins Labor. Dort angekommen setze ich mein freundlichstes Lächeln auf und halte der Dame den kleinen Beutel entgegen:,,Ich brauche das Ergebnis so schnell wie möglich!"
Die nächsten Minuten sitze ich schlichtweg in dem Flur auf dem Boden und hänge meinen Gedanken nach. Gefühlt gehe ich jedes einzelne Szenario durch, welches mir in den nächsten Tagen wiederfahren könnte und das sind einige. Doch schon schneller als gedacht werde ich aus Gedanken geholt.
,,Ihre Laborwerte."
Sofort springe ich auf und überfliege den Zettel, bis zum eindeutigen Ergebnis; keine Auffälligkeiten.
,,Alles normal-",flüster ich erleichtert und will sofort los laufen, doch ganz unten auf dem Zettel bleibt mein Blick hängen, mit diesem Szenario habe ich dann doch nicht gerechnet. Ich habe das Wort noch nichtmal zu Ende gelesen, als mein Herz bereits in meine Hose rutscht. Es bleibt wortwörtlich stehen und fängt nach ewigen Sekunden mit einem riesigen Beben wieder an. Immer wieder lese ich dieses eine kleine Wort, immer und immer wieder. Doch egal wie oft ich jeden Buchstaben analysiere, kein klarer Gedanke kommt in meinem Kopf zustande.

schwanger.

Wie kann das sein? Obwohl es doch so nahe liegt, ich auf das wie keine Antwort brauche und ich keine Erklärung von Mutternatur oder irgendjemand anderem brauche, so liegt es doch so fern.
Ein Kind, ein echtes Baby wächst in mir heran. Viel zu surreal, um es zu realisieren. Ich hätte es merken müssen, schon vor Wochen, wie kann man sowas auch nicht merken? Fast automatisch erscheinen Tränen in meinen Augen. Ob es Tränen der Verzweiflung, Angst, Freude oder Überforderung sind, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass es meine gesamte Situation im einiges komplizierter macht. Ganz langsam fährt meine zittrige Hand zu meinem Bauch, wenn ich mich nicht irre, dann erkennt man sogar eine kleine Wölbung. Vielleicht spielen mir meine Gedanken aber auch nur einen Streich. Auf einmal zischen tausende Gedanken durch meinen Kopf, meine Füße bewegen sich schon bevor ich überhaupt einen Entschluss gefasst habe.
Fast automatisch tragen meine Beine mich in die Geburtshilfe, ich lasse mir einen Termin für die nächsten fünf Minuten gebe und warte in einem Zimmer auf einer Liege.
,,Verdacht auf Schwangerschaft also? Meinen Glückwunsch!",surrt Chiara, bevor sie überhaupt in mein Gesicht blickt. Als sie es schließlich doch tut, schießen ihre Augenbrauen überrascht in die Höhe:,,April?!"
Unsicher setze ich ein falsches Grinsen auf, immernoch habe ich keine Ahnung, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Es ist alles so neu und ich so unerfahren in dieser Sache.
,,Lass uns bitte keine große Sache draus machen, ich will nur Gewissheit.",murmel ich und blicke auf den Boden. Spielerisch schließt Chiara ihren Mund ab und wirft den Schlüssel weg,kindisch wie immer. Aber so muss man vermutlich sein, wenn man mit Kindern arbeitet.
,,Zurück lehnen, es wird kalt.",warnt sie mich vor und gibt dann etwas von dem kühlen Gel auf meinen Bauch. Sie bewegt das Ultraschallgerät und auf dem Bildschirm erscheint ein schwarz-weißes Bild von meinem Bauch. Um selber etwas gut zu erkennen, war ich zu lange nicht mehr in dem Baby-Business. Und jetzt stecke ich mittendrin.
Nur wenige Sekunden später atmet Chiara beinahe erleichtert auf:,,Du bist tatsächlich schwanger. Ungefähr in der 10. Woche. Deswegen hast du auch diesen kleinen Bauch." Also war das keine Einbildung, tatsächlich habe ich einen Babybauch. Verwundert blicke ich auf die kleine Wölbung in meinem Unterleib und streiche mit meinen Fingern sanft darüber.
Gerade weiß ich nicht, ob ich weinen soll, lachen oder ob ich mich am liebsten übergeben würde. Ich bin schwanger und mein Freund, der Vater des Kindes, ist auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Eigentlich freut man sich über sowas, aber ich würde es eher eine Tragödie nennen.
,,Ich...damit muss ich erstmal klar kommen.",seufze ich schließlich und ziehe mein Shirt wieder nach unten. Denn heute habe ich noch eine andere, möglicherweise sogar wichtigere Sache vor.
Eilig laufe ich aus dem Raum und steuere mein Büro an.Im Büro hole ich meine Tasche, sowie mein Handy. Ein letztes mal schaue ich bei Jule vorbei, bis ich schließlich nach draußen gehe. Tief atme ich ein, nach drei Tagen ist es das erste mal, dass ich frische Luft schnappe. Jedoch kann ich diesen Moment nur kurz genießen, denn schon bald kommt mir meine eigentliche Mission wieder in den Kopf. Eilig springe ich in mein Auto, schnell springt der Motor an und ich bin schon nach kurzer Zeit im Headquarter und werde von niemand anderem als Nat in Empfang genommen.
,,Irgendwas neues?",will ich dann von allen wissen, als wir in dem Konferenzraum ankommen. Alle blicken ein wenig geschockt auf, als ich den Raum betrete. Gerade Tony versucht Augenkontakt mit mir zu vermeiden. Plötzlich scheint auch Natasha ganz still, deswegen horche ich auf und analysiere die Bewegung und Mimik von jedem einzelnen hier im Raum.
Der Entschluss steht, irgendwas stimmt hier nicht, aber niemand will mir sagen, was genau.
,,Also gut, was ist los?",will ich knapp wissen ,,Erzählt es mir."
Die Blicke der anderen treffen sich, offenbar haben sie schon vorher eine Weile darüber diskutiert.
Schließlich seufzt Tony:,,Zeigt es ihr, sie findets sowieso raus."
,,Genau... ich finde es sowieso raus.",bestätige ich seine Aussage und verschränke meine Arme vor der Brust. Innerlich hoffe ich trotzdem, dass es nichts schlimmes ist, denn mein Kopf ist voll mit genug schlimmen Gedanken. Noch mehr passt da nicht rein, sonst platzt er im Nachhinein noch.
,,Ich war dagegen.",murmelt Nat und bevor ich darüber nachdenken kann, wird auf einem riesigen Bildschirm ein Video von einer Überwachungskamera gezeigt.
Ganz deutlich, als könnte dieser Tag nicht schlimmer werden, zeigt sich mir dort das wohl schlimmste Szenario. Etwas in mir sagt nun, dass ich besser auf Nats Empfehlung gehört hätte.
Meine Augen huschen zwischen den beiden Personen hin und her; Steve und Sharon Carter.
Nah. Zu nah, zu vertraut.
Mit einem mal wird mir übel, denn ich muss mit anschauen, wie seine Hand an ihrer Taille liegt. Wie ihre Hand durch seine Haare fährt und schließlich, wie ihre Lippen sich treffen. Doch das ist nicht alles, der Kuss wird intensiver, bis ich mich schließlich entgültig wegdrehe.
Leider merke ich auch, wie mir Tränen in die Augen schießen und mein Körper macht mir deutlich klar, dass das mit der Übelkeit alles andere als ein Scherz war.
Mit drei riesigen Schritten stürze ich zu einem Mülleimer und übergebe mich darein. Das wäre wohl das logische, das jeder bei so einer Situation machen würde.
Ohne eine weitere Erklärung stürme ich aus dem Raum. Vor dem Haupteingang lasse ich mich auf die Treppen fallen und lege meinen Kopf in meine Hände. Schlimmer hätte dieser Tag nicht werden können.
Mit einem mal spüre ich, wie die heißen Tränen sich einen Weg über meine Wangen bahnen und auch nach mehreren Minuten scheinen sie nicht mehr aufzuhören. Erst jetzt scheint mir das ganze klar zu werden, ich wurde gerade betrogen. In meiner ersten richtigen Beziehung, von dem Mann von dem ich dachte, das er was ganz besonderes wäre. Ich dachte tatsächlich, dass ich so etwas wie eine Zukunft mit Steve haben könnte, aber mit einem mal scheint das alles wie weggeblasen. Nichts ist mehr da, keine Zuversicht, nichts. Kein einziger Funke Hoffnung. Alles um mich herum scheint wie ein einziges Kartenhaus zusammen zu fallen, die ganze Beziehung erscheinen mir wie eine Lüge. Hat ihm das nichts bedeutet? Waren die letzten Monate für ihn wirklich nichts!?
Offensichtlich ist es wahr, einer liebt immer mehr. Ich war das... und fast hätte es gereicht.
Warum muss alles bloß immer so kompliziert sein?

𝑭𝒐𝒈 𝒊𝒏 𝒉𝒆𝒓 𝑯𝒆𝒂𝒓𝒕 // 𝐌𝐚𝐫𝐯𝐞𝐥 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt