37. Auffliegen nach Vorschrift

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In den nächsten zwei Wochen passierte nicht viel mehr als in den letzten Wochen. Heute war der Tag vor der geplanten Expedition und Levi war so nett und hatte uns den Nachmittag frei gegeben, um uns auf Morgen vorzubereiten. Davor mussten Hanji und wir ihn aber noch überreden. Ich weiß nicht genau, welches Argument ihn wirklich überzeugt hat oder ob es alle zusammen waren. Aber ich fand das Argument, dass wir doch dann mit Muskelkater auf die Expedition gehen würden und er uns dann mit Sicherheit aus dem Maul eines Titanen retten musste, sehr überzeugend.

So kam es, dass wir zwei faul an der Schlossmauer saßen. Während ich den Wälzer über Titanen, den ich mir an unserem vierten Tag in dieser Welt von Hanji ausgeborgt hatte, weiterlas, zu dem ich bisher nicht mehr gekommen war, döste Ruby neben mir im Gras.

Es war später Nachmittag als mir die Sonne von einer großgewachsenen Gestalt verdeckt wurde. Ich sah auf und blickte in Erwins ernstes Gesicht. Auch Ruby, der die Sonne genommen wurde, schlug die Augen auf und blinzelte zu Erwin hinauf. Dann setzte sie sich auf und fragte fröhlich: „Was gibt's?"

Erwin ließ sich nicht beirren und schaute weiter ernst auf uns herab als er meinte: „Folgt mir bitte in mein Büro." Nanu, was hatten wir denn jetzt wieder angestellt? Ich sah zu Ruby, die auch mich anschaute, ehe wir uns stramm aufstellten und salutierend „Jawohl, Sir" riefen. Über das Gesicht des Blonden huschte kurz ein Lächeln und er meinte daraufhin: „Ihr braucht mich nicht „Sir" zu nennen." Verschmilzt grinsend sah ich zu Ruby. Sie sah mich mit demselben Lächeln an und unisono riefen wir aus: „Jawohl, Ma'am." *

Alle Soldaten, die in der Nähe waren, sahen irritiert zu unserer Dreiergruppe, während wir zwei einen Lachanfall hatten. Die mussten uns alle für verrückt und lebensmüde halten, dass wir uns trauten, so mit dem Kommandanten der Aufklärungslegion zu sprechen.

Erwin hingegen schien es nicht zu stören, sondern verbreiterte sogar sein Lächeln. Doch er wurde schnell wieder ernst und befahl nun: „Also gut, genug herumgealbert. Kommt."  Er klang dabei eher als würde er mit seinen zwei 5-jährigen Töchtern reden, als mit zwei seiner Untergebenen. Naja, manchmal führten wir uns aber auch echt auf wie Kleinkinder.

Und damit drehte er sich um und führte uns zu seinem Büro, das wir vermutlich nicht ohne Hilfe gefunden hätten. Selbst wenn wir schon über ein Monat hier waren, manche Räume fand ich noch immer nicht. Zum Beispiel die Abstellkammer mit den Putzutensilien. Die wollte ich mir partout nicht merken.

Als wir schließlich vor Erwins Schreibtisch saßen, erklärte er uns auch, wieso wir hier waren. Mit gefalteten Händen erklärte er uns: „So wie es ausschaut, seid ihr zwei aufgeflogen." Er redete nicht weiter. Jetzt war ich verwirrt. Wie aufgeflogen. Wir waren doch keine Verräter und er wusste, doch dass wir aus einer anderen Welt kamen ... Oh.

Ruby stieß ungläubig aus: „How?" Unser Gegenüber zog eine Augenbraue in die Höhe, da er nicht den blassesten Schimmer hatte, was Ruby eben gesagt hatte. Deswegen übersetzte ich schlicht: „Wie?"

Sogleich kam die Antwort: „Ein Rekrut kam zu mir und berichtete, dass ihr euch komisch verhalten würdet. Ab und zu würdet ihr in einer anderen Sprache reden, von der ihr behauptet habt, dass ihr sie erfunden hättet. Und ihm sind auch ein paar andere Sachen aufgefallen, die nicht ins Bild gepasst haben."

Wieso nur hörte sich das nach einem gewissen hundeblickigen, blonden Schlaumeier an, der älter war als er aussah. Um meine Vermutung zu bestätigen, hakte ich misstrauisch nach: „Welcher Rekrut kam zu dir?" Erwin atmete einmal tief durch und setzte an, um zu sprechen, wurde aber von Ruby daran gehindert: „Das fragst du noch? There is only ONE blond idiot, I know. And you are his female sibling."

Bevor ich etwas dazu sagen konnte, meinte Erwin höflich wie immer: „Es wäre sehr freundlich, wenn wir in unserer allgemeinverständlichen Sprache bleiben könnten." Von Ruby kam: „Ups, sorry. Ich merke oft gar nicht, dass ich die Sprache wechsle, you know? Hoppla, ich meine, weißt du?"

Auf mein Gesicht schlich sich ein amüsiertes Grinsen. Wenn Ruby so weiter machte, dann konnte Erwin bald so gut Englisch wie sie. Auch der Kommandant begann wieder leicht zu Lächeln und beugte sich etwas zu uns herüber als würde er uns gleich sein größtes Geheimnis anvertrauen wollen. Vielleicht schlief er ja in Boxershorts mit Entchen drauf?

Er fragte leicht belustigt: „Darf ich erfahren, was „sorry" heißt?" Ruby entgleisten kurz die Gesichtszüge, ehe sie mit einem verlegenen Lächeln meinte: „Äh, tut mir leid. Das heißt „Entschuldigung"." Von dem Blonden kam nur ein geschmunzeltes „Aha".

Doch Erwin kam schnell wieder zur eigentlichen Situation zurück und erklärte ernst: „Bei dem Rekruten, um den es geht, handelt es sich um Armin Arlert. Ihr kennt ihn doch, oder?" Ha, ich hatte also recht! War aber auch zu offensichtlich. Ruby antwortete Erwin: „Natürlich kennen wir ihn. Er ist einer der wichtigsten Nebencharakter in dieser Geschichte." Ich fügte noch hinzu: „Außerdem trainieren wir jetzt schon ein Monat mit ihm."

Erwin nickte als Zeichen, dass er es zur Kenntnis genommen hatte und erklärte weiter: „Soweit ich weiß, ist er sehr gut mit Eren und dem Mädchen Mikasa Ackerman befreundet. Ich vermute, dass er seine Zweifel euch gegenüber mit ihnen geteilt hat." Ich nickte verstehend und meinte: „Das ist sehr wahrscheinlich."

„Ich fürchte fast, dass wir die drei in euer Geheimnis einweihen müssen", setzte er fort. Ich wusste nicht ganz, was ich davon halten sollte. Um Rubys Meinung einzuholen, schaute ich zu ihr. Sie schaute mir in die Augen und zuckte mit den Schultern. Nun sah ich wieder zu Erwin und zuckte ebenfalls mit den Schultern. Ich hatte dazu nichts zu sagen.

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*Navy CIS (vllt. Staffel 3)

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt