47. Krankenstand im Michelin-Stil

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Es dauerte noch eine Stunde, ehe sich unsere Kameraden mit Unterstützung der Mauergarnison und der Militärpolizei aufmachten, um Reiner und Berthold zu folgen. Ich wusste zwar irgendwo in meinem vollgestopften Gehirn, dass die zwei anderen Fraktionen des Militärs mitreiten würden, doch es hat mich trotzdem überrascht, dass sie ihre Hilfe anboten.

Wir sahen ihnen zu, wie sie langsam am Horizont verschwanden. Es waren neben Levi, Hanji, Ruby und mir nur etwa zehn andere zurückgeblieben, die sich fleißig daranmachten, die restliche Ausrüstung von der Mauer zu schaffen, was nicht sonderlich viel war.

Da Ruby und ich nicht helfen konnten, beförderte uns Hanji mit Levi in einen Aufzug und wir wurden auf die andere Seite der Mauer abgeseilt. Unten kämpften wir uns auf unsere Pferde und warteten nur noch auf unsere Kameraden mit der Ausrüstung. Es dauerte keine zehn Minuten und unser kleiner Tross machte sich auf den Weg zurück zum Hauptquartier.

Dort angekommen, quälten Ruby und ich uns wieder von unseren Pferden, doch keiner schien es für nötig zu halten, uns zu helfen. Wobei es Ruby da ja noch leichter hatte, immerhin konnte sie ihre Beine problemlos belasten, während ich eben nur eines verwenden konnte. Es endete darin, dass ich fast wieder am Boden landete, doch ich schaffte es gerade so noch das Gleichgewicht zu finden. Ich brauchte dringend eine Gehhilfe.

Zu meiner Erleichterung musste ich Kara nicht auch noch absatteln. Das übernahm jemand anderes. So ein Glück, das hätte nicht gut geendet. Als Kara weg war, wurde ich von der Seite angesprochen: „Dann wollen wir euch mal auf die Krankenstation bringen." Ich drehte meinen Kopf und blickte in das grinsende Gesicht von Hanji.

Seufzend legte ich einen Arm um Hanji und sie legte mir einen um die Taille. So hüpften wir mit Ruby, die nach wie vor ihren Arm hielt, in das Gebäude und zur Krankenstation, die sich Gott sei Dank im Erdgeschoss befand. Das wäre lustig geworden, wenn ich Stufen auch noch hinaufmüsste. In meinem Kopf poppte da ein Bild auf wie Hanji und ich als komischer Körperhaufen am Fuß der Treppe lagen.

In dem Raum, in den wir geführt wurden, standen auf der einen Seite ein Bett an das andere gereiht, während auf der anderen eine gigantische Kredenz stand. Kaum eingetreten wurde ich von der Wissenschaftlerin auf das erstbeste Bett verfrachtet. Ruby setzte sich auf das Bett neben meinem.

Hanji verschwand kurz aus meinem Sichtfeld und ich stellte verwundert fest, dass wir die einzigen hier waren. Ich wusste nicht so recht, ob ich das jetzt gut oder eher traurig finden sollte.

Doch Hanji kam schnell wieder mit einem Döschen und Unmengen an Verband. Sie hockte sich vor mich und deutete auf mein linkes Bein: „Das hier tut dir weh, oder?" Ich nickte und meinte: „Der Knochen stand ziemlich ab. Christa hat ihn wieder gerichtet und geschient." Bei der Erinnerung verzog ich das Gesicht.

Hanji nickte überlegend, machte die provisorische Schiene ab und krempelte meine Hose nach oben, was mich zischend die Luft einziehen ließ. Sie klatschte mir die Salbe aus dem Döschen auf den Bruch und wickelte es dann bis zum Exzess mit Bandagen ein.

Als sie zufrieden ihre Arbeit betrachtete, meinte ich: „Sieht aus wie das Michelin-Männchen." Ruby begann zu Lachen, was jedoch schnell von schmerzhaften Aua's abgelöst wurde. Hanji schaute mich fragend an: „Wie was?" Ich kicherte und erklärte: „Es gibt ... sagen wir einen Verbund bei uns, der hat als Maskottchen, ein Männchen, das aussieht als hätte man ihm zu viele Jacken angezogen und der Verband hat mich daran erinnert."

Verstehend nickte sie und meinte, während sie sich schon zu Ruby umdrehte und ihr half die Bluse auszuziehen: „Du wirst erstmal einige Zeit das Bett hüten müssen, bevor ich dich wieder herumlaufen lasse."

Ich fragte Hanji: „Muss ich das hier tun oder darf ich in mein Zimmer, um das Bett zu hüten?" Die Wissenschaftlerin runzelte kurz die Stirn und erklärte, während sie auch Rubys Arm in ein Michelin-Männchen verwandelte: „Mir wäre lieber, wenn du hierbleibst."

Stöhnend ließ ich mich nach hinten fallen und erwiderte: „Na gut, aber nur wenn du mir ein Bücherregal zur Verfügung stellst. Sonst geh ich dir vor Langeweile ein wie ein Laubbaum in der Wüste."

Ich hob erwartend meinen Kopf und sah zu Hanji, die mit in die Hüfte gestemmten Händen zurückgab: „Übertreib mal nicht. Ruby wird auch hierbleiben." Von Ruby kam ein leicht entsetztes „Was?!" und ich konnte es mir nicht verkneifen unsere Hauptschullehrerin nachzuahmen: „Das heißt „Wie bitte"." Ich bekam nur einen genervten Blick. Wirklich?

Hanji wollte Ruby eben erklären, warum es besser war, dass sie auf der Krankenstation blieb, da wurde die Tür geöffnet. Ich setzte mich auf und sah durch ebenjene Levi mit zwei Stapeln Kleidung in den Händen kommen, die er uns emotionslos auf die Betten schmiss. Misstrauisch schauten Ruby und ich uns an und dann auf die Kleidung.

Ich hob meinen Kopf zu Levi und fragte: „Kannst du jetzt auch schon Gedanken lesen?" Levi drehte sich mit einem „Tz" zum Fenster, an dessen Fensterbrett er sich mit verschränkten Armen lehnte, während Hanji uns kichernd aufklärte: „Ich habe ihn gebeten,euch ein paar Sachen zu bringen."

Meine Augenbrauen wanderten zusammen. Seit wann war Levi so nett? Also, ich wusste, dass er es sein konnte. Ab und zu. Aber auf so eine Arbeit würde er sich doch nicht einlassen, oder?

Hanji schnappte sich Levi und rief noch, während sie ihn nach draußen zog: „Wir schauen später nochmal vorbei", und knallte die Tür hinter sich zu.

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