61. Verkuppeln leicht gemacht

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Neben mir ertönte ein zweistimmiges Quietschen, dass mich an das Geräusch erinnerte, wenn jemand im Film mit den Nägeln über eine Tafel kratzte. Wieso habe ich eigentlich etwas gesagt? Ich schaute auf die zwei Quietschenden, wobei Hanji schon halb am Tisch lag und Ruby mich schüttelte als wäre ich eine Piñata, deren Inhalt sie unbedingt haben wollte. Ich sollte ein Schweigegelübde ablegen und mir sicherheitshalber noch den Mund zunähen lassen.

Unter dem Schütteln verschwamm meine Sicht, doch ich meinte an dem Eingangstor, auf das wir von unserer Position aus wunderbar sahen, einen verdächtigen Blondschopf zu sehen. Meine Vermutung bestätigte sich als Hanji sich wieder auf ihre Tischseite warf und wie ein Habicht seine Beute das Tor fixierte und „Armin!" rief.

Abrupt stoppte Ruby in ihrem Tun und sah ebenfalls zu Armin. Oh, nein. Nein, nein, nein, nein, nein. Wie eine Furie sprang sie auf und machte sich schon daran auf Armin zu zurennen. Mit einem „NEIN!" sprang auch ich auf und hechtete meiner Freundin hinterher. Ich packte sie am Arm, um sie aufzuhalten. Doch allem Anschein war sie in Beziehungstätigkeiten sehr passioniert, denn ohne zu stoppen oder mich auch nur im Geringsten zu beachten, steuerte sie weiter auf den blonden 18-Jährigen zu. Bis jetzt hatte er uns zu meinem Glück noch nicht bemerkt. Was wirklich verwunderlich war, wenn ich die Tatsache in Betracht zog, dass uns alle Umstehenden mal wieder anschauten als wären wir verrückt.

Zehn Meter von Armin entfernt rief sie ihm in einem Singsang zu: „Armin! Armin! Tonia mag dich!" Ich versuchte meine Hacken noch mehr in den Boden zu rammen, doch ich wurde einfach weitergezogen und ignoriert.

Der Angesprochene drehte sich um und fragte total verwirrt und verunsichert: „Meinst du mich?" Zu Ruby, die schon in Bereitschaft war, etwas zu antworten, zischte ich sauer durch zusammengebissenen Zähnen: „Halt die Fresse!" Aber entgegen aller Hoffnungen, die ich nie wirklich hatte, erklärte sie und betonte jedes Wort noch dazu: „Yeah, I mean you! You blonde, gorgeous, cute boy!" Mein einziger Lichtschimmer war, dass Armin nicht verstand, was Ruby da von sich gab.

Aber wie es nun mal so war in einer Welt, die mich wohl abgrundtief zu hassen schien oder es einfach nur lustig fand, mich leiden zu lassen, wiederholte Ruby: „Ja, ich meine dich!" Jammernd kam noch ein „Wieso?!" von mir, ehe Ruby einfach weiterredete: „Du magst sie doch auch, oder? Komm schon, komm schon, ihr seid das perfekte Team. Ich seh doch wie du sie ansiehst."

Mittlerweile hatte Armin einen Gesichtsausdruck der zwischen Oh Gott, bloß nicht! und Was zum Teufel ist hier los? hin- und hersprang. Ich starrte sie auch nur noch mit einem leicht verstörten Blick an. Ruby, bitte! Please! Please, just shut up!

Da keiner etwas sagte, ergriff meine Freundin einfach die Initiative und haute Armin und mir jeweils einen Arm über die Schulter und zog uns zueinander. Armor sah uns an und fragte: „Na? Wie wär's. Ein Date ihr zwei Süßen?" Von Armin kam ein besonders kreatives „Äh" als Reaktion auf diese Peinlichkeit, während ich mir die Hand auf die Stirn deppern wollte. Die Betonung liegt dabei auf wollte.

Stattdessen gab ich Armin aufgrund der Nähe einen Kinnhaken und Ruby verpasste ich unabsichtlich eine Ohrfeige. Dazu musste ich sagen, die Ohrfeige war wirklich nicht beabsichtigt, aber ich war doch sehr zufrieden, dass sie eine abbekam.

Vor Schreck schlug ich mir die Hände schließlich vor den Mund. Ruby ging zur Sicherheit auf Abstand, während ich eine Hand nach Armin ausstreckte und meinte: „Oh Gott, es tut mir so leid. Geht's dir gut?"

Zu meiner Überraschung begann Armin leicht zu lächeln und meinte: „Alles in Ordnung." Mir entkam nur ein Gestottere in Form von: „Äh ... äh ... äääääh" Und schon fanden sich Rubys Arme wieder auf unseren Schultern ein. Sie zog uns von dem Trainingsplatz Richtung Wald und schubste uns praktisch hinein mit den Worten: „You two go on a date. And you will love each other."

Armin, der nur Bahnhof verstand – Korrektur: der nur Pferd verstand – sah verdattert zu meiner Freundin, die breitgrinsend vor uns stand und nicht so aussah als würde sie es akzeptieren, wenn ich mich jetzt in unserem Zimmer verbarrikadierte. Mit einem wütenden Blick sah ich meine beste Freundin an, drehte mich auf dem Absatz zu dem Waldweg um und zog Armin einfach am Arm mit.

Ruby würde ich dafür noch die Leviten lesen. ... Leviten ... Ha! Besser gesagt die Levi-ten. Ich glaube, ich hatte sie nicht mehr alle. Ach, wen interessiert's Armin wird mich auch überleben. Er ist ein kluger Junge und kann mich notfalls ja noch immer K.O. schlagen, was ich ihm nicht einmal übelnehmen würde.

Irgendwann, nachdem wir einige Zeit schweigend nebeneinander her geschlendert waren, meinte ich mit Blick auf meine Füße: „Das vorhin tut mir echt leid. Ruby hat manchmal einfach wirklich kein Feingefühl."
Von Armin kam verständnisvoll zurück: „Schon gut. Ich bin mir sicher, sie wollte nur das Beste für dich." Ja, vielleicht. Oder sie wollte einfach nur Unterhaltung, weil der Nachmittag so langweilig war.

Ich sah leicht lächelnd zu meinem Gesprächspartner und erwiderte: „Ja, bestimmt ist es so. Aber manchmal treibt sie mich mit ihren Unternehmungen in den Wahnsinn."

Ich atmete einmal die frische Waldluft ein und fügte noch an: „Außerdem versucht sie andauernd mich zu verkuppeln, sobald sie erfährt, dass ich einen Jungen auch nur ansatzweise mag." Vielleicht war das gerade etwas zu viel, aber ich glaube, er hatte verdient zu erfahren, warum er gerade das Opfer meiner verrückten Freundin wurde.

Verlegen wickelte ich mir eine Strähne um den Finger und versuchte überall hinzusehen nur nicht zu dem Blonden neben mir. Bei seinen nächsten Worten blieb mir allerdings nichts anderes übrig als ihn überrascht anzusehen.

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