78. Testlauf: So weit, so gut.

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Hanji klärte uns schließlich auf: „Erwin hat mir einen Brief zukommen lassen, in dem stand, dass die Militärpolizei sich einmal einen der Tests anschauen wollen würde, die ich mit Eren mache." Verstehend nickten wir.

Unsere Aufmerksamkeit richtete sich allerding gleich darauf auf Levi, der abfällig schnaubte. Er schaute nach wie vor in Richtung Stall. Ich folgte seinen Blick und entdeckte die restlichen fünf Militärpolizisten, die nun auf uns zu kamen. Na toll, noch mehr unterbelichtete Neandertaler. Unsere Teamkameraden im Hintergrund betrachteten unsere Besucher misstrauisch.

Einer der Ankömmlinge trat vor und salutierte: „Hauptgefreiter Levi, wir wurden angewiesen bei den Vorbereitungen für die Experimente zu helfen." Der Angesprochene zog eine Augenbraue hoch und meinte in seiner üblichen Tonlage: „Abteilungsleiterin Hanji wird euch die Aufgaben zuteilen." Damit ging er davon und sein gesamtes Team, inklusive Ruby und mir, folgte wie ein Rudel Hunde. Oder wie eine Herde Elefanten der Leitkuh, aber ich glaube, der Vergleich passt nicht so ganz.

Ich schielte noch einmal zu Hanji und den Militärpolizisten. Als ich meinen Blick wieder nach vorne richtete, murmelte ich: „Ich hätte sie so gerne mit einer Flasche geprügelt." Neben mir begann Ruby zu grinsen und erwiderte: „Du brauchst sie gar nicht mit einer Flasche zu prügeln. Dort rennen genug Flaschen herum." „Der war gut", begann ich zu lachen.

Levi führte uns zu dem Ausrüstungslager und jeder legte sich das 3DMG an. Danach stapften wir in den Wald, wo ich und Ruby uns mehrfach in irgendwelchen Sträuchern verhedderten und fast am Boden landeten. Dazu kam noch, dass Levi sich wohl dazu entschieden hatte, genau den Weg in den Wald zu nehmen, an dem das höchste Gras wuchs, weshalb wir nicht sonderlich gut sahen, wo wir drauftraten. Das barg natürlich weitere Stolperfallen.

Irgendwann wurde es Levi zu blöd und ab diesem Zeitpunkt ging immer einer unserer Teamkameraden neben uns, um uns aufzufangen. Schon irgendwie traurig, dass wir im Alter von sechzehn Jahren noch oder schon Unterstützung beim Gehen benötigten. Aber wie jeder inzwischen wissen sollte, waren wir nun mal zwei unfähige Tollpatsche und dementsprechend nur vermindert dazu fähig, ein Leben zu führen, in dem wir uns nicht ständig selbst weh taten.

Am Ende traten wir mit einigen Kratzern mehr und einem umgeknickten Fuß auf eine Lichtung, auf der das Gras wieder in einer normalen Höhe wuchs. Oder wie Levi es ausdrücken würde: nicht übertrieben scheiß riesig war.

Levi wies jedem einen Platz auf den umliegend Bäumen zu und meinte, sie wüssten, was ihre Aufgabe sei. Er ließ sich dazwischen etwas Zeit, uns auch einen Baum zu geben und ich hätte schon fast gedacht, dass er uns jetzt hier stehen lassen würde, so nach dem Motto: „Ihr bleibt genau hier stehe und spielt Köder für Eren, wenn er außer Kontrolle gerät. Während ihr zertrampelt werdet, können wir ihn dann ganz entspannt aus dem Titanen holen."

Glücklicherweise tat er das nicht, sondern deutete auf einen Baum, der unser neuer Stehplatz war. Er blieb noch am Boden bei Eren, bis Hanji mit ihrem Team und den Militärpolizisten, worunter sich auch deren Kommandant befand, eintraf. Hanjis Team sowie unser Besuch platzierten sich ebenfalls auf den Bäumen, während Hanji und Levi noch kurz etwas mit Eren besprachen. Danach kamen sie zu uns auf den Baum.

Das Erste, das wir zu hören bekamen, war: „Ihr werdet eure Ärsche nicht von diesem Baum bewegen. Ist das klar?" Wir sahen zu Levi und während ich meinte: „Glasklar", salutierte Ruby wie in unserer Welt und rief aus: „Ay, Ay, Captain." Besagter Captain ließ sich keine Reaktion anmerken.

Ruby und ich setzten uns auf den dicken Ast und meine Freundin murmelte: „Wo ist das Popcorn, wenn man eines braucht?" Sie hatte recht. Das war wie im Kino mit Dolby Surround Sound auf einer XXXL Leinwand.

Hanji winkte Eren kurz nach ihrer Landung bei uns auch schon zu und schrie: „Alles klar, wir können loslegen!" Eren streckte den Daumen in die Höhe und biss sich in die Hand. Oh, jetzt wird's spannend. Das war das erste Mal, dass wir an einem dieser ominösen Experimente teilnahmen. Bisher hatten wir da nämlich immer frei oder Levi verdonnerte uns zu Training.

Eren wurde von einem grellen Licht eingehüllt und sein Titan wuchs. Als das Licht verschwunden war, stand der muskulöse, braunhaarige Titan auf der Lichtung und wir befanden uns etwa auf Augenhöhe. Im Anime sah er irgendwie kleiner aus.

Der Titan hob eine Hand und streckte den Daumen nach oben. Das Bild war so grotesk, dass ich nicht wusste, ob ich jetzt lachen sollte oder schreiend davonrennen. Ich war irgendwie im Zwiespalt.

Als Eren die Hand allerdings wieder senkte, war das auch wieder vorbei. Hanji rief ihm zu: „Fangen wir einfach an, Eren. Beweg dich ein bisschen. Lauf im Kreis. Mach einfach irgendwas." Bei der Aussage: „Mach einfach irgendwas" kam mir sofort der Gedanke: Ja, vielleicht uns fressen. Wir sahen bestimmt köstlich aus. Aufklärer am Spieß wäre sicher eine heißbegehrte Delikatesse unter Titanen. Zum Glück konnte er meine Gedanken nicht hören, sonst wäre er gekränkt oder er würde ihnen folgen.

Wir sahen Eren zu wie er begann kreuz und quer über die Lichtung zu wandern und dann überging in einen Laufschritt, bei dem die Erde bebte als wäre sie ein Lautsprecher, aus dem gerade ein Bass tönte. Als Hanji ihm schließlich zurief: „Wunderbar. Komm bitte einmal aus deinem Titanen heraus und dann probieren wir das Ganze noch einmal."

Eren blieb wieder in der Mitte der Lichtung stehen, doch löste er sich nicht aus dem Titanen. Er fixierte unseren Baum und ich hatte das Gefühl, dass er seine Augen genau auf mich und Ruby richtete. Mir gefiel das gar nicht. Seine Augen wirkten so trüb, so verschleiert. Als hätte jemand den Vorhang zugezogen.

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt